Rhein-Pfalz Kreis „Zufrieden, aber ziemlich gestresst“

Zum 100-Tage-Bilanzgespräch mit der RHEINPFALZ kommt Michael Reith 20 Minuten verspätet in sein Lambsheimer Büro. Doch das ist nicht zu tadeln, zeigt es doch nur, wie beschäftigt er ist, seit er am 1. Juli sein Amt als Bürgermeister der neuen Verbandsgemeinde (VG) Lambsheim-Heßheim angetreten hat. „Ganz ehrlich?“, sagt er auf die Frage nach seiner gegenwärtigen Gemütsverfassung. „Ich bin zufrieden, aber ziemlich gestresst.“ Mit Stress meint der ehemalige Büroleiter der VG Heßheim nicht nur den Vollzug der Fusion auf Verwaltungsebene, sondern auch seine repräsentativen Aufgaben als Bürgermeister. So ist der Grund seines Zuspätkommens ein Gratulationstermin. Die neue Gebietskörperschaft hat rund 16.000 Einwohner, von denen jeder am 80. Geburtstag einen Besuch von einem Vertreter der Verbandsgemeinde erwarten darf, danach alle fünf Jahre und bei Überschreiten der 100-Jahre-Marke jährlich. Hinzu kommen Besuche bei Ehejubiläen. Das läppert sich für Michael Reith, auch wenn ihm die beiden VG-Beigeordneten helfen. Und dann sind da noch die vielen Antrittsbesuche: in benachbarten Rathäusern, in hiesigen Gemeinderäten und Ausschüssen, bei Verbänden und Vereinen. „Die Wochenenden sind alle verplant“, berichtet der 42-Jährige und bedauert, dass seine zwei Töchter seit dem Amtsantritt wenig von ihm sehen. Aber das soll sich ändern, wenn er alle kennen gelernt hat und alle anderen ihn kennen. „Dann muss ich über Freiräume nachdenken“, sagt er. Jetzt nimmt sich Michael Reith aber erst einmal Zeit für die Presse, die sich wundert, warum das ehemalige Amtszimmer des Lambsheimer Bürgermeisters so anders aussieht, obwohl die Möbel dieselben sind. „Ich habe den Schreibtisch anders gestellt, damit ich den Menschen, die hier eintreten, nicht den Rücken oder die Seite zukehre“, erklärt Reith. Das Zimmer ist frisch in Hellgrau gestrichen, eine Wand ist leuchtend rot. Das wirkt belebend und modern. Von Mittwoch bis Freitag arbeitet der Bürgermeister hier, am Sitz der neuen Verbandsgemeinde, die ersten beiden Tage der Woche ist er im Verwaltungsgebäude in Heßheim. Das Raumkonzept, also welche zusammengelegten Abteilungen an welchem der beiden Standorte sitzen, ist so gut wie umgesetzt. Anfang des nächsten Jahres werden laut Reith in beiden Verwaltungsstellen die Bürgerbüros umgebaut. Sie sind erste Anlauf- und Beratungsstelle für die Bürger und sollen von den Fachabteilungen räumlich abgegrenzt werden. „Dann können wir die Bürgerbüros durchgehend ohne Mittagspause betreiben“, kündigt Michael Reith an. Stolz ist der Bürgermeister, dass er mit dem Personalrat kürzlich flexible Arbeitszeiten vereinbaren konnte. Innerhalb eines Zeitrahmens von 6 bis 20 Uhr und innerhalb ihres Teams können die Verwaltungsmitarbeiter ihre Wochenarbeitszeit flexibel gestalten, Hauptsache jedes Sachgebiet ist immer besetzt. „Das fördert die Eigenverantwortung und die Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben“, ist Reith überzeugt. Ein äußeres Zeichen der vor mehr als drei Monaten Wirklichkeit gewordenen Fusion lässt immer noch auf sich warten: die neue Internetseite. Wer auf elektronischem Weg an die Verbandsgemeinde heran will, muss die Seite www.lambsheim.de oder www.vghessheim.de benutzen. Mitte Oktober soll der VG-Rat beschließen, dass der Firma Chamaeleon AG in Montabaur für rund 11.000 Euro der Auftrag für eine neue und einfacher zu gestaltende Homepage erteilt wird, berichtet Reith. „Die Seite soll ein Bürgerinformationssystem bekommen und eine Funktion, mit der Bürger Formulare herunterladen können.“ Auch der Veranstaltungskalender soll geändert werden. Nachträgliche Änderungen waren dort bislang nicht möglich. Das Klima im Verbandsgemeinderat bezeichnet der Bürgermeister als gut: „Es wird kontrovers diskutiert, aber man achtet sich gegenseitig. Das gemeinsame Ziel ist, die neue VG auf einen guten Weg zu bringen. Wir ziehen da alle an einem Strang.“ Nicht ganz reibungslos, das gibt Reith zu, verläuft die Wandlung der ehemals eigenständigen Gemeinde Lambsheim zur Ortsgemeinde. Es sei dort manchmal noch nicht ganz klar, welche Vorgänge die VG-Verwaltung als Dienstleister zu bearbeiten hat und welche Aufgaben die Ortsgemeinde selbst erledigen muss. Was das Zusammenrücken von Lambsheim und den fünf anderen Ortsgemeinden betrifft, ist Reith zuversichtlich. „Es zeichnet sich zum Beispiel ab, dass es einen gemeinsamen Seniorenbeirat geben wird.“ Offen ist dagegen, ob alle Dörfer bei der Jugendarbeit an einem Strang ziehen, das heißt von der VG beschäftigte Jugendpfleger in Anspruch nehmen wollen. Michael Reith wohnt nach wie vor in Frankenthal. „Wenn ich wieder ein paar Freiräume habe, wollen wir uns nach einem Baugrundstück in Lambsheim oder Beindersheim umschauen“, sagt er. „Angepeilt ist ein Umzug, wenn unsere jüngste Tochter aus der Grundschule kommt, also in vier Jahren.“

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