Rhein-Pfalz Kreis Für Kinder in den Slums

Alljährlich fahren Mitte Januar die Pfadfinder vom Stamm St. Laurentius der Deutschen Pfadfinderschaft St. Georg durch Bobenheim-Roxheim und Kleinniedesheim, um für den guten Zweck ausgediente Weihnachtsbäume zu entsorgen. Wir haben die jungen Leute am Samstag begleitet.

Einige der rund 40 Pfadfinder unterschiedlichen Alters, die sich gegen 9 Uhr vor dem Bobenheim-Roxheimer Rathaus versammelt haben, wirken noch recht müde. Für die bevorstehende Aktion haben sich alle optimal eingekleidet, am wichtigsten sind die Arbeitshandschuhe. Wegen der Tannenbaumnadeln. Die Stimmung ist trotz der frühen Stunde gut, es wird viel gelacht. Bald treffen Landwirte ein, die ihre Arbeitskraft, Traktoren und Anhänger für die Aktion zur Verfügung stellen. Seit vielen Jahren fährt Erich Knies mit. „Man hilft, wo man kann“, sagt der 81-jährige Bobenheimer, dessen Enkelin Lea Mitglied des Stamms St. Laurentius ist. Die 13-Jährige ist seit ihrem sechsten Lebensjahr Pfadfinderin. „Es macht eigentlich immer viel Spaß“, sagt sie. „Man kennt sich, deshalb wird es nie langweilig.“ Nachdem sich alle zum Gruppenfoto versammelt haben, steigen die vier Gruppen in die Anhänger und tuckern in den Teil des Orts, für den sie zuständig sind. Eine fünfte Gruppe ist in Kleinniedesheim unterwegs. Diejenigen, die sich auf den Weg in die südlichen Wohngegenden Roxheims aufmachen, halten sich an den Wänden des wackelnden Anhängers fest, als der orangefarbene Renault-Traktor sie über die L 523 fährt, um schließlich in die Gerhart-Hauptmann-Straße einzubiegen. Der Himmel ist bewölkt, der kalte Wind beißt in die Haut. Es regnet nicht mehr, aber die großen Räder des Traktors schleudern Wasser von den nassen Straßen auf die Passagiere. Entlang der zugeteilten Strecke steigen einige Pfadfinder ab und reichen ihren Freunden die Weihnachtsbäume herauf, die die Roxheimer auf der Straße deponiert haben. Mal sind Tüten mit Geldspenden von bis zu 20 Euro an die Äste gebunden, mal kleine Zettel, die die Einsammler zum Klingeln an der Haustür auffordern, um ihre Spende entgegenzunehmen. Mitgenommen werden aber alle traurigen Tannen, ob mit oder ohne Spende. „Etwa 60 Prozent der Leute, die ihre Bäume rausstellen, hängen auch etwas dran“, sagt Fabian Nagel aus Roxheim. Der 30-jährige Ingenieur ist seit 24 Jahren Pfadfinder, war schon Gruppenleiter und im Bezirksvorstand. „Manchmal sind bis zu 20 Euro in den Umschlägen“, sagt er. „Es kommt aber auch vor, dass das Geld von den Bäumen geklaut wird, bevor wir bei ihnen ankommen.“ Das gesammelte Geld fließt in ein Hilfsprojekt in Kenia. Seit 19 Jahren unterstützt der Stamm eine Missionsstation in Nairobi, die Kindern aus den umliegenden Slums warme Mahlzeiten und Bildungsmöglichkeiten gibt. Neben der Christbaumsammlung sind der Stammestag, Bastelaktionen und der Glühweinverkauf in der Adventszeit Haupteinnahmequellen für die Pfadfinder. Insgesamt sind so bisher fast 145.000 Euro für das Patenprojekt zusammengekommen. Die Truppe um Fabian Nagel hat sich mittlerweile nach Norden vorgearbeitet, und langsam wird es eng im Anhänger, auf dem sich die alten Christbäume stapeln. Zum Abladen im Betriebshof soll es aber noch nicht gehen. Die Bäume werden mit den Füßen platt gedrückt, um mehr Platz zu schaffen. „Die Sammelaktion wird gut angenommen“, sagt Nagel. So lobt die 68-jährige Ruth Minx das Engagement der Pfadfinder. „Jedes Jahr lassen wir sie unseren Baum mitnehmen, auch wenn er dafür eine Weile bei uns liegt“, sagt sie. „Weil das einem guten Zweck dient, macht uns das nichts aus.“ Nach dreieinhalb Stunden ist der letzte Baum zum Betriebshof gefahren worden, und die Pfadfinder lassen die Aktion mit Erbsensuppe im Pfarrheim Bobenheim ausklingen. Die Mahlzeit haben sie sich verdient: 1250 Bäume waren es am Samstag und 2800 Euro an Spenden. „Diesmal sah es nicht danach aus, als sei Geld von den Bäumen geklaut worden“, freut sich Fabian Nagel. (mnx)

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