Speyer „Frischluftschneise erhalten“

Schaut auch nach dem Ausbau des Flugplatzes noch genau hin: Roland Kirsch vermisst im Jahr 2012 eine Heckenpflanzung von 90 Mete
Schaut auch nach dem Ausbau des Flugplatzes noch genau hin: Roland Kirsch vermisst im Jahr 2012 eine Heckenpflanzung von 90 Metern Länge an der Industriestraße.
Herr Kirsch, wenn Sie sich den Flugplatz heute anschauen, welche nachteiligen Auswirkungen sehen Sie durch ihn für Natur und Umwelt?

Für die Umwelt ist auf jeden Fall die Lärmbelästigung schlecht. Die kommt hauptsächlich von den Tragschraubern. Die Gyrokopter drehen im Sommer fast ununterbrochen Platzrunden. Zudem werden von den kleineren Sportflugzeugen und von normalen Hubschraubern zu viele Platzrunden geflogen. Die haben eine starke Lärmwirkung. Wenn man zum Beispiel im Auwald ist und so ein Flugzeug über einem auftaucht, dann muss man seine Unterhaltung unterbrechen. Leider werden auch nicht immer die Ruhezeiten, die samstags und sonntags von 13 bis 15 Uhr gelten, eingehalten. Seit dem Ausbau hat sich ansonsten nicht viel getan bei den Flugbewegungen. Was die Jets angeht, ist es erträglich. Die Voraussagen, dass der Jetflugverkehr extrem zunimmt, sind nicht eingetreten. Hat das circa 50 Hektar große Flugplatz-Gelände nicht auch einen ökologischen Nutzen? Dazu muss man wissen, dass die Fläche, um die der Flugplatz erweitert wurde, vorher zum Teil aus Äckern bestand. Dort wurden dann im Zuge des Ausbaus Wiesen angelegt. Bevor man den ökologischen Nutzen betrachtet, muss man erst mal die Wiesen genauer untersuchen, um herauszufinden, welche Wertigkeit die haben. Vor ein paar Tagen habe ich gesehen, dass dort ganz viel Löwenzahn blüht. Ich vermute, dass es noch kein Halbtrockenrasen ist, sondern eine nährstoffreiche Wiese. Aber dort gibt es bald eine Begehung von meinem BUND-Kollegen Jürgen Walter. Vor zehn Jahren haben Sie für den BUND gegen den Ausbau des Flugplatzes geklagt. Welche Gründe waren für Ihren Widerstand entscheidend? Die Eingriffe in den Auwald auf der Halbinsel Horn. Ursprünglich sollte dort auf einer großen Fläche der Oberstand der Bäume entfernt werden. Als wir genauer hinterfragt haben, was das bedeutet, hat sich herausgestellt, dass eine totale Rodung stattfinden sollte. Das war der Hauptgrund, warum wir geklagt haben. Zumal die Halbinsel Horn damals 30 Jahre lang praktisch keine Eingriffe in den Wald erlebt hatte. Deshalb gab es dort einen älteren Baumbestand mit vielen Stieleichen und Eschen. Das war ein Bereich, der aus Sicht des Naturschutzes sehr wertvoll war. Was haben Sie mit der Klage erreicht? Beim Planfeststellungsbeschluss wurden vom Projektträger Unterlagen nachgereicht. Demnach wurden bestimmte Flächen nicht vollständig gerodet, stattdessen wurden die Bäume im Zentrum der Einflugschneise gekappt. Es ging dabei um einige Hektar, das war schon ein kleiner Erfolg. Dennoch wurde in den Unterlagen festgehalten, dass einige Bäume, die zu hoch waren, um sie zu kappen, entnommen werden. Zudem wurden vier Hektar Hybridpappeln gefällt. An ihrer Stelle wurden niedrig wachsende Bäume wie Wildobst gepflanzt. Die ragen auch ausgewachsen nicht in den Einflugbereich hinein. Warum sind Sie nicht noch mal zur Wahl als BUND-Regionalbeauftragter Pfalz angetreten? Der eine Grund ist mein Alter. Hauptsächlich habe ich aber wegen meiner stark angegriffenen Gesundheit nicht mehr kandidiert. Ich will mich etwas zurücknehmen. Aber ganz aufhören werde ich nicht. Ich bleibe nach wie vor als Berater aktiv, soweit es geht. Welche Projekte haben Sie neben dem Flugplatz noch betreut? Was Speyer betrifft, ist das die Erweiterung der Sondermülldeponie Flotzgrün. Gegen diesen Plan der BASF haben wir uns mit einer Stellungnahme und mündlich bei einem Erörterungstermin gewandt, weil die Pestizide Bentazon und Mecoprop bereits im Außenbereich im Grundwasser gefunden wurden. Diese Schadstoffe strömen in Richtung Wasserwerk Süd. Darin sehen wir eine Gefahr für die Trinkwasserentnahme. Laut BASF und einigen Gutachten könnte eine Verseuchung aber erst in 40, 50 Jahren passieren. Dass wir unser Ziel, die Umlagerung der Deponie, nicht erreicht haben, ist uns fast schon vorher klar gewesen. Das wäre zu teuer und zu aufwendig geworden. Immerhin haben wir das Thema in die öffentliche Diskussion gebracht. Das ist ein wichtiger Punkt. Ein weiteres Projekt ist die Ölförderung in Speyer und Otterstadt. Es gab einen Scoping- und einen Erörterungstermin. Wir haben uns an Stellungnahmen beteiligt. Ein Aspekt ist die Freisetzung radioaktiver Stoffe durch die Ölförderung in der Tiefe. Was die geplante Probebohrung in Otterstadt angeht, handelt es sich zudem um eine Fläche, die laut Raumordnungsplan als Grünzug erhalten bleiben soll. Nicht zu vergessen: Ein großer Erfolg für uns ist die Herausnahme des Speyerer Auwalds aus der Bewirtschaftung. Zum einstimmigen Stadtratsbeschluss haben wir die Vorarbeit geleistet. Was erwarten Sie von der Prüfung einer Flugplatz-Schließung? Ich glaube nicht, dass der Flugplatz geschlossen wird. Aber, worauf wir in jedem Fall achten müssen: Es muss in dem Gebiet unbedingt eine Frischluftschneise erhalten bleiben. Selbst wenn aus der Fläche einmal Bauland werden sollte, muss eine breite Schneise offen bleiben in die Stadt. Im Moment trägt der Flugplatz dazu bei, dass diese Frischluftschneise nicht bebaut wird.

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