Speyer Nach 30 Jahren macht Römerberger Schluss mit Kreispolitik

Hört auf: Heinz-Peter Schneider da, wo er sich wohlfühlt – auf seinem Hof in Römerberg.
Hört auf: Heinz-Peter Schneider da, wo er sich wohlfühlt – auf seinem Hof in Römerberg.

Heinz-Peter Schneider hat seit 20 Jahren kein eigenes Auto. Ob er damit schon ein Vorzeige-Grüner ist? Es zeugt auf jeden Fall von Konsequenz. Und daran mangelt es dem Römerberger wahrlich nicht. Deshalb macht er nach 30 Jahren auch einfach Schluss. Nein, nicht mit den Grünen. Aber mit der Kreispolitik. Mitten im Klimawandel. Na toll!

Ludwigshafen/Römerberg. Es gibt ja schon noch Aufgaben für einen Grünen. Aber Heinz-Peter Schneider will nicht mehr. Und hält eine Karte hoch. „30 Jahre in der Kommunalpolitik sind genug.“ Ende 1988 hat er den Ortsverband in Römerberg mit aufgebaut, um 1989 bei der Kommunalwahl anzutreten. 1999 ist er in den Kreistag gezogen. Und 2019 macht er Schluss. Mit der Politik. Und weil er schon mal am Schlussmachen ist, hängt Schneider auch noch seinen Hauptberuf bei der katholischen Kirche an den Nagel. Nur noch bis zum Herbst wird er helfen, die Qualität der Kindergärten zu sichern.

Ab April Tage zählen

Und nur noch bis Mai wird er seiner Partei helfen, grüne Qualität in die Kreispolitik zu bringen. „Ab April fange ich an, die Tage zu zählen“, sagt Schneider. Na, na. War es denn so schlimm? Das Berufsleben, das politische Engagement? Schneider lächelt. Und zieht wieder ein Kärtchen. „25 Jahre Opposition sind kein Zuckerschlecken.“ Speziell in der Kreispolitik sei es schwierig, vorwärts zu kommen und Erfolge zu verbuchen. „Die Verwaltung ist ein Mordsapparat und wir sind kleine Antragssteller.“ Und wer regelmäßig in den Kreistag geht, weiß, dass grüne Ideen dort gerne direkt abgebügelt werden. Aber manchmal kommen sie danach doch noch mal auf die Tagesordnung. Weil die Grünen hartnäckig bleiben. Etwa dann, wenn es um gerechte Eintrittspreise für die Kreisbäder geht. „Wir erreichen nicht so viel wie die Regierungsparteien. Aber wir legen die Finger in die Wunden.“ Mit seinem beruflichen Werdegang ist Schneider zufrieden. Seine erste Stelle hat ihn in die Pfalz gebracht. 1982 wurde der Diplompädagoge aus dem Hunsrück Referent für politische Bildung beim BDKJ-Diözesanverband in Speyer. Bei der katholischen Kirche ist Schneider geblieben. Beim Thema auch. Jugendarbeit. Sozialpolitik. Das war sein Steckenpferd. Da wollte Schneider auch politisch etwas erreichen. In Römerberg. Und im Kreis. „Früher war es ein Kampf, bis mal ein Jugendpfleger eingestellt wurde. Heute ist das normal, dass es diese Stellen gibt. Mein politisches Anliegen hat sich ein Stück weit aufgelöst.“

Moment mal! Und was ist mit dem Klima?

Dem Klimawandel? Und dem ÖPNV? Schneider grinst jetzt. „Das öffentliche Verkehrsnetz ist immer noch schlecht. Das erfahre ich ja tagtäglich selbst.“ Was dessen Ausbau angehe, gebe es durchaus gute Ansätze – das zeige die aktuelle Diskussion um die Straßenbahnerweiterung in den Landkreis hinein. Aber die Busverbindungen in den Dörfern hätten ebenfalls Optimierungsbedarf. Tja, und was die Klimapolitik im Kreis anbelangt, gibt es zwar gute Ideen, sagt Schneider. Doch es werde zu wenig vom Klimaschutzkonzept umgesetzt. Die grüne Opposition im Kreistag ist also weiterhin gefragt. Und gefordert. Und was macht Schneider? Geht. Mitten im Klimawandel. Doch der 63-Jährige sieht seine Nachfolge bestens geregelt. Sein Stellvertreter Elias Weinacht, der schon Landratskandidat war, soll die Kreistagsfraktion anführen. Unterstützt von Urgestein Walter Altvater. „Ich habe kein schlechtes Gewissen, dass ich gehe.“

Politik mit Handicap

Zumal ein Handicap ihm die Arbeit auf der politischen Bühne nicht einfach macht. Schneider ist schwerhörig. Und er spricht offen darüber. Schlechte akustische Bedingungen in Sitzungssälen, der Geräuschpegel auf Veranstaltungen – „das möchte ich mir nicht mehr zumuten“. Das Problem mit den Ohren sei mit Mitte 30 aufgetreten. Inzwischen ist Schneider operiert. Und gerade erst hat er eine Reha abgeschlossen. Er hofft, dass Konferenzräume künftig technisch so ausgestattet werden, dass Menschen mit Hörgeräten keine Probleme mehr mit Störgeräuschen haben. Raus also aus der Grünen-Politik. Weg vom katholischen Arbeitgeber. Da kann sich Schneider ja endlich ein Auto kaufen. Und sich scheiden lassen. Beides hat Schneider natürlich nicht vor. Schneider ist konsequent. Und gerne mit seiner Frau verheiratet. Und da sie ebenfalls vom Berufsleben in den Ruhestand wechselt, freut er sich, mit ihr gemeinsam einen neuen Lebensabschnitt zu beginnen.

Zeit für die Enkel und Reisen

Er freut sich auch auf ein Leben auf seinem alten Bauernhof in Römerberg, die Zeit mit seinen Enkeln und auf Reisen. „Ich möchte jetzt länger verreisen, mir Zeit nehmen zum Beobachten und Staunen. Die Welt ist einfach zu schön, um an einem Ort zu bleiben. Mir geht es dabei um den Aspekt des einfach Unterwegsseins“, sagt er. Mit möglichst wenig Gepäck – im realen wie im übertragenen Sinne. Das heiße auch, offen zu sein für neue Situationen und neue Wege. „Ganz gleich, ob hier in Deutschland oder in Indien.“ Schneider zückt eine weitere Karte, auf der steht: „Klare Kante zeigen“. Und zwar zum Hier und Jetzt. Er will keine Posten und Pöstchen beibehalten, die ihn zwingen, zumindest hin und wieder in alte Rollen zu schlüpfen. Bleibt am Ende noch eine letzte Frage. Grün und katholisch. Alternativ und konservativ. Wie passt das zusammen? Schneider lacht. Und denkt laut darüber nach, dass es auch in der katholischen Kirche ungewöhnliche Wege gibt. Und es dort menschelt. „Aber es ist schon ein Spagat, den ich all die Jahre gemacht habe.“ Und bevor es ihn mit 63 noch zerreißt, ist eben Schluss. Obwohl es ja schon noch Aufgaben gibt. In der katholischen Kirche. Und für einen Grünen.

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