Pirmasens Pirmasens: Wawi-Vorstand hält an Familienunternehmen fest

„Richtig mit Herzblut dabei bin ich nur beim FKP“, sagt Richard Müller über seine Leidenschaft für Fußball. Er nennt sich „Lokal
»Richtig mit Herzblut dabei bin ich nur beim FKP«, sagt Richard Müller über seine Leidenschaft für Fußball. Er nennt sich »Lokalpatriot«.

Sommergespräch: Arbeiten bis 67? Für Richard Müller kein Problem, das weiß der 28-Jährige heute schon. Er will auf jeden Fall bis 2057 arbeiten, denn dann wird die Wawi Schokolade AG 100. Die Firma, so stellt es sich der Vorstand heute vor, soll auch dann noch in Familienhand sein. Allerdings ist Müller zehn Tage im Monat auf Reisen − da ist das mit der Familie gar nicht so leicht.

Die Rückkehr, so sagt man, ist oft schwerer als das Weggehen. Seit einem halben Jahr ist Richard Müller nun zurück in Pirmasens, und seit März ist er Vorstand der Wawi Schokolade AG, vorerst noch neben seinem Vater Walter. „Es läuft gut“, berichtet der Sohn. Auch wenn es die zwischen Generationen üblichen Meinungsverschiedenheiten gebe, am Ende seien die beiden auf Linie. Eine Abmachung lautet: Der Vater entscheidet über das Design der Produkte. Da hält sich der Sohn raus, der sich stattdessen um den digitalen Fortschritt kümmert, beispielsweise eine Lagerhallen-Software einführen will. Statt mit dem Lieferschein fahren die Staplerfahrer dann mit dem iPad durchs Lager.

Wawi-Welt von außen sehen

Dem Junior war es wichtig, wegzugehen, andere Firmen kennenzulernen, die Wawi-Welt mal von außen zu sehen. Um nicht direkt nach dem Studium nur mit dem Titel Sohn als Vorstand und Geschäftsführer einzusteigen, sondern mit Erfahrung. „Ich wollte mit anderen Chefs arbeiten, mir bei ,richtigen Chefs’ meine Sporen verdienen. Die Zusammenarbeit mit dem Vater ist einfach immer etwas anderes“, erzählt er. Müller lebte unter anderem in St. Gallen, Zürich und München. Dort war er zuletzt kaufmännischer Geschäftsführer bei der Weather Tec GmbH, die sich beispielsweise mit Trinkwasseraufbereitung und -gewinnung befasst („Wasser ist auch ein Lebensmittel“), was ihn oft nach Jordanien führte. „Ich wollte komplett weg, etwas unabhängig von Wawi machen. Es stand in den Sternen, ob ich zurückkomme“, schaut Müller zurück. Wichtig war ihm: Sollte er zurückkommen, dann muss der Vater ihn anrufen, „dann muss ich seine erste Wahl sein“. Das war er. „Für mich war wichtig, dass er mir das zutraut.“

Jeden Tag einen Weihnachtsmann essen

Bringt Wawi ein neues Produkt heraus, „esse ich das zwei bis drei Wochen lang jeden Tag“, erzählt Richard Müller, um es intensiv kennenzulernen. Außerdem esse er „jeden Tag einen Weihnachtsmann, zumindest den oberen Teil“. Wie bei vielem im Leben komme es auch bei Schokolade auf das richtige Maß an, dann ließen sich Süßigkeiten mit einem gesundheitsbewussten Leben vereinbaren. Seit 1994 lässt Wawi in China produzieren, laut Müller allerdings nahezu ausschließlich für den Export. 80 Prozent der in China produzierten Produkte gingen in die USA. „Ich hoffe, es gibt nicht irgendwann Strafzölle auf Lebensmittel. Das würde uns treffen. Ich setze darauf, dass in der amerikanischen Regierung Vernunft einkehrt“, sagt Müller. Er würde gerne den Vertrieb in China stärken − allerdings mit Produkten ,Made in Germany’, denn die seien dort extrem gefragt. Indem das Unternehmen seinen Export steigert, soll Wawi weiter wachsen, außerdem durch Zukäufe − nicht im aggressiven Wettbewerb, sondern „weil schlichtweg immer mehr Unternehmen einen Nachfolger suchen“. Das biete Chancen einzusteigen. Müller betont, wie wichtig der Standort Pirmasens/Münchweiler fürs Unternehmen ist. „Ich möchte in der Region bleiben“, antwortet er auf die Frage, wo er Wawi in 20 Jahren sieht. Es soll auf jeden Fall ein Familienbetrieb bleiben, er wolle „keine anderen Beteiligten“. Das Unternehmen zu verkaufen, „kann ich mir nicht vorstellen“, sagt er im RHEINPFALZ-Gespräch. Im späten Frühjahr, schätzt er, werde die in Münchweiler untergebrachte Hauptverwaltung nach Pirmasens zurückkehren, in den ehemaligen städtischen Gewerbehof auf dem Horeb, wo Walter Müller zudem Wohnungen baut. In Münchweiler sitze man derzeit regelrecht „auf der Stange“. „Wir wissen gar nicht wohin“, freut sich der Sohn auf den Umzug.

"Familienunternehmen ist die Nummer eins"

„Das Familienunternehmen ist die Nummer eins“, erklärt der 28-Jährige, der seit seiner Rückkehr aus München als Single lebt. Die Partnerin, die er bis dahin hatte, wollte nicht mit in die Provinz; das müsse man akzeptieren. Müller ist dennoch zuversichtlich, dass nach ihm eine vierte Generation die Firma übernimmt. Wenn er auch weiß, dass seine vielen Auslandstermine ein Familienleben, wie es sich viele wünschen, schwierig machen. Derzeit ist er zehn von 30 Tagen unterwegs, fliegt nach China, Australien und Südafrika, auch für kurze Treffen. Und das im Zeitalter von Videokonferenzen? „Ein persönliches Gespräch ist einfach immer besser.“ Müller kommt nach eigenen Worten etwa auf eine 60-Stunden-Woche. „Viel zu arbeiten ist nicht das Problem. Aber ich will Herr meiner Zeit sein.“ Wenn er nach München zu einem Geburtstag will, dann müsse das drin sein, dafür arbeite er wochenends, erklärt der Wawi-Vorstand. Auch wenn er viel herumkommt: Müller nennt sich „Lokalpatriot“, gerade wenn es um den FK Pirmasens geht. „Fast jeder schaut Fußball, aber hautnah ist das einfach was anderes“, schwärmt er von Stadienbesuchen. Am Ende eines aufreibenden Spiels „fehlt auch mir manchmal die Stimme“. Müller kickte für die FKP-Jugend, ehe er mit 16 ins Internat ging. „Die große Karriere als Profifußballer wär’s eh nicht geworden“, räumt er lachend ein. Mit wie viel Geld Wawi den FKP unterstützt, will er nicht sagen. Vielleicht prangt irgendwann mal wieder „Wawi“ auf den Trikots. Wobei Müller nach eigenen Worten zufrieden ist, dass Framas nun die Trikots sponsert. In der Bundesliga ist er ein Fan von Bayern München. „Richtig mit Herzblut dabei bin ich aber nur beim FKP.“

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