Pirmasens Mit Entziehung auf die Beine kommen

Beinahe hätte das Verfahren gegen einen drogenabhängigen Pirmasenser vorm Jugendschöffengericht Pirmasens am Montag nicht wie geplant abgeschlossen werden können. Der 21-Jährige, der gerade eine einjährige Haftstrafe absitzt, hatte sich in seiner Zelle die Pulsadern aufgeschnitten, konnte aber gerettet werden.

Nun musste er sein nächstes Urteil in Empfang nehmen: drei Jahre und neun Monate Haft. Ihm wird vorgeworfen, mit dem Kochlöffel auf seine Ex-Freundin eingeschlagen und zahlreiche, auch räuberische Diebstähle begangen zu haben (wir berichteten). Das Gericht ordnete zudem die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt an. Das sei dringend nötig, so Richter Mark Edrich. Denn alles Beteuern, dass er, nach jahrelangem Amphetamin- und Crystal-Meth-Konsum, endgültig die Finger von Drogen lasse nach dem kalten Entzug seit der Inhaftierung, führe an der Realität vorbei. Die Entziehung sei das Beste, was ihm passieren könne, um endlich auf die Beine zu kommen, denn intellektuell bringe er deutlich mehr Potenzial mit als die meisten abgerutschten Abhängigen, die auf der Anklagebank Platz nehmen. Das Gericht lenkte das Augenmerk aber auch auf seine strafrechtliche Vorgeschichte. Zahlreiche Delikte, neben Sachbeschädigungen vor allem Diebstähle und weitere der Beschaffungskriminalität zuzuordnenden Taten, hatte der erst 21 Jahre alte Angeklagte bereits begangen. Außerdem sei die Rückfallgeschwindigkeit stets hoch gewesen und er habe auch in den aktuellen Fällen, sieben an der Zahl, erneut unter einschlägiger Bewährung gestanden. Und darüber hinaus habe er, bedingt durch den Teufelskreis von Drogenbeschaffung und -konsum, keinerlei Bewährungsauflagen erfüllt, weshalb die Bewährung im vergangenen Jahr widerrufen worden ist. Sein Leben könne nicht binnen weniger Monate in die richtige Richtung gelenkt werden. Deshalb sei es nötig, dass er über einen langen Zeitraum von Spezialisten geholfen bekommt, um ganz von den Drogen weg zu kommen. Um an die Drogen zu gelangen, stahl der 21-Jährige auch in den hier angeklagten Fällen vor allem harten Alkohol und Zigaretten in Pirmasenser Märkten, um sie zu verkaufen oder gegen Drogen zu tauschen. Beim Stehlen einer Schlagbohrmaschine wurde er gestellt, setzte sich aber massiv mit Tritten und Schlägen zur Wehr und konnte nur durch Mithilfe auch von Kunden fixiert werden. Wenige Tage später ging er einen für ihn nun folgenschweren Schritt weiter, hatte Reizgas dabei, um sich den Weg frei machen zu können, sollte er gestellt werden. Das passierte auch, als er mit acht Flaschen Hochprozentigem den Markt verlassen wollte. Er konnte aber flüchten. Er könne von Glück reden, dass seine letzte Tat kurz vor seinem 21. Geburtstag war. Denn wäre er nach Erwachsenenstrafrecht verurteilt worden, hätte alleine für dieses Verbrechen des schweren räuberischen Diebstahls eine Mindestfreiheitsstrafe von fünf Jahren gestanden, so Edrich. Im Hinblick auf die trotz der Anwendung von Jugendstrafrecht zu erwartenden hohen Strafe wegen dieser Taten wurde das Körperverletzungsverfahren eingestellt, das nicht zuletzt durch die Aussagen seiner zerfahren auftretenden Ex-Freundin im Zeugenstand viele Zweifel hinterließ. Auch sie schloss nicht aus, vor seinem Schlag mit dem Kochlöffel selbst im Drogenrausch ordentlich zugeschlagen zu haben. (mrk)

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