Speyer Die sagenhafte neue CD von Andreas Scholl

2019 in Speyer: Andreas Scholl singt in der Johannes-Passion.
2019 in Speyer: Andreas Scholl singt in der Johannes-Passion.

2019 sang der Altus Andreas Scholl, einer der Weltstars seiner Zunft, in Speyer mit der Dommusik in Bachs Johannes-Passion die beiden Alt-Arien. Am 23. und 24. März tut er das bei der besonderen Aufführung im Technik-Museum wieder. Gerade ist der Sänger zu Konzerten in Israel. Vor fünf Tagen ist seine neue CD erschienen, die ein spezielles Programm bietet und in die Jahreszeit passt.

Der aus Kiedrich im Rheingau stammende und heute wieder dort lebende Altus Andreas Scholl war schon einige Male bei Konzerten der Dommusik in Speyer, sonst singt er an großen Opernhäusern wie der Met in New York, in den großen Konzertsälen der Welt oder den Salzburger Festspielen. Am 23. und 24. März ist er wieder in der Domstadt – und wieder als Alt-Solist in der Johannes-Passion von Johann Sebastian Bach, diesmal in der Version mit Tanz im Technik-Museum. 2019 sang er schon einmal in Speyer die beiden Arien für diese Stimmlage: „Von den Stricken meiner Sünden“ im ersten Teil und die zentrale Arie mit der Kernaussage des Werks „Es ist vollbracht“ im zweiten Teil im Moment des Todes Jesu, wo es im triumphalen Mittelteil heißt „Der Held aus Juda siege mit Macht“. Vor fünf Jahren erklang zwar die zweite Fassung von 1725, doch die Alt-Arien sind in beiden Versionen gleich.

Die Alt-Partien in Bachs großen Vokalwerken werden oft aus Ausdruck der Tochter Zion oder der Gottesmutter Maria gedeutet (vor allem im Weihnachtsoratorium gibt es dafür Indizien). In der Johannes-Passion ist der nicht unbedingt so. Der Text der ersten Arie basiert auf Versen des Passionsoratoriums von Barthold Heinrich Brockes und ist dort ein Chor der Gläubigen Seelen. Eine solche äußert sich auch in der zweiten Arien beim Anblick des sterbenden Heilands.

Passend zur Passionszeit

Marianisch und sehr passend zur Passionszeit aber ist die Musik, die Andreas Scholl auf seiner brandneuen CD, die bei dem Label Naive erschienen ist, singt. Das Album hat den Titel „invocazioni mariane“ und den Untertitel „i molteplici ,affetti´ della vergine maria nella napoli barocca“. Gemeint ist damit die Kunst der vielfältigen Beschwörung der Gefühle der und für die Jungfrau Maria in der neapolitanischen Musik des Spätbarocks. Und die neapolitanische Schule war ja damals prägend für die Oper.

Und so stehen große Meister dieser Stilrichtung im Focus bei diesem höchst aparten Programm: Nicola Porpora, der als Lehrer und Komponisten Zeichen setzte, Leonardo Vinci, der geniale Komponisten von Opern wie „Alessandro nell’indie“ oder „Artaserse“, der früh vollendete Giovanni Battista Pergolesi und Pasquale Anfossi, der fast 30 Jahre vor Mozart geboren wurde und diesen doch um sechs Jahren überlebte. Hinzu kommt Vivaldis berühmtes Stabat mater, das einen Abstecher nach Venedig macht – und das Andreas Scholl auch schon mehrfach aufgenommen hat.

Verinnerlichter Ausdruck

Der Sänger begeistert auch in dieser neuen Aufnahme durch seinen glasklaren Ton und seine hochverfeinerte Stimmkultur, aber nicht minder durch seinen verinnerlichten Ausdruck und seine Kunst, durch die Reinheit des Vortrags die Affekte und Ausdrucksdimensionen der Musik aufs Schönste zu vermitteln.

Wie er im Booklet in einem Interview betont, war das auch exakt die Absicht von Andreas Scholl, der hier als hoch singenden Mann ja auch Arien der Maria singt, die damals von Kastraten vorgetragen wurden. In dem Gespräch mit Scholl und Alessandro Tampieri weisen beide mit Recht auf die besondere melodische Qualität der neapolitanischen Barockmusik hin. Und dafür stehen auf absolut berückende Weise die beiden Arien der Maria aus dem Oratorium zu vier Stimmen des unvergleichlichen Leonardo Vinci, der ein einzigartiger Melodienerfinder war.

Ensemble aus Ravenna

Andreas Scholl wird von der Accademia Bizantina, mit der schon lange zusammenarbeitet und schon einige CDs eingespielt hat, ganz vorzüglich begleitet. Deren Konzertmeister und Leiter Alessandro Tampieri ist auch ein virtuoser Solist in dem einzigen Violinkonzert von Pergolesi.

Es ist eine hinreißende Aufnahme, die natürlich die Vorfreude auf die beiden Speyerer Bach-Aufführungen spürbar zu steigern weiß.

Mit Speyer hat die Aufnahme in zweifacher Weise zu tun: durch das Salve Regina – hier in der schon in Richtung Galanter Stil führenden Vertonung durch Anfossi - und durch das Ensemble Accademia Bizantina. Das stammt aus der italienischen Partnerstadt von Speyer, aus Ravenna.

Info

Bach: Johannes-Passion, am Samstag, 23. März, 19 Uhr, Palmsonntag, 24. März, 16 Uhr, Raumfahrthalle des Technik-Museums Speyer. Mitglieder des Dance Theatre Heidelberg, Ivan Pérez, Choreographie, Benedikt Kristjánsson, Evangelist, Markus Flaig, Christus, Magdalene Harer, Sopran, Andreas Scholl, Altus, Fabian Kelly, Tenor, Klaus Mertens, Bass, KathedralJugendChor Speyer, Barockorchester „L’arpa festante“, Markus Melchiori, Leitung. Tickets erhältlich bei allen Reservix-Vorverkaufsstellen, auch in der Dom-Info Speyer.

Details des Covers der neuen CD von Andreas Scholl.
Details des Covers der neuen CD von Andreas Scholl.
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