Speyer „Ich wollte nie ein Vorbild sein“

Ausverkauft ist das Konzert des Augsburger Popmusikers Andreas Bourani morgen, 7. Februar, 20 Uhr, im Ludwigshafener BASF-Feierabendhaus. Unser Mitarbeiter Olaf Neumann hat vorab mit dem 31-Jährigen gesprochen.

Warum ist Ihre Musik so gefühlvoll?

Das ergibt sich aus dem Anspruch, den ich an Musik und Texte habe. Auch brachte die Zeit, in der die Platte entstanden ist, sehr abwechslungsreiche Gefühle mit sich. Vielleicht habe ich ja die Gabe, zu erspüren, was so in meinem Umfeld passiert. Für mich muss Musik immer eine Notwendigkeit und eine Wahrheit haben. Umso zeitloser ein Gefühl ist, desto besser. Zweifel zum Beispiel begleiten einen ein Leben lang. Insofern lohnt es sich, darüber mal ein Lied zu schreiben. Darf ein Mann weinen und über seine Gefühle sprechen? Finde ich schon. Es ist ein Klischee, dass Männer immer hart sein müssen. Es ist sehr mutig, wenn ein Mann es zulässt, vor anderen zu weinen. Das ist wahre Stärke. Haben Sie als Sänger einen Auftrag? Wollen Sie anderen Männern beibringen, sich zu öffnen? Nee, überhaupt nicht, das ist einfach mein Lebensstil. Ich lebe intensiv und bewusst und drücke dies in der Musik aus. Ich versuche, tiefgründige Texte zu schreiben, die ich auch noch in drei Jahren singen kann. Ich wollte nie ein Vorbild für andere Männer sein. Das wäre ja auch Quatsch, denn ich lebe meine Gefühle ja öffentlich aus. Ich hatte schon früher die Tendenz zum Verträumtsein und habe mich mit Freunden gern über die großen Fragen des Lebens unterhalten. Ich wollte verstehen, was uns Menschen ausmacht. Stehen Frauen nicht doch eher auf Machos als auf Softies? Diese Fragen kann ich gar nicht beantworten, die müssten Sie eigentlich den Frauen stellen. Meine Erfahrung ist, es gibt Frauen, die auf Machos stehen, und welche, die auf Softies stehen. Und das ist auch gut so. Klar mögen Frauen meine Musik, auch etwas ältere. Es ist aber nicht so, dass zu mir nur wenige Männer kommen. Können Sie beim Schreiben das weltpolitische Geschehen ausblenden? Auch Gewalt ist eine menschliche Eigenschaft, leider, aber natürlich wünscht sich jeder Mensch den Weltfrieden. Im Grunde geht es uns ja gut, und gerade der Luxus, nicht hungern zu müssen, bringt Verantwortung mit sich. Nämlich, sein Leben bewusst zu gestalten. Wir leben in einer Zeit, in der es nur darum geht, in sozialen Netzwerken Aufmerksamkeit zu erregen. Davon müsste man wieder ein bisschen wegkommen. Ihre Eltern sind Ägypter, Sie selbst wurden in Augsburg geboren. Fühlen Sie sich auch als Ägypter? Nein. Ich wurde adoptiert, als ich eine Woche alt war. Zur ägyptischen Kultur habe ich keinen Bezug, ich sehe mich als Bayer, bin auch nicht zweisprachig aufgewachsen. Einzig meine Hautfarbe wirft die Frage nach meiner Herkunft auf. Natürlich habe ich mich mit der Kultur Nordafrikas auseinandergesetzt, um meine Herkunft ein bisschen zu verstehen. Aber ich musste nicht nach Ägypten fahren, um meine Identität zu suchen. Sie besitzen eine Vier-Oktaven-Stimme. Setzen Sie diese voll ein? Die äußersten Höhen benutze ich in meinen Liedern gar nicht mehr. Die hohe Frequenz ist ab einem bestimmten Punkt nicht mehr angenehm anzuhören. Früher habe ich im Schulchor Sopran gesungen und nie bewusst den Stimmbruch durchlebt. Deswegen habe ich die hohe Stimmlage nie verloren. (ofn)

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