Speyer Die Grazien und der Wein

Seit eineinhalb Jahren arbeitet der Speyerer Bildhauer Franz Müller-Steinfurth an seinem neuen Großprojekt. Nun ist der mächtige Bronzebrunnen für die Gemeinde Zornheim bei Mainz fast vollendet. Müller-Steinfurth hat sich von einem antiken Mythos inspirieren lassen – und von der der Geschichte des Bestimmungsorts.

„Ich glaube, dass der Brunnen die Blicke auf sich ziehen wird“, sagt Müller-Steinfurth. Gerade im Winter biete er auch ohne Wasserspiel einen bezaubernden Anblick. Der „Drei-Grazien-Brunnen“, so der Arbeitstitel, ist das jüngste Projekt des Bildhauers und der zwölfte Brunnen, den der Speyerer für den öffentlichen Raum gestaltet. Eine Kelter, also eine fassförmige Pressanlage für Obst, auf einem Sockel ist das Herzstück. Sie erinnert an einen großen Flechtwerkkorb, in dem ein Berg aus Trauben liegt. Die Eckpfosten sind als Weinstöcke gestaltet. In der Kelter treten drei lebensgroße Grazien Weintrauben zu Most. Sie sind ganz aus Bronze, ebenso wie die fünf Bacchantenköpfe, die auf Basaltsockeln um die Grazien gruppiert sind. Diese speien abwechselnd Wasser auf die Frauenfiguren. Auch die Grazien geben Fontänen ab. Aus der Kelter fließt Wasser auf die Trauben und durch das Flechtwerk, um dann über den Brunnentisch auf den Brunnenboden zu fallen und wieder dem unterirdischen Kreislauf zugeführt zu werden. Ein neckisches, sprudelndes Wasserspiel zu festen Zeiten sei das Ziel gewesen, sagt der Künstler. Pro Minute werden 1500 Liter Wasser aus unsichtbaren Röhren fließen. Seiner Erfahrung nach fasziniere und begeisterte insbesondere dieses Element die Menschen, sagt Müller-Steinfurth. Abends soll der knapp vier Meter hohe Brunnen beleuchtet werden. Noch ist er in Einzelteile zerlegt. Die Bacchantenköpfe lagern in Müller-Steinfurths Atelier in Speyer. Die Kelter mit den Grazien befindet sich noch in der Gießerei Paolini in Vicenza nahe Venedig. Seit 30 Jahren arbeitet Müller-Steinfurth mit der italienischen Gießerei zusammen. Dort wurde auch der Grazien-Brunnen mit Hilfe von drei Assistenten gegossen. In einigen Wochen aber werden alle Teile zum Lindenplatz der Gemeinde Zornheim bei Mainz transportiert. Für diesen Platz ist der Brunnen bestimmt. Zornheim, erzählt Müller-Steinfurth, habe römische Wurzeln und lebe auch vom Weinbau. Dass die drei Grazien Trauben treten, zitiert diese Tradition. Fünf Bacchanten und eine fünfeckige Kelter – das Pentagon spielt auf Zornheims fünf Weinbaulagen Mönchbäumchen, Pilgerweg, Dachgewann, Guldenmorgen und Vogelsang an. Der 1952 geborene Speyerer hat also nichts dem Zufall überlassen. Gestiftet hat den Brunnen der Unternehmer Peter E. Eckes. Zornheim ist sein Heimatort. Müller-Steinfurth hat sich in einem internen Auswahlverfahren durchgesetzt.

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