Speyer Keine Ruhe nach dem Sturm

„Keine Gefangenen“ (von links): Helmut Krumminga und Wolfgang Niedecken 2006 im Domgarten.
»Keine Gefangenen« (von links): Helmut Krumminga und Wolfgang Niedecken 2006 im Domgarten.

Gleich zwei denkwürdige Konzerte hat die Kölner Rockgruppe BAP im Laufe ihrer Karriere in Speyer gespielt, zu unterschiedlichen Anlässen: Am 24. Juni 1994 waren Bandgründer Wolfgang Niedecken und seine Kollegen beim Open-Air-Festival „Rock am Rhein“ auf dem Gelände des Technik-Museums zu Gast. Zwölf Jahre später sorgten sie im Domgarten für eines der Glanzlichter beim Rheinland-Pfalz-Tag.

Die Besonderheit des Ortes war dem BAP-Chef nicht verborgen geblieben, damals, an jenem Freitag im Frühsommer vor 24 Jahren. Also wies der 1951 geborene Kölner alle anderen auf und vor der Bühne darauf hin, warum denn dieses Open Air in Speyer ein besonderes sei: Immerhin befinde man sich ja außerhalb Kölns – und trotzdem in einer Domstadt, die am Rhein liegt. Dass selbst gestandene Rockmusiker sich manchmal irren können, erlebte Niedecken indes zwölf Jahre später: Am Nachmittag des 20. Mai 2006, dem Samstag in Speyers langem Rheinland-Pfalz-Tag-Wochenende, hatte der Musiker mit argwöhnischen Blicken gen Himmel nach eigenen Worten noch gedacht: „Das wird eine Riesenscheiße hier.“ Doch es kam anders, und zwar gründlich: Das schlechte Wetter beruhigte sich, und BAP spielten ein grandioses, zweieinhalbstündiges Konzert bis 1 Uhr nachts vor mehr als 10.000 Zuschauern. Niedecken und seine Mitstreiter ließen die seinerzeit 30-jährige Bandgeschichte Revue passieren – teils chronologisch, teils nach Themenblöcken geordnet. Da standen gleich zu Beginn drei Klassiker mit dem Troggs-Cover „Wahnsinn“, dem unverwüstlichen „Waschsalon“ und „Ahl Männer, aalglatt“. Passenderweise schloss sich ausgerechnet Niedeckens Komplimenten über den Speyerer Dom das älteste BAP-Stück überhaupt an: „Helfe kann dir keiner“. Nachdem die Kölner noch „’Ne schöne Jrooß“ von Dom zu Dom geschickt hatten, war es Zeit für die Solidarisierung in geteiltem Fußball-Leid: Niedecken sang im Gedenken an den damaligen Kaiserslauterer und Kölner Doppel-Abstieg „Nix wie bessher“ und den Mutmach-Reggae „Aff un zo“. Zwölf Jahre später könnte es bald wieder Zeit dafür sein. Musikalisch verließen die Rheinländer sich 2006 auf eine Mischung aus Solidem und einigen neuen Arrangements. Neben Niedecken dabei häufig im Mittelpunkt: Gitarrist Helmut Krumminga, der mit fulminanten Soli beeindruckte und die Gruppe 2014 verließ. „Kristallnaach“ und „Widderlich“ beschlossen das Konzert – theoretisch. Doch weil Niedecken und Co. sich so freuten, dass es doch noch geklappt hatte mit dem Wetter und weil es „so schön ist bei euch“, ging es noch lange weiter: mit „Jraduss“, „Verdamp lang her“ und „Maat et joot“. Doch das Beste, das kam tatsächlich ganz zuletzt: Als das eigentliche BAP-Programm gespielt war, packten Niedecken und Kollegen noch zwei Kracher „außer Konkurrenz“ obendrauf: David Bowies „Heroes“ und Bruce Springsteens „Hungry Heart“. Wie der Kölner in seinem „Logbuch“ auf der BAP-Internetseite erzählt, war er am Konzerttag schon vormittags mit der Bahn nach Mannheim gereist und zu einer für 14 Uhr anberaumten Signierstunde in der Buchhandlung Osiander eingetroffen. Wegen des Andrangs seien über zwei Stunden daraus geworden, „während sich draußen eine Sturmböe nach der nächsten mit Regengüssen abwechselt“. Weil für die Abendstunden sogar ein Unwetter bis zu Windstärke 9 angekündigt worden war, bauten die BAP-Techniker laut Niedecken im Laufe des Nachmittags die schon installierte Anlage noch einmal komplett ab, „damit nur ja nichts zu Bruch geht“. Der BAP-Sänger bedauernd: „Man will sich gar nicht vorstellen, was an einem amtlichen Sommersamstag in dieser altehrwürdigen Stadt los gewesen wäre, die sich mit enormer Vorfreude für dieses Wochenende herausgeputzt hat. Wir hätten es den Leuten wirklich gegönnt, ihren Rheinland-Pfalz-Tag so zu feiern, wie sie es sich gewünscht hatten.“ Doch am Ende, so der Kölner weiter, seien BAP vermutlich die einzigen gewesen, die sich nicht beschweren dürfen. Denn nach einem Sturm um 18 Uhr habe der Himmel dann doch noch aufgeklart. „So finden wir bei Showbeginn um 22.30 Uhr einen proppenvollen Domplatz vor“, schreibt Niedecken. „Wir rocken gut zwei Stunden nach dem Motto ,Keine Gefangenen’ ab, und ich denke, die Leute sind danach glücklich nach Hause gegangen.“ Kontakt —Jetzt sind Sie gefragt, liebe Leser: Waren Sie bei diesen Konzerten dabei? Verbinden Sie eine Erinnerung mit BAP? Und wer sollte Ihrer Meinung nach unbedingt einmal (oder vielleicht auch noch einmal) in Speyer auftreten? —Schreiben Sie uns doch mal unter der E-Mail-Adresse redspe@rheinpfalz.de unter dem Betreff „Rock’n’Roll“ oder auf Facebook. Die spannendsten Beiträge greifen wir im Laufe unserer Serie auf.

x