Rhein-Pfalz Kreis Deich: Emotionen kochen hoch

OTTERSTADT. 100.000 Euro hat die Ortsgemeinde Otterstadt in den Haushaltsplan für 2015 eingestellt, um rechtlich gegen den geplanten Neubau eines Deiches vorzugehen. Bei der Erörterung der Einwände, die Landwirte, Behörden und die Gemeinde gegen das Projekt vorgebracht haben, ging es gestern im Remigiushaus hoch her. Otterstadt will den Deichbau in dieser Form nicht.

Der Plan:

Der zu Otterstadt gehörende Teil des Rheinhauptdeichs zwischen der Straßenkreuzung Reffenthal und der Kollerstraße muss erhöht und verstärkt werden. Aber: Weil das Gras auf dem Deich geschützt ist, darf man den Deich nicht einfach höher bauen, sagt die Struktur- und Genehmigungsdirektion (SGD) Süd in Neustadt. Deswegen soll nur ein Teilstück des vorhandenen Deichs ausgebaut werden – ab der Kreuzung Reffenthal. Außerdem wird ein neuer Deich parallel zu dem jetzt bestehenden Wiesenweg neu gebaut. Dieser Neubau soll bei der Kollerstraße wieder auf den bestehenden Deich münden. Fünf Hektar Land werden dafür benötigt, die Hälfte davon ist Ackerland von Otterstadter Landwirten. Von der Fläche der Campingplätze werden rund 1000 Quadratmeter Grund benötigt. Der neue Deich wird 650 Meter lang, rund 30 Meter breit und drei Meter hoch sein. Der alte Deich bleibt. Zwischen ihm und dem neuen werden einige Ackerflächen eingeschlossen. Die Situation: Der Deichbau steht kurz vor der Genehmigung. Die Neubaugruppe Hochwasserschutz Speyer der Struktur- und Genehmigungsbehörde (SGD) Süd hat einen Antrag auf einen Planfeststellungsbeschluss, also die Genehmigung des Deichbaus, gestellt. Bürger, Behörden und die Gemeinde konnten Einwendungen dagegen vorbringen. Über die Genehmigung muss wiederum eine andere Abteilung der SGD Süd entscheiden. Gestern haben sich alle Beteiligten in Otterstadt getroffen, um die Einwände zu erörtern. Die Ortsgemeinde hat dabei gleich zwei Rechtsanwälte aus der Kanzlei Baumann aus Würzburg ins Rennen geschickt. Diese Kanzlei hat Altrip im Polderstreit vertreten. Die SGD war mit ihren Fachleuten im Remigiushaus. Schlagabtausch: Der Termin war in erster Linie geprägt von einem Schlagabtausch der Gemeinde-Anwälte Guido Kollbeck und Thomas Jäger mit SGD-Mann Manfred Schanzenbächer, der die Sitzung leitete. Hauptargument der Anwälte: Im Antrag für die Genehmigung des Deichneubaus fehlten wichtige Unterlagen, das bisherige Verfahren sei fehlerhaft. Die Veranstaltung wurde dann etliche Male unterbrochen, weil entweder die Gemeinde-Anwälte oder Tim Henninger von der Landwirtschaftskammer beantragten, das Verfahren für die Genehmigung auszusetzen. Jedes Mal zogen sich die Vertreter der SGD Süd zurück. Sie beschlossen, die Anträge abzulehnen. Anwalt Kollbeck kritisierte: „Es zieht sich durch das ganze Verfahren hindurch, dass erforderliche Unterlagen nicht vorliegen.“ Die Anwälte vermissten zum Beispiel ein Gutachten zum Einfluss des neuen Damms auf das Druckwasser. Sie forderten wesentlich ausführlichere Beschreibungen, welche Einflüsse die „Badewannen-Lage“ auf die Äcker habe, die zwischen altem und neuem Damm liegen. Außerdem basiere der Antrag für die Genehmigung auf einem veralteten Raumordnungsbescheid. Alternative Standorte für den Deich: Großes Thema war auch eine Prüfung alternativer Standorte. Gemeinde-Anwalt Thomas Jäger konnte nicht nachvollziehen, warum die SGD nicht geprüft habe, ob der neue Deich direkt neben dem alten gebaut werden könne. „Das hat sich nicht angeboten, das hätte 70 bis 80 Prozent mehr Fläche verbraucht“, argumentierte Wolfgang Koch von der Neubaugruppe Hochwasserschutz der SGD. Anwalt Jäger forderte, die Landwirte sollten doch selber entscheiden können, ob sie lieber Fläche verlieren oder die Folgen der kleinklimatischen Auswirkungen hinnehmen möchten. Volle Wanne: Was passiert, wenn Hochwasser über den alten Deich auf die eingeschlossenen Äcker schwappt? Spätestens bei dieser Frage kochten die Emotionen hoch. Der alte Deich sei von der Höhe her auf ein 200-jähriges Hochwasser ausgelegt, ob er allerdings auch standsicher sei, konnte SGD-Mann Koch nicht beantworten. Es sei ein Katastrophenfall, falls er überspült würde. Wenn Wasser auf der Fläche stehe, müsse der alte Damm geöffnet werden. Das gehe, sagte SGD-Biologe Heinz Peter Wierig. Denn: Die Wiese auf dem Deich ist nicht überall geschützt. Schützenswerte Wiese: Mit gesundem Menschenverstand sei es ohnehin nicht nachvollziehbar, dass wegen schützenswerter Wiesen auf dem Deich, der vom Menschen geschaffen wurde, ein Neubau nötig werde, kritisierten die Bauern und Tim Henninger. Ihr Vorschlag: Wiese abtragen, Deich erhöhen, Wiese wieder draufsetzen. Das sei ja auf den weiter nördlich gelegenen Teilstücken des Rheinhauptdeichs auch schon passiert.

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