Pirmasens Werke voller klanglicher Überraschungen

Selbst wenn das Programm eines Kammerkonzerts aus Werken für Violoncello und Klavier besteht, die eher selten aufgeführt werden, findet sich in Pirmasens eine stattliche Zahl von Zuhörern. Der Grund für das Interesse lag am Sonntag an den ausführenden Künstlern: Julian Steckel und Paul Rivinius genießen international einen hervorragenden Ruf und Steckel darf ohne weiteres als der erfolgreichste, in Pirmasens geborene Musiker gelten.

„Französische Sonaten“ – so lautete das Motto des Konzertabends. Zunächst schien das etwas in die falsche Richtung zu leiten, denn das Duo interpretierte nicht etwa Werke aus der Klassik oder frühen Romantik, als die Sonatenform von allen großen Komponisten als Rahmen für zahlreiche Werke verwendet wurde. Die Stücke reichten von der späten Romantik mit César Franck bis hin zur zeitgenössischen Musik von Nadia Boulanger oder Francis Poulenc. Dies machte das Zuhören zu einem durchaus spannenden Erlebnis, denn die Werke sind ideenreich und effektvoll, voller klanglicher Überraschungen und auch mit sehr virtuosen Passagen. Debussys Sonate d-Moll beginnt mit einem Prolog: Der klingt manchmal wie improvisiert und ist recht frei im Tempo, nur um dann mit festlichen Klängen einen plötzlichen Ausbruch aus der Stille zu wagen – was typisch für Debussy ist. Das Finale des Werks könnte ein Ballettstück sein, einmal heiter vor sich hin getanzt, dann wieder verträumt. Munter und scherzand der Mittelsatz – mit luftigen Pizzicatos und gegen Ende mit zarten Flageolett-Tönen. Steckel beeindruckte im gesamten Konzert nicht nur mit seinen außergewöhnlichen technischen Fähigkeiten. Er vermag es auch, Stimmungen im Stück zu transportieren und dabei immer konzentriert zu bleiben, ohne jegliche Affekte beim Spiel. Bei Francis Poulencs Sonate wurde dies ebenfalls deutlich. Das Stück lebt durch seine Stimmungen: Ein stark vom Rhythmus geprägter Allegro-Satz steht am Beginn des Werks, dann folgen eine ganz zarte, impressionistisch klingende Cavatine und ein auch technisch durchaus sehr anspruchsvoller Schlusssatz, der zuweilen salonhaft-elegant klingt, aber furios endet. Angesichts der raschen „Szenenfolge“ und der emotionalen Bandbreite könnte Poulencs Musik durchaus als Filmmusik dienen. So farbig gestaltet wird das Werk zu einem besonderen Erlebnis. Die drei Stücke für Cello von Nadia Boulanger gehören zu jenen zeitgenössischen Kompositionen, die nicht zwanghaft das Experiment suchen. Folkloristische Einflüsse sind ebenso zu bemerken wie eine erweiterte Harmonik, wie sie auch im Jazzbereich zu finden ist. Furios: Der schnelle dritte Satz mit seinen heftigen Pizzicato-Akkorden. Auch hier kennt Steckel scheinbar keine Schwierigkeitshürden. Er bewältigte die Aufgaben mit scheinbarer Leichtigkeit und großer Übersicht. Die zweite Konzerthälfte gehörte César Francks Sonate A-Dur aus dem Jahr 1889, die im Original für Violine und Klavier konzipiert ist. Hier sticht vor allem der zweite Allegro-Satz hervor: Die Klaviereinleitung erinnert ein wenig an ein Chopin-Impromptu: ein „stürmischer“ Satz mit wenigen besinnlichen Momenten. Der Rezitativ im Stück könnte als eine erweiterte Konzertkadenz angesehen werden. Über die „großen“ Klavierakkorde klingen die Cello-Linien wie eine Improvisation hinaus – mit enormen dynamischen Spannungen in der offenen Form. Das abschließende Allegretto prägt zunächst ein gesangvolles Thema mit schlichtem Rhythmus, das sich dann zur Mitte hin jedoch steigert. Eine Art turbulenter Coda beschließt die Sonate. Natürlich bleiben „Bravo“-Rufe bei einem solchen Qualitätskonzert nicht aus und es wurde eine Zugabe gefordert. Diese gestalteten die beiden Musiker ganz romantisch und gefühlvoll mit Sergej Rachmaninoffs anrührender „Vocalise“ – ausdrucksstark und sensibel gespielt.

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