Schwetzingen Festspielproduktion von 2022 auf CD

Die Insel der Alcina: Szene aus der Produktion 2022 im Rokokotheater bei den Schwetzinger Festspielen.
Die Insel der Alcina: Szene aus der Produktion 2022 im Rokokotheater bei den Schwetzinger Festspielen.

Vor 250 Jahren wurde die Oper „L’isola d’Alcina“ mit der Musik von Giuseppe Gazzaniga auf das Libretto von Giovanni Bertati in Schwetzingen gespielt. 2022 kehrte sie ins Rokokotheater zurück. Davon gibt es eine CD.

Es gibt Händelianer, die halten dessen „Alcina“ für seine beste Oper. Die Art, wie hier die Gefühle der Personen in Musik gesetzt werden, ist in der Tat genial. Vor allem der Zauberin Alcina, die ja keineswegs eine positiv besetzte Figur ist, gehört die Anteilnahme des Komponisten. Deren Arie „Ah, mio cor“ gehört zu den ergreifendsten Klanggesängen, die je komponiert wurden. Der Stoff nach Ariostos „Orlando furioso“ (Der rasende Roland) ist bei Händel denn auch nicht lustig.

Es geht aber auch anders. Keine 40 Jahre nach dem Hallenser in London entstand in Italien, in Venedig, die Oper „L’isola d’Alcina“ mit der Musik von Giuseppe Gazzaniga auf das Libretto von Giovanni Bertati. Das ist ein „Dramma giocoso“ (heiteres Drama). Das war damals eine gängige Gattungsbezeichnung, die nur besagt, dass es neben komischen Figuren auch ernste Personen mit Arien im ernsten Stil und einigen Rollen mittleren Charakters gibt. Das berühmteste Dramma giocoso ist Mozarts und Da Pontes „Don Giovanni“ – und der hat als Vorlage ohne Zweifel Gazzanigas und Bertatis Oper kurz vorher entstandene Oper über den legendären Verführer.

1773 in der Kurpfalz

Doch zurück zur Insel der Alcina. Dieses Stück wurde bald nach der Uraufführung auch nördlich der Alpen gespielt. Vor genau 250 Jahren. Und wo? Im Schlosstheater in Schwetzingen. Und dort wurde es im vergangenen Jahr endlich mal wieder aufgeführt. Das Ensemble L’arte del mondo musizierte unter Leitung von Werner Ehrhardt. Von dieser Einstudierung liegt nun eine Doppel-CD vor, die allerdings nicht in Schwetzingen, sondern bei Bayer in Leverkusen (dem Sponsor) aufgenommen.

Natürlich ist Gazzaniga nicht Mozart, hier Vergleiche anzustellen, ist mit Verlaub dämlich. Gemessen an Piccinni, Paisiello, Anfossi oder Cimarosa aber ist seine komische „Alcina“ ein tolles Stück mit hinreißender Musik. Und es enthält alle die Zutaten, die es für eine zündende italienische Oper der Zeit braucht. Dazu gehören dann auch ein paar beliebte Typen, unter anderem einen Deutschen – hier der Baron von Brikbrak – mit sehr begrenzten Kenntnissen der italienischen Sprache. Überhaupt wurde um 1770 hier schon das vereinte Europa vorweggenommen, denn auf der Insel der Alcina tummeln sich auch neben einem Italiener ein Franzose, ein Engländer und ein Spanier. Die lassen den eigenen Zungenschlag auch immer wieder hören.

Amouröse Irrungen und Wirrungen

Bei Gazzaniga/Bertati geht es um reichlich schräge amouröse Irrungen und Wirrungen. Am Ende bekommen die Dienerinnen der Zauberin Ehemänner, die Herrin geht leer aus und bleibt auf ihrer nun einsamen Insel zurück, denn allen anderen gelingt glücklich die Flucht.

Das Vergnügen an diesem pfiffigen Stück ist bei der Aufnahme zu spüren – und es überträgt sich auch bei Hörerinnen und Hörern vor den heimischen oder mobilen Endgeräten. Es wird feurig und quicklebendig musiziert. Auch die Ausgestaltung der Rezitative mit Massimiliano Toni am Hammerklavier ist überaus gewitzt und originell.

Baron Brikbrak und Nebucadnezar

In der Titelrolle brilliert einmal mehr die italienische Sopranistin Francesca Lombardi Mazzulli, die auch sonst schon oft in Schwetzingen gesungen hat. Alice Madeddu und Margherita Maria Sala singen Alcinas Dienerinnen – auch sie agieren sehr virtuos und geläufig in den Zierfiguren. Das komische Potenzial ihrer Rollen reizen Enrico Iviglio als Brunori, Kaelig Boché als La Rose, William Wallace als James und José Antonio Lopez als Don Lopes sehr effektvoll aus. Den deutschen Baron singt nicht minder pointiert Florian Götz, der in diesen Wochen wieder in Schwetzingen auf der Bühne im Rokokotheater steht, nämlich in der Titelrolle von Reinhard Keisers „Nebucadnezar“.

Detail des Covers.
Detail des Covers.
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