Speyer Ehemaliger Generalvikar Sturm bereut Wechsel zu Alt-Katholiken nicht

Andreas Sturm.
Andreas Sturm.

Für Experten war es ein Paukenschlag: Ein ranghoher Geistlicher tritt aus der katholischen Kirche aus - und einer anderen bei. Wie lebt Andreas Sturm einige Monate nach diesem drastischen Schritt?

Gut ein halbes Jahr nach seinem spektakulären Austritt aus der römisch-katholischen Kirche bereut der frühere Speyerer Generalvikar Andreas Sturm den Wechsel zur Altkatholischen Kirche nicht. „Ich bin sehr herzlich empfangen worden“, sagt der jetzige Pfarrer in Singen und Sauldorf (Kreis Konstanz) im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur. Er sehe aber am neuen Wirkungsort nicht sich und seine Geschichte im Zentrum. „Schwerpunkt ist, den Gemeindeaufbau voranzutreiben.“ Daneben führe er viele Gespräche mit Menschen, die unglücklich seien in der römisch-katholischen Kirche. „Da schenken mir viele ein unglaublich großes Vertrauen.“

Der damals ranghohe Geistliche Sturm hatte seinen Schritt im Frühjahr 2022 öffentlich gemacht und in einem Buch begründet („Ich muss raus aus dieser Kirche“). Er habe keine Zuversicht mehr in die Reformfähigkeit der römisch-katholischen Kirche, hatte der 48-Jährige betont und etwa auf die schleppende Aufarbeitung des Missbrauchsskandals, das lähmende Innenleben der Institution Kirche und die Sehnsucht nach einer Familie verwiesen. Sturms Entscheidung erschütterte damals das Bistum in der pfälzischen Domstadt Speyer.

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An seinen Gründen habe sich nichts geändert, sagt Sturm. „Die deutschen Bischöfe haben mehrfach betont, sie wollen gegenüber Rom mutiger sein. Aber wo kann ich diese Tapferkeit denn sehen?“ Stets werde auf das „Schreckgespenst Kirchenspaltung“ verwiesen. „Das will ich erstmal sehen. Ich glaube, wenn man nichts tut, will man es am Ende nicht. Die Vorschläge sind alles nur schöne bunte Luftballons.“ Die deutsche Kirche sollte „weg von ihrer passiver Haltung und nicht immer warten, bis Rom etwas erlaubt“, kritisiert Sturm.

Mehr Zeit für Seelsorge

Am Bodensee habe er mehr Zeit für Seelsorge als in Speyer, etwa für Hausbesuche. „Das schätze ich sehr. Man erfährt schnell, wo der Schuh drückt, das gefällt mir gut.“ Er kenne mittlerweile fast alle, mit denen er den Gottesdienst feiere. „Unsere kleine Kirche wirkt schon mit 30, 40 Menschen voll. Das sind natürlich andere Zahlen, als ich sie im Dom gewohnt war, aber auch ganz schön.“

Sturm vermisst den Dom

Er vermisse den Unesco-geschützten Dom in Speyer als „großes spirituelles Kraftzentrum“, räumt Sturm ein. „Das hat mich immer sehr fasziniert.“ Auch die enge Arbeit in Teams im Bistum fand er toll.

„Hier bin ich ein Stück weit Einzelkämpfer. Da fehlt mir ab und zu jemand, mit dem ich Dinge durchdiskutieren kann.“ Mit manchen Menschen in Speyer habe er weiter Kontakt. „Andere sind tief enttäuscht von meinem Schritt, das weiß ich. Ich kann nur hoffen, dass man mich nach der Lektüre des Buches besser versteht.“

Nach seinem Wechsel muss Sturm in Bonn ein Master-Studium der alt-katholischen Theologie absolvieren. Im Februar steht die erste Prüfungswoche an. „Es wird zwar viel anerkannt aus meiner Zeit in der römisch-katholischen Kirche, aber da werden noch einmal Dinge anders gesehen.“ Er lerne zum Beispiel viel über Judaismus und anglikanische und orthodoxe Kirchen. „Das hatte ich so vorher nicht.“ 2023 werde sein erstes ganzes Jahr in Singen. „Vor mir war der Posten hier elf Monate lang unbesetzt. Da gibt es viel aufzubauen.“

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