Römerberg/Pazarcik Mit Spenden aus der Pfalz Erdbebenopfern vor Ort geholfen

Spielende Kinder vor Notzelten: Die Menschen im Süden der Türkei machen das Beste aus ihrer Situation.
Spielende Kinder vor Notzelten: Die Menschen im Süden der Türkei machen das Beste aus ihrer Situation.

Döner-Imbiss-Besitzer Mamili Kandil und Römerbergs Ortsbürgermeister Matthias Hoffmann waren im türkischen Erdbebengebiet unterwegs.

Nach der Ankunft in der Zwei-Millionen-Metropole Gaziantep war Römerbergs Grünen-Ortsbürgermeister Matthias Hoffmann erst einmal überrascht. „Dort herrscht ganz normales Leben. Ich habe mir die Zerstörung flächiger vorgestellt“, sagt er. Die Großstadt sei nahezu vollständig intakt gewesen. Im rund 60 Kilometer entfernten Pazarcik und dem unweit dieser Stadt gelegenen Heimatdorf von Mamili Kandil relativierte sich dieser erste Eindruck schnell, denn dort, wo die Erdplatten aufeinanderstoßen, ist die Verwüstung umso größer. Bei der Ankunft am Abend in Pazarcik wirkte die Siedlung wie eine Geisterstadt auf die Besucher aus Deutschland. Selbst die Häuser, die bei dem heftigsten Erdbeben in der Region seit 900 Jahren stehen geblieben sind, waren meist unbewohnt, weil die Menschen befürchten, dass sie noch einstürzen könnten.

Zerstörtes Gebäude: So sieht es an vielen Stellen der Region aus.
Zerstörtes Gebäude: So sieht es an vielen Stellen der Region aus.

„Vielen war wichtig, ihre Erlebnisse mitzuteilen“, berichtet Hoffmann. Als die Erde um kurz nach 4 Uhr morgens bebte, seien blaue Blitze – sogenannte Erdbebenlichter – zu sehen gewesen, die Menschen seien in ihren Wohnungen gegen die Wände geschleudert worden. In kürzester Zeit waren unzählige Häuser zerstört – unter anderem eine ehemalige Mühle von Mamili Kandils Tante. Die meisten Menschen seien seitdem in beheizbaren Zelten untergebracht, die verschiedene Organisationen errichtet haben. „Überall riecht es nach Bauschutt. Abends hatten wir die Nasen voller Staub und die Augen haben getränt“, erzählt Hoffmann.

Kein Geld verteilt

Für Mamili Kandil, seinen Cousin Ibo aus Neustadt und den Römerberger Bürgermeister stellte sich die Frage, wie sie mit den Spenden aus Deutschland vor Ort am besten helfen können. Den Gedanken, einfach Geld in den Zeltstädten zu verteilen, verwarfen die Besucher aus Deutschland schnell. „Uns war zugetragen worden, dass schon Geld von Staatsbediensteten einkassiert wurde, wenn sie gesehen haben, dass es verteilt wird“, berichtet Hoffmann. Mamili Kandil erzählt, dass auch Hilfsgüter, die die Kurdenpartei HDP organisiert hatte, beschlagnahmt wurden. Kandil, der neun Angehörige bei dem Erdbeben verloren hat, gehört selbst der kurdischen Volksgruppe an. Mamili ist sein kurdischer Name. Im Pass stehe Mehmet, da die Regierung auf türkischen Namen im Ausweis bestehe.

Das Geld, das es zu verteilen galt und das die Gruppe in bar mit in die Türkei gebracht hatte, stammte zum Großteil aus Römerberg und zu einem kleineren Teil aus Neustadt. Rund die Hälfte waren Einnahmen aus dem Sonder-Dönerverkauf, den Mamili Kandil kurz nach dem Erdbeben auf die Beine gestellt hatte. Weitere gut 5000 Euro stammen aus der in seinem Imbiss aufgestellten Spendenbox. Nach einem RHEINPFALZ-Bericht über die Hilfsaktion, hat sich laut Hoffmann zudem ein Römerberger Ehepaar gemeldet, das beruflich etliche Jahre in der Türkei verbracht hatte. Es erklärte sich spontan bereit weitere 5000 Euro zu überweisen und die Gesamtspendensumme so auf rund 25.000 Euro zu erhöhen. Ihre Reisekosten haben die Kandils und Hoffmann übrigens selbst finanziert.

Woncontainer: Werden mit Römerberger Spendengeld gekauft.
Woncontainer: Werden mit Römerberger Spendengeld gekauft.

Mit 400 Euro der Spenden beschloss die Gruppe, 800 Portionen Frühstück für Erdbebenopfer in einer Zeltstadt zu finanzieren. Mit der restlichen Summe werden nun Wohncontainer, die eine Firma vor Ort zusammenbaut, für besonders bedürftige Menschen angeschafft. 5000 Euro kostet ein solcher Container, der 21 Quadratmeter Wohnfläche mit WC, Dusche und kleiner Küche bietet. Aber wer sollte die gekauften Container, auf denen ein Schild mit Römerberger Wappen darauf hinweist, das sie von Bürgern der pfälzischen Gemeinde gespendet wurden, letztlich bekommen? „Helfen ist nicht so einfach. Da kann plötzlich Neid entstehen“, sagt Hoffmann. „Deshalb haben wir das jeweils die Dorfgemeinschaft selbst entscheiden lassen.“

Erster Container geliefert

Die erste Familie, die ihren mit Römerberger Spenden finanzierten Container bereits bekommen hat, stammt aus Mamili Kandils Heimatdorf Damlatas, in dem zirka 200 Menschen leben: Mustafa – Vater von drei Kinder – hatte es auch schon vor dem Erdbeben schwer, da er bei einem Arbeitsunfall sein Bein verloren hat. Beim Erdbeben vor wenigen Wochen hatte er noch den Verlust seiner Wohnung zu beklagen. Zwei weitere Container werden in diesen Tagen in das Dörfchen Kuyumcular etliche Kilometer weiter westlich geliefert. Ein Ehepaar mit drei Kindern musste dort bislang in einem notdürftig aus blauen Planen errichteten Zelt hausen. Auch eine zweite Familie mit zwei Kindern aus demselben Ort soll einen Container bekommen. Ein vierter Wohncontainer, der mit Geld aus Römerberg gekauft wurde, geht in ein weiteres Dorf – diesmal an ein älteres Ehepaar. Wer einen fünften Container bekommt, ist noch offen.

Bekommen den ersten Wohcontainer: Mustafa (Zweiter von links) und seine Frau. Rechts Matthias Hoffmann, daneben Mamili Kandil.
Bekommen den ersten Wohcontainer: Mustafa (Zweiter von links) und seine Frau. Rechts Matthias Hoffmann, daneben Mamili Kandil.

Dass die Hilfe auch tatsächlich bei den bedürftigen Menschen ankommt, dafür sorgt Ahmet, ein Verwandter von Mamili Kandil, der den Römerberger auch mit Videos von der Anlieferung der Container versorgt. „Ich vertraue Ahmet. Wir haben schon lange Kontakt“, sagt Kandil. Und Hilfe aus Deutschland soll es weiter geben, wenn die Menschen aus dem Speyerer Umland weiterhin spenden. Die ersten 15 Euro hat Mamili Kandil, der den Römerbergern sehr dankbar ist, von Kunden seines Döner-Imbiss direkt nach seiner Rückkehr jedenfalls schon wieder bekommen.

Spenden

Der Verein Süd-West-Sonne für die Ukraine hat ein Spendenkonto eingerichtet. Bankverbindung: Süd-West Sonne für die Ukraine e.V., Volksbank Kur-und Rheinpfalz, Iban: DE57 5479 0000 0001 6772 68, BIC: GENODE61SPE, Verwendungszweck: Erdbebenhilfe Türkei. Für Spendenquittung Name und Anschrift im Verwendungszweck eintragen. Auch im Mamili-Döner-Imbiss in der Heiligensteiner Straße in Römerberg können weiterhin Geldspenden abgegeben werden.

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