Speyer „Gute Anlagen, Übungsleiter und ein Ziel“

Zu Gast bei den Sportbünden Pfalz und Baden: Daniel Illmer.
Zu Gast bei den Sportbünden Pfalz und Baden: Daniel Illmer.

„Mitgliedergewinnung im Sportverein“ lautet das Thema eines Tageskongresses der Sportbünde Pfalz und Baden morgen (9 bis 18 Uhr, Hochschule für Verwaltungswissenschaften, Praxiseinheit nachmittags im Judomaxx). Den Vortrag zum Thema Mitgliedergewinnung hält Daniel Illmer (44), stellvertretender Direktor der Führungs-Akademie des Deutschen Olympischen Sportbundes in Köln sowie Geschäftsfeldleiter Beratung und Forum und Wissenschaft. Martin Erbacher hat ihn interviewt.

Ist der Sportverein ein Auslaufmodell?

Mit Sicherheit nicht, mit über 90.000 Sportvereinen in Deutschland und etwa 27 Millionen Mitgliedern ist der Sport die größte zivilgesellschaftliche Bewegung in Deutschland und das seit Jahren sehr stabil. Darüber hinaus ist es ein Kernmerkmal der Sportvereine, sehr schnell und dynamisch auf Entwicklungen im eigenen Umfeld reagieren und sich so auch gegenüber neuen Konkurrenzen gut behaupten zu können. Was ist Ihr Patentrezept für Mitglie-dergewinnung im Sportverein? Bei über 90.000 Sportvereinen in Deutschland und einer Vielzahl an Sportarten kann es nicht das eine Patentrezept geben. Spezifische Lösungen entwickeln sich immer vor Ort und sind zum Teil auch nur schwer übertragbar. Gleichwohl gibt es drei wesentliche Einflussfaktoren, die Sportstättensituation im Verein, die Anzahl gut ausgebildeter Übungsleiterinnen und Übungsleiter sowie ein strategisches und zielorientiertes Vorgehen. Gerade der letzte Punkt ist aus meiner Sicht der entscheidende Hebel, um in einem Verein Veränderungen einzuleiten und Impulse für Entwicklung zu setzen. Gibt es dafür erfolgreiche Beispiele? Ja, dafür gibt es sehr viele Beispiele aus ganz unterschiedlichen Vereinen. Was sind die Gründe, wenn Mitgliederzahlen zurückgehen? Das sind sicherlich vielfältige Gründe. Marode und renovierungsbedürftige Sportstätten können einen Grund darstellen oder auch eine insgesamt geringer werdende Bevölkerungsdichte im ländlichen Raum. Ein Grund kann aber auch sein, dass die ursprüngliche Vereinsidee nicht mehr trägt und nicht mehr ausreichend attraktiv ist. Schönen Fußball-Bundesligavereine mit teils hunderttausenden Mitgliedern die Statistiken nicht? Es gibt natürlich große Fanabteilungen in den Fußball-Bundesligavereinen. Gleichzeitig gibt es jedoch auch in den Vereinen starke weitere Abteilungen. Ein Beispiel: Eintracht Frankfurt hat neben der Fußballabteilung auch noch eine sehr starke und leistungsorientierte Leichtathletik- und Triathlonabteilung sowie eine insgesamt sehr große Turnabteilung mit einem breiten Angebotsspektrum. Ist Ihnen die Arbeit des Judosportvereins Speyer, bei dem der Praxisteil stattfindet, bekannt? Im Detail nicht, aber ich habe von der exzellenten Arbeit des Vereins bereits gelesen und gehört. Ist Vereinsleben mit seinen Verpflichtungen heute noch zeitgemäß? Auf jeden Fall, Vereine bieten einen einzigartigen Rahmen für Engagement und die Möglichkeit, seine Interessen einzubringen. In diesem Kontext würde ich deshalb auch nicht von Verpflichtung sprechen, sondern eher von Engagement und von der Möglichkeit, mit Gleichgesinnten das eigene Umfeld zu gestalten. Welchen Vorteil haben die oft teureren Fitnessstudios? Fitnessstudios zeichnet sicherlich der sehr starke Dienstleistungscharakter mit langen Öffnungszeiten, hoher Flexibilität und teilweise auch speziellen Geräten und Kursen aus. Machen Ganztagsschulen mit Sportangebot die Mitgliedschaft im Verein überflüssig? Im Einzelfall mag das durchaus mal passieren. Aber in der Regel sind es ja gerade die Sportvereine, die an einer Ganztagsschule Sportangebote unterbreiten und Kinder und Jugendliche für Sport begeistern. Wie sieht der Sportverein in 20 Jahren aus? Eine gute Frage, die ich nicht beantworten kann. Vereine sind stabile soziale Organisationen und es wird sie auch noch in 20 Jahren geben. Davon bin ich überzeugt. Und ich bin auch davon überzeugt, dass Vereine sich an stattfindende und kommende Veränderungen gut anpassen können und diese in ihre Arbeit integrieren werden. Meine persönliche These ist, dass es in Zukunft mehr große Vereine mit eigener Sportinfrastruktur und hauptberuflich Angestellten geben wird und dass aber gerade die Vielzahl der kleinen und kleineren Vereine weiter bestehen bleibt.

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