Pirmasens Musikalische Kostbarkeiten

„Mit einer Stimme ist es wie mit gutem Wein: Man braucht schönes Material, eine gute Ausbildung – und dann kommt auch noch die entsprechende Reife dazu“, führte die aus Zweibrücken stammende Gesangsprofessorin Charlotte Lehmann aus, die am Samstag in der Klosterkirche Hornbach ein Konzert mit ihren Schülern im Rahmen des Festivals Euroclassic moderierte.

Zwischen 19 und 29 Jahre alt sind die Nachwuchstalente, die unter Anleitung von Charlotte Lehmann mit ihrem gesanglichen Können, ihrem Stilbewusstsein und ihrer interpretatorische Gestaltungskraft überzeugen konnten. Zu Beginn interpretierte Tenor Tobias Bialluch das „Altdeutsche Bild“ aus den drei geistlichen Liedern von Bernd Alois Zimmermann (1918-1970), komponiert 1946; dann standen Jugendwerke von Wolfgang Amadeus Mozart (1756-1791) im Mittelpunkt des Abends. Die Kantate „Die Seele des Weltalls“ KV 429 lässt schon die Musiksprache des reifen Mozart der „Zauberflöte“ erahnen. Die jungen Tenöre Tobias Bialluch und Julian Hauptmann gestalteten das Werk zusammen mit Bass Christian Kestler mit Form- und Stilbewusstsein: Nach dem fast schon hymnenartigen Thema in strenger Einstimmigkeit, das sie in einem harmonierenden Klangbild formten, differenzierten sich ihre Stimmen aus; auffallend war lyrische Klang der vollen und doch schlank geführten, beweglichen Stimmen zu der nuancenreichen Klavierbegleitung von Kantor Helge Schulz. Bezaubernd charmante Kammermusik sind die Sechs Notturni für zwei Soprane und Bass nach Texten von Pietro Metastasio, die die Sängerinnen Daniela Gerstenmayer und Susan Jebrini im Wechsel mit Camilla Steuernagel und Sonja Herrling zusammen mit Bass Christian Kestler interpretierten. Auffallend waren die Leichtigkeit und Ungezwungenheit, mit der Sopranistin Camilla Steuernagel, Mezzosopranistin Sonja Herrling und Bassi Christian Kestler im Terzett „Due pupille amabile“ den tändelnden Ton der höfischen Klassik lebendig werden ließen. Expressiv und nachdenklich gestalteten Daniela Gerstenmeyers klarer und doch warm timbrierter Sopran, Susan Jebrinis sonorer Alt und Christian Kestlers beweglich geführter Bass die Liebesklage „Se lontan, bel mio, tu sei“; dramatische Akzente mit elegischen Untertönen setze das Trio in „Ecco quel fiero istante“. Kokett klang „Più non si trovano“; Sehnsucht und Verlangen prägten „Luci care, luci belle“. Höhepunkt des Konzertes war die Oper „Apollo et Hyacinthus“ des erst elfjährigen Mozart. Diese kurzen Zwischenspiele füllten in der Regel die Pausen der drei- bis fünfaktigen Barockopern: Bei „Apollo et Hyacinthus“ wurde ein Sprechstück mit Mozarts in lateinischer Sprache gesungenem Werk verzahnt. In der Intrada des Werkes brillierte Pianist Helge Schulz mit seiner Virtuosität sowie durch die Klarheit seiner Interpretation, die die harmonische Mehrschichtigkeit der Komposition hervorhob, und seine markant konturierte Formgebung, die den plastischen Charakter der Musik betonte. Die im Sprechgesang rezitierten, handlungstragenden Secco-Rezitative ersetzte Charlotte Lehmann durch ihre Moderation. Die sieben jungen Sänger faszinierten mit ihrem homogenen Klang und der Stilsicherheit, mit der sie die packende Dramatik dieses Jugendwerkes interpretierten, in dem die Genialität Mozarts schon aufblitzt. Daniela Gerstenmayers sonorer Sopran bezauberte durch sein dunkles Timbre in den unteren Lagen wie durch die Sicherheit in der Höhe in der Auftrittsarie des Hyacinthus; später übernahm sie auch die Partie der Prinzessin Melia von Camilla Steuernagel. Dem eifersüchtigen Zephir verlieh Sonja Herrlings tiefer dramatischer Alt packende Spannung; Susan Jebrini als Apollo überzeugte durch Klangschönheit und Ausdrucksvielfalt, Julian Hauptmann gestaltete die Klage des trauernden Vaters König Öbalus in sanften lyrischen Kantilenen und rundete einen stilvollen Konzertabend mit musikalischen Kostbarkeiten ab. (knf)

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