Rhein-Pfalz Kreis Nach wie vor dicke Luft

Zu den am meisten von Feinstaub belasteten Städten zählen auch Mannheim und Ludwigshafen. Kommen dort Fahrverbote, würden diese
Zu den am meisten von Feinstaub belasteten Städten zählen auch Mannheim und Ludwigshafen. Kommen dort Fahrverbote, würden diese vor allem auch Berufspendler aus dem Rhein-Pfalz-Kreis treffen.

«Ludwigshafen.» Abgasmanipulationen, Fahrverbote und nicht enden wollende Diskussionen: Kaum ein Thema hat die Menschen 2018 derart beschäftigt wie der Diesel-Skandal. Die Autofahrer stehen noch immer im Dunkeln, denn konkrete Lösungen für das Problem gibt es keine. Kommen Nachrüstungen? Oder müssen bald auch junge Diesel verschrottet werden? Es gibt also genügend Gründe, weiter an dem Thema dran zu bleiben. Gesagt, getan. Doch den Autohändlern im Rhein-Pfalz-Kreis hat der Skandal offenbar ordentlich auf den Magen geschlagen. So sehr, dass viele das Thema satt haben, wie die Reaktionen auf unsere Anfragen zeigen. Denn zum Jahreswechsel wollten wir nicht nur wissen, wie die Kunden auf das Thema reagieren und was die Autoindustrie tun muss, sondern etwa auch, wie sehr die Händler selbst vom Dieselskandal betroffen sind. Ist der Absatz zurückgegangen? Welche Auswirkungen hat die Diskussion auf den Gebrauchtwagenmarkt? Und fühlen sie sich von den Herstellern im Stich gelassen? Der Fragenkatalog war umfangreich. Ausführliche Antworten von den acht kontaktierten Autohändlern blieben leider aus. Sie könne „das Thema kaum noch hören“, schreibt etwa die Geschäftsleiterin eines Neuhofener Autohauses. Nach anfänglicher Antwortbereitschaft hat sich ein Mutterstadter Händler „nach Rücksprache mit unserem Hersteller“ entschieden, „keine Stellungnahme bezüglich des Diesel-Skandals“ abzugeben. Wer nicht per E-Mail abgesagt hat, rief verärgert in der Redaktion an oder reagierte gar nicht. Es ist davon auszugehen, dass Autohändler ebenso wie Dieselfahrer nichts gegen schnelle Lösungen hätten. Das Thema auszuschweigen, ist aber vermutlich der falsche Weg, um bald mal wieder richtig durchatmen zu können. Denn die dicke Luft strapaziert nicht nur das Nervenkostüm, sondern belastet auch die Gesundheit. Und das nicht zu gering. Nach Angaben der Europäischen Umweltagentur starben 2015 in Europa rund 422.000 Menschen vorzeitig wegen der Feinstaubbelastung. Schuld daran ist nicht nur, aber eben zu einem großen Teil der Verkehr: Laut dem Umweltbundesamt (UBA) verursacht dieser rund 60 Prozent der Stickstoffdioxid-Belastung (NO2), 72,5 Prozent davon gehen auf Diesel-Pkw zurück. Zudem wurde nach Angaben des UBA 2017 in 65 Städten der von der EU festgesetzte Grenzwert von 40 Mikrogramm Stickstoffdioxid pro Kubikmeter Luft überschritten. Zu den am meisten belasteten Städten zählen auch Mannheim (45 Mikrogramm NO2/Kubikmeter) und Ludwigshafen (44). In Hamburg oder Stuttgart wurden beispielsweise bereits Fahrverbote eingeführt. Im Rhein-Pfalz-Kreis wird es vermutlich keine geben. Dennoch bleibt auch die Landbevölkerung nicht unberührt. Schließlich gibt es viele Berufspendler im Kreis, die etwa nach Mannheim oder Ludwigshafen fahren. Und die verschmutzte Luft macht auch nicht an den Stadtgrenzen Halt. Der Ruf nach strengeren Vorgaben und Kontrollen für die Autoindustrie ist also nicht unberechtigt. Auch Nachrüstungen von Dieselautos sollten eine Rolle spielen. Denn es kann nicht sein, dass wenige Jahre alte Autos verschrottet und Kunden zum Kauf eines Neuwagens „gezwungen“ werden. Schließlich verursacht jedes produzierte Auto nicht nur Kosten, sondern verbraucht auch Ressourcen. Klar ist aber auch, dass nicht nur gegenüber der Autoindustrie der Zeigefinger gehoben werden muss. Denn auch andere Industriezweige verschmutzen die Luft. Ebenso wie Feuerwerksfreunde: Allein in der Silvesternacht werden laut dem UBA in Deutschland rund 4500 Tonnen Feinstaub freigesetzt. Das entspricht in etwa 15,5 Prozent der jährlich im Straßenverkehr abgegebenen Menge. Dass dringend Handlungsbedarf besteht, um die Gesundheit der Menschen nicht noch weiter zu belasten, ist also nicht zu leugnen. Neben Nachrüstungen und strengeren Regelungen für die Autoindustrie muss auch der Öffentliche Nahverkehr attraktiver werden – über Preissenkungen, einen Netzausbau sowie eine höhere Taktung. Denn nur dann kann auch die Luft im Streit um das Dauerthema Diesel wieder rein werden.

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