Speyer Rechte Szene hofft auf „Kandel-Effekt“

Für morgen, Sonntag, sind in Kandel wieder zwei Demonstrationen geplant. Hintergrund ist die Tötung der 15-jährigen Schülerin durch ihren Ex-Freund, einen afghanischen Flüchtling. Aber die wirklichen Beweggründe der Organisatoren liegen offenkundig ganz woanders.

Bei der Kundgebung von „Gegen Rassismus in der Südpfalz“ – hier ist auch die Antifa Mannheim involviert – liegen die Dinge einfach: Sie ist die Reaktion auf eine zuvor angekündigte Demonstration eines „Frauenbündnisses Kandel“. Während die Anmelder vom „Frauenbündnis“ 150 bis 200 Teilnehmer erwarten, rechnen die Organisatoren der Gegenkundgebung mit nur 60 bis 90 Demonstranten. Diesen Veranstaltungen gingen ein abendlicher „Schweigemarsch“ am 2. Januar und eine samstägliche NPD-Veranstaltung voraus. Während die NPD-Kundgebung mit einem Dutzend Teilnehmern bedeutungslos blieb, nahmen am „Schweigemarsch“ laut Polizei rund 400 Menschen teil. Unter ihnen befanden sich neben arglosen Kandelern auch offenkundig Angehörige der rechtsextremen Szene; vor allem die organisierte Karlsruher Szene war deutlich vertreten. Etliche Gespräche, die während dieses „Schweigemarsches“ geführt wurden, drehten sich um rechtsextreme Polit-Strategien, um die angebliche Mitschuld der Familie des Opfers oder um die Frage, wie die Diskussion um die Pläne für eine Ditib-Moschee in Karlsruhe optimal für die eigenen Zwecke genutzt werden könne. Bindeglied zwischen diesem „Schweigemarsch“ und der für morgen geplanten „Frauenbündnis“-Demo ist ein Marco Kurz aus Mannheim. Die Demo am 2. Januar hatte er angemeldet, morgen ist er als Veranstaltungsleiter benannt. Im Netz tauchte Kurz zuerst als Gründer der Initiative „Der Marsch 2017“ auf. Das Facebook-Projekt wollte eine Bürgerbewegung sein, mit dem Ziel, einen Marsch von 500.000 Bürgern nach Berlin zu organisieren, um die Bundesregierung zum Rücktritt zu veranlassen. Danach sollte eine nicht von Kurz organisierte „Verfassungsgebende Versammlung“ die Macht übernehmen. Wie die Reichsbürger hält Kurz die Bundesrepublik Deutschland offenbar für ein nicht legitimiertes Konstrukt der Besatzungsmächte. Regieren will diese „Verfassunggebende Versammlung“ mit einem Wust von „Sofortmaßnahmen“. Einige Beispiele seien zitiert: „Schließung der Jugendämter und Beurlaubung der Mitarbeiter, Überprüfung der Sachlagen, Rückführung der Kinder in die Familien, Hausarreste für alle beteiligte Mitarbeiter. Temporäre Schließung aller Universitäten, Schulen, Kindertagesstätten (...)“. Die „Verfassungsgebende Versammlung“ will auch Parteien verbieten und ihre Spitzen verhaften, Medien enteignen und Chefredakteure verhaften, Banken schließen und ihre Vorstände und Aufsichtsräte verhaften, die Grenzen schließen und nur noch geprüfte Lebensmittel durchlassen, sogenannte „Chem-Trails“ verbieten... Der „Marsch 2017“ kam nicht zustande, der Versuch, Ortsgruppen – unter anderem in Karlsruhe – zu gründen, versandete kläglich. Erst nach der Tötung der jungen Kandelerin tauchte Kurz wieder auf, wohl in der Hoffnung auf einen in Teilen der rechten Szene erwarteten „Kandel-Effekt“, dank dessen sich in Westdeutschland eine Protestkultur ähnlich der in den neuen Bundesländern etablieren soll. So wie schon AfD-Politiker – zum Beispiel Kreisfraktionsvorsitzender Franz Siarsky – eskaliert Kurz die Auseinandersetzung und zielt auch auf Einzelpersonen wie den Kandeler Verbandsbürgermeister Volker Poß (SPD). Unter dessen Foto schreibt Kurz: „Uns ist bekannt, dass in Kandel Verkupplungstreffen eingerichtet wurden und dort über das wahre Alter der ,jungen Männer’ trotz besseren Wissens, hinweggesehen wurde.“ Wer was gemacht haben soll, weiß außer den Beteiligten derzeit niemand. Allerdings hat Poß wegen Drohungen gegen sich und seine Familie sowie gegen eine Verbandsgemeinde-Mitarbeiterin Anzeige erstattet.

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