Speyer Romantisch, ohne jeden Hauch von Kitsch

Ein sowohl von der Ausdehnung als auch von der Besetzung her groß angelegtes Werk gab es am Sonntag in der Speyerer Gedächtniskirche zu hören: das Oratorium „Les Béatitudes“ von César Franck. Unter der Leitung von Landeskirchenmusikdirektor Jochen Steuerwald bereiteten die Pfälzische Singgemeinde, ein Solistenensemble und die Cappella Istropolitana Bratislava eine überwältigende Aufführung.

Gerade einmal neun Verse umfassen die biblischen Seligpreisungen als Teil der Bergpredigt im Matthäus-Evangelium. Daraus hätte man vielleicht eine halbstündige Kantate komponieren können. Franck wollte mehr. Er schuf ein Oratorium von zweieinviertel Stunden Dauer mit einem verschwenderischen Aufgebot an Mitteln. Die Klangsprache ist spätromantisch üppig, nicht selten schwelgerisch. Die rezititativisch vertonten Worte Christi sind, wie auch die himmlischen Chöre, hymnisch. Daneben gibt es impressionistisch anmutende Klangmalereien und opernhaft dramatische Passagen. „Les Béatitudes“ stellen nicht nur wegen der Länge an alle Ausführenden große Herausforderungen. Doch die Aufführung geriet exzellent. Steuerwald koordinierte sicher die Abläufe auf dem Podium, sorgte für die rechte Balance zwischen Chor, Solisten und Orchester. Die Pfälzische Singgemeinde zeigte sich bester Form, sang stets sicher und rein, in den zärteren wie den kraftvollen Passagen, und bewies auch das nötige Durchhaltevermögen. Auch das Verhältnis zwischen den Stimmgruppen passte, und die etwas unterrepräsentierten Männer kamen klar und unangestrengt herüber. Steuerwald sorgte für eine spannende, suggestive Wiedergabe, ließ ein romantisches, geradezu seraphisch getöntes Klangbild ohne auch nur einen Hauch von Kitsch entstehen. Durchweg großartig war auch das Solistenensemble: harmonisch zusammensingend und flexibel in der Tongebung die drei Frauen mit der klar phrasierenden Vera Steuerwald (Sopran), der mit warmen Mezzo aufwartenden Heike Keller und der feinsinnig artikulierenden Altistin Angela Lösch. Mit hellem lyrischem Tenor sang Jörg Dürmüller. Elegant agierten Daniel Schreiber ( zweiter Tenor) und Manfred Bittner (Bass). Der Bariton Georg Gädker sang die Christusworte von der Kanzel aus mit der angemessenen Mischung aus Sanftheit und Nachdruck. Ein Kapitel für sich in diesem exzellenten Ensemble war der Bass Alexander Vassiliev, der die Partie des Satans mit machtvoller, dunkel getönter Stimme und mit geradezu opernhaft dramatischer Eindringlichkeit verkörperte. Wunderbar war schließlich auch das ebenso klangschön wie prägnant aufspielende Orchester aus der Slowakei.

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