Schwetzingen Neuaufnahmen mit Dorothee Oberlinger
Die Blockflötistin und Dirigentin Dorothee Oberlinger gehört zu den Protagonistinnen der Alte-Musik-Szene in unseren Tagen. Als Solistin und mit ihrem Ensemble 1700 ist sie viel gefragt, gerade auch bei den großen Festivals in diesem Genre. So ist es auch nicht überraschend, dass sie derzeit beim Barockfest Winter in Schwetzingen des Theaters Heidelberg auftritt und Aufführungen der Oper „Nebucadnezar“ von Reinhard Keiser dirigiert. Sie hat die Produktion musikalisch überzeugend einstudiert.
Die Wiederentdeckung vergessener Barockopern ist eines der Markenzeichen der Musikerin. Davon künden nicht wenige ihrer vielfach preisgekrönten CD-Aufnahmen. So ist auch ihre jüngste einem (noch) kaum bekannten Werk, der komischen Oper nach Goldonis Libretto „I Portentosi Effetti Della Madre Natura“ (Die wunderbaren Wirkungen von Mutter Natur) von Giuseppe Scarlatti gewidmet. Giuseppe Scarlatti, nicht Alessandro oder Domenico? Ja, der 1718 oder 1723 in Neapel geborene und 1777 in Wien gestorbene Komponist könnte der Enkel von Alessandro und Neffe von Domenico gewesen sein, doch so ganz sicher ist das nicht.
Oper in Sanssouci
Egal, seine Musik ist von nicht geringer Anmut, wie die bei der Deutschen Harmonia Mundi erschienene Aufnahme der 1752 in Venedig uraufgeführten Oper belegt. 1768 wurde die Oper auch bei Friedrich dem Großen in Sanssouci gespielt – und dort kam sie 2022 wieder zur Aufführung.
Der spritzige Mitschnitt unter Dorothee Oberlinger macht deutlich, dass Giuseppe Scarlatti sein Metier beherrschte und die Wirkungen der Gattung voll ausreizt. Gesungen wird vorzüglich, unter anderem von Rupert Charlesworth , Filippo Mineccia, Roberta Mameli oder Bendetta Mazzucato (war schon in Schwetzingen).
Der barocke Influencer
Dem großen Alessandro Scarlatti ist eine andere neue CD des Ensembles 1700 unter Dorothee Oberlinger gewidmet, die den Meister als „Baroque Influencer“ vorstellt, also als einen Komponisten, der viele seine Kollegen durch sein Werk beeinflusst und angeregt hat. In der Tat, die Musik Alessandro Scarlattis ist in vielen Gattungen für die Zeit um 1700 prägend gewesen, aber auch für sich von betörender Wirkung. Das macht die vorliegende CD eindrucksvoll deutlich. Sie bringt Instrumentalwerke mit hochvirtuosen Soloeinlagen von Dorothee Oberlinger auf der Blockflöte und Musik aus zwei Kantaten, die mit dem sagenhaften Sopranisten Bruno da Sá und der klangschön singenden Altistin Helena Rasker ganz erstklassig besetzt sind.
