Speyer Blitz, Donner und Details

Mal ganz was anderes: Beim Speyerer Rathauskonzert am Freitagabend haben sich die Jazzer Bernd „Lömsch“ Lehmann mit Saxofon und Klarinette, Matthias Debus, Bass, und Erwin Ditzner, Schlagzeug, der Leitmotive von Richard Wagners Opernwelt angenommen.

Der Ratssaal war voll, und so wie es aussah, war das Publikum gut gemischt aus neugierigen Opern-Fans und ebenso neugierigen Jazz-Enthusiasten. Man konnte sie übrigens gut auseinander halten: Die Jazz-Fans hielt es nach einiger Zeit nicht mehr ruhig auf den Stühlen, sie fingen an, im Takt zu wippen. Am Ende gab es begeisterten Beifall im Stehen; die „Gruppenzugehörigkeit“ war dabei nicht mehr auszumachen. Zu Beginn gab Debus eine kurze Einführung in die Technik der Wagner’schen Leitmotive und verlas vor jeder Sequenz die Verwendeten. Sie stammten alle aus „Ring der Nibelungen“ und waren auch im Programm abgedruckt. Lehmann spielte dann, vor allem in einer langen Sequenz am Anfang, die Motive solistisch mit der Klarinette durch – allein schon das eine große, schweißtreibende Leistung. Schließlich nahmen die drei gemeinsam die Melodien auseinander; sie demontierten sie, untersuchten, was sie daraus an Eigenem fortspinnen konnten, setzten sie verändert wieder zusammen oder gingen darüber hinaus. Die Naturschilderungen, fortgeführt mit den Mitteln des Jazz, waren deutlich zu erkennen: Blitz, Donner und Sturm. Es klang zwar oft nach spontaner Improvisation, war aber offensichtlich bis in die Details vorher festgelegt. Die Fantasie, die sie dabei einsetzten, war beträchtlich: Da war das, was Lehmann seiner Klarinette entlockte, die er auch mal auseinanderbaute und auf einem Teilstück blies. Da war das Spiel von Ditzner, der sein Schlagzeug als sehr differenziertes Musikinstrument einsetzte; da war auch mal ein indonesisches Gamelan-Instrument dabei, oder er ließ Töne langsam verklingen, indem er sie auf dem Oberschenkel spielte. Debus stand in puncto Differenziertheit nicht zurück, hielt aber vor allem zusammen – und sang. Nicht, dass er zum Wagner-Sänger mutierte – er fügte Töne ohne Worte hinzu.

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