Speyer Geschöpfe aus dem digitalen Fleischwolf

Psychedelische Farbspiele: „Blister Tray 21“ (C-Print auf Leinwand) von Thomas Mann.
Psychedelische Farbspiele: »Blister Tray 21« (C-Print auf Leinwand) von Thomas Mann.

Unter dem Titel „Zauberwerk“ stellt der Speyerer Künstler und Grafikdesigner Thomas Mann ab heute 21 digital erstellte Motive zwischen Surrealismus und Abstraktion beim Künstlerbund aus. Jeder der gezeigten Farbdrucke ist ein Unikat.

Japanische Freunde im sozialen Netzwerk „Facebook“ finden Manns Bilder ziemlich interessant. Ob er von koreanischer Kunst beeinflusst sei, fragen sie den Digitalkünstler. Nein, das sei wohl eher ein Zufall, bekennt der 60-jährige Grafiker aus Speyer amüsiert. Seit über 30 Jahren beschäftigt sich der gebürtige Frankenthaler mit Bildbearbeitungsprogrammen. Er hat die Anfänge auf schwerfälligen Apple-Dinosauriern miterlebt und auch die rasante Entwicklung der immer raffinierteren digitalen Instrumente zur Veränderung der Wirklichkeit. Für Werbekunden musste Mann viele Jahre lang die Optik von Gegenständen den Ansprüchen der Warenwelt anpassen. Als freier Künstler dreht er diese Dinge lieber durch den digitalen Fleischwolf. So wird aus einem Damenfahrrad nach einem vielstufigen Bildbearbeitungsprozess eine leuchtend bunte Fantasy-Welt, in der sich zwei geschnäbelte Wesen einander zuwenden: „Begegnungszauber“ nennt Mann dieses im vergangenen Jahr entstandene Werk. Nicht zufällig erinnern die vogelartigen Geschöpfe an Bilder des Surrealisten Max Ernst. Mit dessen Vorliebe für Zufallstechniken kann Mann sich gut identifizieren. Er sieht sich mit seinen Bildern in der Tradition des Surrealismus, allerdings mit High-Tech-Mitteln. Seine Motive wählt er willkürlich aus der Bilderflut des Internets. Anschließend unterzieht er sie einem stunden- oder tagelangen Prozess der Veränderung und Verfremdung. Durch die Anwendung unzähliger Filter werden die ursprünglichen Gegenstände immer unkenntlicher. Andeutungen neuer Gestalten tauchen aus den Mustern und Strukturen auf und werden vom Künstler hervorgehoben. Welchen Welten die so entstandenen Wesen entspringen, erscheint dabei relativ egal: In „Voodoosonne“ entsteht eine Art Kampfroboter. „Kinotaurus“ könnte ein mythologisches Fabelwesen zeigen, und in „Nixenmuschel“ wirbelt ein kosmischer Perlmuttstrudel herum. Ganz ohne Schimären kommt die elfteilige Serie „Blister Tray“ aus, die den zweiten Teil der Ausstellung bildet. Dafür hat Mann leere Verpackungen von Tabletten oder Süßigkeiten mit dem Scanner abgelichtet und deren zellenartige Strukturen fantasievoll modifiziert. Aus den verdrehten, gedehnten oder schmelzenden Formen werden abstrakte Kompositionen mit psychedelischen Farbspielen. Besonders gern benutzt Mann die Verpackungen alkoholischer Nusspralinen, wie er freimütig zugibt. Ausstellung —Zu sehen beim Speyerer Künstlerbund vom 9. bis zum 18. März, samstags und sonntags, 14 bis 18 Uhr —Zur Eröffnung heute, 19 Uhr, spricht Günter Zink einführend.

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