Speyer „Ohne Sport wäre es ziemlich blöd“

Altrip. Ein Motorboot rast über den Kief’schen Weiher bei Altrip. Mit dabei: Ein kleiner Junge, der versucht, sich auf einem Wasserski aufzurichten. Nach anfänglichen kleineren Problemen hat er schnell den Bogen raus und bleibt sogar in den Kurven auf dem Skier stehen. Eine von vielen Situationen, wie man sie im Sommer auf den Badeseen in der Umgebung beobachten kann. Und dennoch ist sie besonders: Denn Anton Gärtner, der Junge auf den Skiern, fährt auf nur einem Bein, das andere wurde ihm nach einer Tumorerkrankung zum Teil amputiert. Er ist einer von drei mutigen Teilnehmern, die sich an diesem Samstag trotz schlechten Wetters der Herausforderung stellen, Wasserskifahren für Menschen mit Amputationen auszuprobieren. Das Sportereignis wird durch „Sport für Amputierte“ organisiert, ein Projekt des Vereins Anpfiff ins Leben, das Menschen mit Amputationen und Fehlbildungen durch Sport zurück in das aktive Leben holen will. „Das macht richtig viel Spaß und ich kann mir vorstellen, das nochmal zu machen. Das ist wie Ski fahren mit ganz vielen Wasserspritzern“, erzählt der Neunjährige begeistert. Sport ist ihm sehr wichtig: „Wenn ich keinen Sport mehr treiben dürfte, wäre das ziemlich blöd. Dann würde ich mich nicht mehr wohlfühlen.“ Seine Mutter, Andrea Gärtner, bestätigt: „Anton war total glücklich nach dem Wasserskifahren. Und er macht auch sonst viel Sport, er paddelt, ist in einer Segel-AG und klettert mit Anpfiff fürs Leben.“ Denn Anpfiff fürs Leben bietet nicht nur außergewöhnliche Sport-Events wie Wasserski oder Kanufahren und Klettern an, sondern auch Kurse für Sitzvolleyball, Amputierten-Fußball, Nordic Walking oder Fitness. „Es gibt deutschlandweit leider so gut wie keine Sport-Angebote für Menschen mit Amputationen“, erklärt die Projektleiterin Diana Schütz, „ich habe im Juli 2013 mit dem Projekt Sport für Amputierte angefangen, da ich selbst betroffen bin und gemerkt habe, wie einfach es geht Neues auszuprobieren, wenn man das in einer Gemeinschaft mit anderen tut. Man sieht, dass andere auch betroffen sind.“ Auch Sabrina Heinrich*, die nach einem Autounfall vor drei Jahren ihr Bein verlor und jetzt mit Prothese durchs Leben geht, will auf Sport in ihrem Leben nicht verzichten: „Das ist mir ganz wichtig, dass ich auch nach meinem Unfall weiter Sport treibe, ohne Sport geht nichts! Am Anfang funktionierte das nicht so schnell, aber da muss man einfach dranbleiben, dann merkt man, es geht eine ganze Menge.“ Und seit heute weiß sie, dass es auch mit dem Wasserskifahren geht: „Ich bin vor dem Unfall schon Wasserski gefahren. Jetzt ist es sehr anstrengend, weil ich mich mit meinem Rücken noch nicht lange aufrichten kann und die Hüfte nicht weit vorbeikomme. Aber ich trainiere weiter, es wäre schon cool, wenn man das öfter machen könnte.“ Bisher fährt Sabrina Heinrich mithilfe ihrer Prothese beidbeinig Ski, erzählt sie weiter. Sie betreibt außerdem noch Nordic Walking bei Anpfiff ins Leben und tanzt in einer Tanzschule. Christian Haidle aus Heidelberg probiert Wasserskifahren heute auch zum ersten Mal, aber er hat schon von anderen Sportangeboten des Projekts profitiert: „Ich habe auch schon Sitz-Volleyball getestet, das ist sehr anstrengend, macht aber auch viel Spaß! In Eppelheim spiele ich zudem seit vier Jahren Sledge Eishockey.“ Das Sledge Eishockey ist eine besondere Form des Eishockeys, bei dem Behinderte und Nichtbehinderte zusammen spielen, indem sie sich im Schlitten mithilfe von kleinen Schlägern zur Beschleunigung fortbewegen. Dem 33-Jährigen aus Heidelberg fiel im Jahr 1999 eine Beule an seinem rechten Knie auf. Die Diagnose: eine Tumorerkrankung im rechten Bein. Daraufhin musste der Oberschenkel abgenommen und der Unterschenkel mit Fuß um 180 Grad verdreht wieder angebracht werden. Sein Sprunggelenk, das auf die Höhe des vorhandenen Kniegelenks gesetzt wird, kann nun die Aufgabe des Knies übernehmen. Den Sport hat er deswegen aber nicht aufgegeben: „Der Sport hilft mir auch im Alltag, da ich mich mehr traue und Situationen einfacher bewältigen kann. Sport bietet mir einfach einen Ausgleich und es ist gut fürs Ego. Ich kann anderen Menschen beweisen, dass ich auch was kann.“ *

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