Speyer „Nicht nur Kinder haben Träume“

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Für ihren Kinder-Animationsfilm „Steinfliegen“ hat die gebürtige Speyererin Anne Walther vor sieben Jahren diverse Preise und Auszeichnungen erhalten. Seitdem war – zumindest in ihrer alten Heimat – nicht mehr sehr viel von ihr zu hören. Unsere Mitarbeiterin Anne Martin hat mit der 40-Jährigen gesprochen.

Sie waren gleich mit Ihrem Debüt erfolgreich. Wie groß ist da der Erfolgsdruck für das nächste Projekt?

Natürlich frage ich mich, ob der nächste Film wieder so abräumen wird. Aber ich war ja auch nach „Steinfliegen“ immer wieder erfolgreich. Zum Beispiel mit einem Dokumentarfilm „Vier danach“. Da war ich als Produzentin aktiv und habe es geschafft, den NDR mit ins Boot zu holen. Der Film läuft also im ARD-Fernsehen und ist auch in der Mediathek zu finden. Insofern bin ich jetzt einfach mal positiv optimistisch und glaube an das Gesetz der Serie. Aber generell ist für mich eher der Weg das Ziel. Was bedeutet das? Ich mache ja in erster Linie Filme, weil ich Filmemacherin bin und weil es mir um die Sache geht. Wenn sie dann noch erfolgreich ist – umso schöner. Im Fall von „Steinfliegen“ war es natürlich ganz besonders schön, der Film ging ja um die Welt, hat internationale Preise geholt und wirkt auch jetzt noch nach. Ich bekomme immer noch und immer wieder schöne Nachrichten von überall her, wie „Ferdi“ (Anmerkung der Redaktion: die Hauptfigur in „Steinfliegen“) die Menschen bewegt. Was machen Sie eigentlich momentan und was planen Sie für die nähere Zukunft? Erst mal ganz alltägliche Dinge. So wie fast jeder Mensch nutze ich gerade die Sommerferien, um Urlaub zu machen. Ich komme von einem Wohnmobil-Trip an den französischen Südatlantik zurück. Mit meinem Sohn Kalle und meinem Hund Rudi. Und dann habe ich natürlich wie fast jeder Filmemacher einen Job, der mir meinen Lebensunterhalt sichert. Hat auch mit Film zu tun: Werbung, Industriefilm, Videoblogs und sowas. Und mein Sohn Kalle hat sich in den Kopf gesetzt, „Steinfliegen 2“ zu drehen. Mit zehn Jahren ist das schon ein ziemliches Projekt – ich unterstütze ihn natürlich dabei und freue mich über seine Begeisterung. Sollte ein guter Kinderfilm auch immer etwas für die Großen sein? Natürlich. „Steinfliegen“ ist genauso ein Erwachsenenfilm. Er ist ein Film für jedermann, er hat ja ganz viele Ebenen. Denn nicht nur Kinder haben Träume, die sie möglichst verwirklichen wollen und sollen. Auch Erwachsene. Das hört ja nie auf. Ich denke, wer keine Träume mehr hat, der steckt fest. Und entwickelt sich nicht weiter. Klingt vielleicht hart, aber so ist es doch. Ich möchte auch Erwachsene erreichen und dazu motivieren, sich ihrer Träume wieder bewusst zu werden und sie zu leben. Und der „Trick“ ist immer der Gleiche, finde ich. Ich will ja das Ende des Filmes nicht vorwegnehmen – es gibt ja vielleicht immer noch Leser, die ihn nicht kennen – aber genau das, was am Filmende dazu führt, dass „Ferdis“ Traum wahr wird, ist doch das Geheimnis. Und jeder hat es vielleicht schon mal erlebt. In „Steinfliegen“ wird es eben noch mal auf den Punkt gebracht. Gibt es in der Branche Vorbilder, die Sie inspiriert haben während Ihrer Arbeit? Natürlich liebe ich die Verfilmungen von Astrid Lindgren. Die DVDs und Videokassetten stehen bei mir ganz vorne im Regal. Und dann gibt es natürlich im Bereich Stopmotion, also Puppentrickfilm, ganz viele wunderbare Regisseure. Aber ich wollte mit „Ferdi“ meine eigene Geschichte erzählen. Die Geschichte ist inspiriert von der griechischen Mythologie. Ich habe in meiner Schulzeit in Speyer am Gymnasium am Kaiserdom Altgriechisch gelernt und darin auch mein Abitur gemacht. Deshalb hat „Steinfliegen“ viel mit mir zu tun. Und mit meinem persönlichen Weg und mit meinem Weg ins Filmemachen. Ich habe ja nach dem Abi ganz viel gemacht. Schreinerlehre, Ausland, Studium ausprobiert. Das Filmstudium kam ja erst später. Dazu musste ich auch einiges loslassen. So wie „Ferdi“. Hätten Sie nicht Lust, einmal einen Film in Speyer zu drehen? Ich bin in Speyer geboren und aufgewachsen und das ist immer noch meine Heimat – da leben meine Eltern, mein Bruder und alte Freunde, und ich bin gerne in Speyer. Speyer ist ein Teil von mir. Und natürlich gibt es wichtige Orte in Speyer – Orte, die meine Kindheit und Jugendzeit bestimmen. Wie etwa der Altrhein. Solche Orte mal filmisch zu verarbeiten, ist sicher der Traum von jedem Regisseur. Und da kommt auch „Steinfliegen“ ins Spiel. Die Kieselsteine am Rhein kennt jeder Speyerer. Der Kieselstein im Film ist davon inspiriert. Ich möchte auf die kleinen Dinge im Leben hinweisen. Damit man sich darüber Gedanken macht. Ach ja, und dann habe ich natürlich schon im Möbelladen meiner Eltern in Speyer gedreht, zum 25. Jubiläum. Muss man einen langen Atem haben, wenn man Filme dreht? Definitiv. Schnelle Erfolge sind da eher nicht an der Tagesordnung. Es gibt natürlich immer wieder schwierige Momente, wo man alles in Frage stellt und vielleicht auch am liebsten hinwerfen möchte. Aber ich finde, das gehört dazu. Wenn es solche Momente nicht gibt, dann stimmt was mit dem Filmprojekt nicht. Entscheidend ist, dass am Ende ein Film dabei rauskommt, hinter dem ich stehen kann. Denn ein Film ist immer auch ein Teil von mir und entsteht hauptsächlich in meinem Herzen. Und: Es geht nicht darum, ob etwas ankommt, es kommt von innen. Den langen Atem hat man, indem man sich einen guten Produktionsplan erstellt. Sonst steht man vor einem riesigen Berg und ist überfordert. Und dann muss man den Plan abarbeiten. Stück für Stück. Wie beim Klöße essen, einer nach dem anderen. Was würden Sie jungen Filmemachern als Tipp mit auf den Weg geben? Niemals aufgeben. Und immer groß denken, ohne größenwahnsinnig zu werden. |amy

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