Rhein-Pfalz Kreis Schüler schicken Stecklinge ins Weltall

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Limburgerhof. Ein wenig ungläubig haben ihre Freunde schon reagiert, als sie erfuhren, woran die drei Schüler arbeiten. „Aber die meisten von ihnen fanden es cool!“, sagt Maria Koch. Die 18-Jährige besucht gemeinsam mit Raphael Schilling (19) und David Geray (19) das Agrarwissenschaftliche Gymnasium der Edith-Stein-Schule in Ravensburg. In einer Labor-AG in der elften Klasse befassten sie sich mit der vegetativen Vermehrung von Pflanzen – also mit der ungeschlechtlichen Vermehrung, die bei manchen Pflanzen durch Zellteilung möglich ist. „Wir wollten an etwas arbeiten, das innovativ und kaum erforscht ist“, erklärt Geray. Durch den persönlichen Kontakt zu einem Airbus-Mitarbeiter kam den Schülern die Idee zum Projekt: „Wir haben uns gefragt: Entwickeln Stecklinge Wurzeln, wenn sie nicht wissen, wo oben und unten ist? Und wenn ja, wie tun sie das?“, fasst Koch den Versuch zusammen. Aus diesem Grundgedanken entwickelte sich das Projekt, das die drei nun im BASF-Agrarzentrum in Limburgerhof mehr oder minder „reisefertig“ gemacht haben. Denn um es fertigzustellen, müssen die Pflanzen ins Weltall geschickt werden. Aus dem Grund haben die Schüler acht Stecklinge in Agar, eine Art Gelatine, gebettet, die für Feuchtigkeitszufuhr und Stabilität sorgt. So sollen die Pflanzen zur ISS geschickt werden. Nach 30 Tagen geht es zurück zur Erde, wo die Ergebnisse ausgewertet und mit denen einer Kontrollgruppe verglichen werden sollen. „Jedes Ergebnis ist ein gutes Ergebnis – unabhängig davon, ob die Pflanzen Wurzeln entwickeln oder nicht“, erläutert Schilling. „Schlagen sie Wurzeln, können wir die Ursache dafür untersuchen, schlagen sie keine, ebenfalls.“ Das große Ziel ihrer Forschung ist es, dass sich Astronauten eines Tages auf langen Missionen selbst mit Lebensmitteln versorgen können. Der Weg von der Idee bis zur Umsetzung war allerdings steinig. „Wir arbeiten seit Frühjahr 2014 an dem Projekt“, erzählt Schilling. „Als erstes mussten wir eine Versuchspflanze finden, die klein genug ist, um in die Plexiglasbox zu passen, die mit auf die Raumstation soll.“ Dann mussten sie herausfinden, wie diese vermehrt werden kann – und haben dazu viele Versuche gemacht. Das alles sei jedoch nicht der schwierigste Teil der Forschung gewesen. 40.000 Euro benötigten die Schüler, um die Kosten für die benötigte Hardware und die Unterstützung von Instituten in Amerika zu decken. „Am Anfang war ungewiss, ob wir unseren Versuch überhaupt ins Weltall kriegen. Für die Forschung haben wir schließlich ziemlich viel Geld gebraucht“, erzählt Schilling. „Doch letztlich haben wir es über Crowdfunding zusammenbekommen.“ Crowdfunding nennt man die Finanzierung über Internetplattformen, bei denen Nutzer für Projekte, die sie unterstützen wollen, spenden können. Außerdem baten die drei Schüler verschiedene Firmen um Unterstützung – unter anderem die Nasa, die sie als erste deutsche Gruppe in ihr Schülerprojektprogramm aufnahm, sowie das BASF-Agrarzentrum. „Als ich das erste Mal von diesem Projekt gehört habe, war ich sofort Feuer und Flamme“, berichtet Sebastian Rohrer von der Abteilung Early Fungicide Biology. Es sei ein riesiger Schritt von der Schule ins Labor, genauer gesagt: zur Raumstation. Rohrer hat gefallen, dass die Schüler nicht nur eine gute Idee, sondern auch einen Plan für die Umsetzung und Finanzierung hatten. Das Agrarzentrum unterstütze das Projekt nun finanziell und stelle den Schülern Labore zur Verfügung, um Versuche durchzuführen, die aufgrund von fehlender Infrastruktur und hohen Sicherheitsauflagen im Schullabor unmöglich wären. Mit der Unterstützung des Projekts kann die BASF zwar kein Geld verdienen, doch Rohrer sagt: „Wir profitieren von der Zusammenarbeit mit den jungen Wissenschaftlern.“ Darüber hinaus kann er sich vorstellen, dass Landwirtschaft im Weltall – sogenanntes Space Farming – in Zukunft eine Rolle spielen wird, und „da wollen wir mit unseren Fungiziden dabei sein“. Fungizide sind Pflanzenschutzmittel, die vor dem Befall von Pilzen schützen. Auch die Stecklinge, die zur ISS fliegen – ungenießbare Ficusse – werden mit einem Fungizid behandelt, um eine Ergebnisverfälschung durch Pilzbefall auszuschließen. Am 11. November geht die Reise der Stecklinge zur Raumstation ISS los. Den Versuch bereiten die Schüler dann persönlich vor. Dazu müssen sie allerdings gemeinsam mit ihrer Lehrerin zur Cape Canaveral Air Force Station in Florida. Für den Trip fehlen noch 15.000 Euro – doch die Schüler sind zuversichtlich, dass sie auch diese letzte Hürde nehmen werden. Spendenkonto Stichwort „V3PO“, Konto der Förderer der Edith-Stein-Schule bei der Kreissparkasse Ravensburg, IBAN: DE92 6505 0110 0048 7639 14.

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