Rhein-Pfalz Kreis „Wir suchen Sie!“

Wer sich ehrenamtlich für Asylbewerber und Flüchtlinge in der Verbandsgemeinde (VG) Lambsheim-Heßheim engagieren möchte, ist zu einer Informationsveranstaltung am Donnerstag im Lambsheimer Bürgersaal (Rathaus) eingeladen. Die VG-Verwaltung, Vertreter des Rhein-Pfalz-Kreises und der Lambsheimer Initiativkreis für Flüchtlinge berichten über die aktuelle Situation bei der Unterbringung von Migranten und darüber, wie ehrenamtliche Hilfe aussehen könnte.

Im Vordergrund des Infoabends stehen die Flüchtlinge in Lambsheim, weil es dort schon bürgerschaftliches Engagement gibt. Aber auch in Beindersheim und Großniedesheim sind Asylsuchende untergebracht, und dort sollen ebenfalls Helferkreise aufgebaut werden. Denn wie am 2. Januar berichtet, erwartet der Rhein-Pfalz-Kreis in diesem Jahr die Ankunft von 500 weiteren Flüchtlingen, die in den Kreisgemeinden untergebracht werden müssen. Ihnen nur ein Dach über dem Kopf und Lebensunterhalt zu geben, reicht nicht. Menschen, die aus Krisen- und Kriegsgebieten nach Deutschland kommen, ihr Hab und Gut und zum Teil ihre Familien verloren oder zurückgelassen haben, brauchen auch anderweitige Unterstützung, um sich im fremden Land, dessen Sprache sie nicht sprechen, zurechtzufinden. Darum geht es bei der ehrenamtlichen Hilfe, die in der VG Lambsheim-Heßheim aufgebaut werden soll. Ulrich Geibel aus Lambsheim hat schon aufgrund seiner Tätigkeit als Allgemeinmediziner viel Kontakt und Erfahrung mit der Situation von Flüchtlingen und engagiert sich im Lambsheimer Initiativkreis. Ein typisches Problem, sagt er, sei die Koordinierung einer fachärztlichen Behandlung. Wenn er einen kranken Flüchtling zu einem Spezialisten überweisen müsse, benötige der Kollege einen korrekt von der Kommunalverwaltung ausgefüllten Krankenschein, in dem schon der vereinbarte Termin mit dem Facharzt angegeben sein müsse. Das könne der Kranke ohne Sprachkenntnisse weder verstehen noch selbst organisieren. Ganz zu schweigen davon, dass der auswärtige Arzttermin ohne Ortskenntnisse und ohne Wissen über das hiesige Gesundheitssystem oder was der Facharzt diagnostiziert, bewältigt werden muss. Ob auf Deutsch verfasste Hausordnungen und plötzlich auftretende Mängel in der Unterkunft, die Anmeldung von Flüchtlingskindern in Kindergarten oder Schule, die Geheimnisse des öffentlichen Personennahverkehrs oder die Regeln des Zusammenlebens in Deutschland: Die meisten Flüchtlinge haben es schwer, sich in der neuen Heimat zurechtzufinden. Hinzu kommt die Untätigkeit. Flüchtlinge bekommen in der Regel eine Duldung, mit der die Abschiebung für einen bestimmten Zeitraum ausgesetzt wird. Das bedeutet auch: Ein Jahr lang dürfen sie nicht arbeiten. Anspruch auf Deutschunterricht haben die Neuankömmlinge „mit unsicherem Status“, wie es behördlich heißt, ebenfalls nicht. „Daher suchen wir Sie!“, heißt es in einem Aufruf der VG-Verwaltung. Wer etwas Zeit übrig hat und vielleicht auch besondere Kompetenzen und Interessen, kann sich im Anschluss an den Infoabend, bei dem die Handlungsmöglichkeiten noch genauer definiert werden, registrieren lassen. Inzwischen habe sich im Lambsheimer Arbeitskreis jemand gefunden, der die Koordination der ehrenamtlichen Aufgaben und Ressourcen übernehmen wird, berichtet Verbandsbürgermeister Michael Reith (SPD). Diese Person werde künftig in engem Kontakt mit Benedikt Keck von der Verwaltung stehen, bei dem sich interessierte Bürger ebenfalls melden können (Telefon 06233 7707-54). Reith ist zuversichtlich, dass sich genügend motivierte Helfer finden lassen und nennt als positives Beispiel eine Lambsheimerin, die in Frankenthal Deutschkurse gibt und das auch für Flüchtlinge in ihrem Heimatort tun würde. Auch in Beindersheim und Großniedesheim hätten sich schon Bürger gemeldet. Der Bürgermeister ist außerdem froh, dass allen Lambsheimer Flüchtlingsunterkünften freiwillige „Objektbetreuer“ zugewiesen werden konnten. Sie sollen in den Zimmern, Wohnungen und Containern regelmäßig nach dem Rechten sehen und etwaige Mängel, Probleme oder Anliegen der Bewohner an die Verwaltung weiterleiten. Es würden aber weitere Personen zur Unterstützung dieser Objektbetreuer gebraucht, so Reith. Das hält auch Ulrich Geibel für wünschenswert. Er freut sich darüber, dass die Helferin vom Kinderschutzbund einen Raum für eine Kleiderkammer gefunden hat. „Jetzt lautet die Frage: Wer kann die Kleiderkammer betreuen?“ Geibel hält es für wichtig, dass die Asylsuchenden nicht nur praktische Hilfe bekommen, die Ehrenamtlichen sollten auch Zeit für persönliche Gespräche haben. Die dienten schließlich auch der Integration und der Sprachförderung. „Der Wunsch, Deutsch zu lernen, ist bei den Flüchtlingen sehr groß“, sagt der Arzt. Und im Hinblick auf die Männer aus Afrika, die seit über einem Jahr auf dem ehemaligen Freibadgelände wohnen, meint Geibel: „Die wollen endlich raus aus den Containern.“ Der Lambsheimer gibt allerdings ein gewisses Frustpotenzial zu bedenken, auf das sich Helfer einstellen sollten. Persönliche Bindungen zwischen Migranten und Einheimischen könnten zum Beispiel plötzlich zerreißen, wenn die Flüchtlinge von der Kreisverwaltung wegen einer besser geeigneten Unterkunft kurzfristig in eine andere Gemeinde gebracht würden. (ww)

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