Speyer Historische Führung: Kaiser und Kreuzritter als Speyer-Kenner

Alle hinter dem Stauferkaiser her: Stadtführer Frank Seidel in besonderer Rolle anlässlich der Frühjahrsmesse.
Alle hinter dem Stauferkaiser her: Stadtführer Frank Seidel in besonderer Rolle anlässlich der Frühjahrsmesse.

Eigentlich wäre der Speyerer Gästeführer Frank Seidel auf Langzeiturlaub in Palermo. Für eine historische Messe- und Marktführung zur Frühjahrsmesse hat er diesen jedoch verkürzt. Dabei gibt es sogar einen thematischen Zusammenhang mit der sizilianischen Hauptstadt.

Die spaßige Anmerkung, das Angebot zur Führung doch beim nächsten Mal in Palermo zu machen, quittiert Seidel – diesmal in Gestalt des Stauferkaisers Friedrich II. auf der Maximilianstraße anzutreffen – erst mit einem Lächeln und dann mit erhobenem Zeigefinger. „Ganz abwegig ist das nicht“, sagt er und schlägt mit Fachwissen auf. Denn: Friedrich II. lebte als Kind im sizilianischen Palast und büxte gerne einmal aus, um arabisch zu lernen. „Dabei hat er Menschen vieler verschiedener Kulturen kennengelernt und sich mit ihnen angefreundet. Diese Erfahrungen wiederum waren ihm auf dem weiteren Lebensweg von Nutzen“, weiß Seidel.

Diesmal ist es die Speyerer Messe- und Marktgeschichte längst vergangener Zeiten, mit denen er an die 20 Personen begeistern wird. Seit mittlerweile sechs Jahren schlüpft Seidel in die Rolle von Friedrich II., dessen blauer Samtmantel von Weitem ins Auge fällt und dessen Krone goldschwer auf dem Kopf zu wiegen scheint. Zweimal im Jahr macht sich der Gästeführer in diesem Outfit vom Geschirrplätzel aus auf, um die Messe- und Marktgeschichte vorzustellen. „Das Interesse ist ungebrochen“, freut sich der Speyer-Kenner. Meistens sei aber im Herbst mehr los als bei der ähnlichen Frühjahrsführung.

Seidels Baby

Die thematische Führung ist „sein Baby“, wie er betont. Aus einer Idee heraus ist er ins Stadtarchiv gegangen und hat Unterlagen aus allen Ecken zusammengesucht, um etwas über die Messen und Märkte herauszufinden. „Durch die Recherche ist letztlich die Route entstanden“, erzählt er.

Der Zeitrahmen von 90 Minuten wird voll ausgeschöpft. Dabei kann der Stauferkaiser seine Erzählungen mit Kopien von historischen Dokumenten belegen, die er bei sich führt. „Alle Gässchen haben ihre Namen durch die Märkte, die dort abgehalten wurden“, erklärt die Majestät durch Seidels Mund. Schnell haben die Mitlaufenden den Dreh heraus: Auf dem Geschirrplätzel wurde Geschirr veräußert, im Ledergässchen wurde Leder feilgeboten und auf dem Fischmarkt – klar – allerlei Flossengetier. „Das Dekret von 1580 gibt vor, was wo verkauft werden durfte“, sagt Seidel, der an diesem Nachmittag von Kreuzritter Sven begleitet wird – Bodyguards gab’s schließlich zu allen Zeiten.

Essen und Trinken kommt nicht zu kurz

Ziel des Rundgangs, der auch zum Königsplatz, durch die Schrannengasse oder das Webergässchen führt, ist – natürlich – der Festplatz, auf dem noch bis 23. April Frühjahrsmesse gefeiert wird. Essen und Trinken hält Leib und Seele zusammen – dieser Grundsatz hat die Jahrhunderte überdauert. Ganz neuzeitlich gibt’s Bratwurst und Fassbier. Der Kaiser darf abdanken für diesen Tag. Seidel ist zufrieden. Er hat nicht nur neue Menschen für die Geschichte der Stadt gewinnen können, sondern einen weiteren Sieg gegen sich selbst eingefahren. „Das Schwierigste für mich ist, in der Ich-Form zu reden“, hat er zu Beginn verraten. Er schafft es an diesem Tag bestens: Die kaiserliche Rolle ist ihm wie auf den Leib geschneidert.

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