Speyer „Jede Anzeige ist ein Erfolg“

Symbolträchtig: Teilnehmer der Flaggenaktion lassen Luftballons in den Himmel steigen.
Symbolträchtig: Teilnehmer der Flaggenaktion lassen Luftballons in den Himmel steigen.

58 Fahnen rufen derzeit in der Stadt zum klaren „Nein zu Gewalt an Frauen“ auf. Seit 18 Jahren beteiligt sich Speyer an der bundesweiten Aktion, die Terres des Femmes 1999 ins Leben gerufen hat. Die Notwendigkeit belegt eine Statistik der Polizei Speyer, nach der es im Jahr fast 200 Fälle von Gewalt in engen sozialen Beziehungen und eine hohe Dunkelziffer gibt.

Gestern haben Vertreter von städtischen sowie Opfer-Einrichtungen, Kirchen, Initiativen, Polizei und Serviceclubs gemeinsam mit Oberbürgermeister Hansjörg Eger (CDU) eine der Flaggen vor dem Historischen Rathaus gehisst. Unmittelbar neben den Informationstischen an diesem Mittag: eine Hochzeitsgesellschaft. „Schön, dass wir jedes Jahr mehr werden“, sagte Frauenhaus-Leiterin Silvia Bürger. Beteiligt haben sich an der öffentlichen Aktion unter anderem Stadt, Evangelische Landeskirche, Diakonisches Werk, Caritas, Kinderschutzbund, Opferschutzverband Weißer Ring, Soroptimisten und Zontaclub. Gewalt in engen sozialen Beziehungen sei auch in Speyer ein Problem, sagte Andreas Heintz, stellvertretender Leiter der Polizeiinspektion Speyer, auf Anfrage. Zwischen Januar und September 2018 sind der Inspektion demnach 133 Fälle gemeldet worden, zehn davon aus der Verbandsgemeinde Römerberg-Dudenhofen. Heintz erwartet, dass die Zahlen aus den Jahren 2016 (198 Fälle) und 2017 (179) bis zum Jahresende wieder erreicht werden. Weit höher schätzte er die Dunkelziffer ein. „Jedes Opfer, das sich ermutigt fühlt, Opfer anzuzeigen, ist ein Erfolg“, erklärte er die Bedeutung des Aktionstages. Er berichtete von regelmäßigen Konferenzen, in denen mit Polizei, Staatsanwaltschaft, Jugendamt und Frauenhaus über „Hochrisikofälle“ beraten werde. Hierbei gehe es um akut existenzbedrohliche Situationen, sagte er. Das Motto „Frei leben ohne Gewalt“ müsse für die Opfer aus allen Bevölkerungsschichten kein Wunschtraum bleiben, betonte Bürger. „Wir glauben jede Geschichte“, versicherte Karl Metzdorf, Außenstellenleiter des Weißen Rings. „Dass nur ein eindeutiges Ja auch Ja bedeutet, sollte von allen Juristen anerkannt werden“, appellierte Eger an seine Berufskollegen. „Schweigen ist keine Zustimmung.“ Der OB stellte sich in diesem Kontext gegen „Gewalt an irgendwem“, egal, welchen Geschlechts, Alters oder welcher Herkunft das Opfer sei. „Gewalt kommt nicht in die Tüte“: Das hat der Zonta-Club Speyer-Germersheim auf 100.000 „Wilhelmi“-Brötchentüten geschrieben. Heute, 11 Uhr, startet die Anti-Gewalt-Aktion vor dem Café „Maximilian“. Bis zum 30. November präsentiert die Stadtbibliothek Bücher zum Thema.

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