Pirmasens „Gute Musik, interessante Geschichten“

Das Trio „Reinig, Paul und Böhm“ dürfte als immaterielles pfälzisches Kulturgut durchgehen, so sehr sind die drei Musiker Paul Reinig, Peter Braun und Rüdiger Böhm Teil der Volksmusikkultur in der Pfalz. Folkbands wie „Siebenpfeiffer“, „Däumling“ und „Grashalm“, die in den 70er Jahren gründen und teilweise auch heute noch existieren, haben mit und Dank dieser Musiker Maßstäbe gesetzt. Am Freitag, 17. April, kommt das Trio nach vier Jahren wieder zurück ins Haus am Lindenbrunnen in Vinningen. Fred G. Schütz unterhielt sich mit dem Gitarristen der Band, Peter Braun, über das Liederschreiben, konzertante Herausforderungen und das öffentliche Musizieren in Zeiten kleiner werdender Budgets.

Als „Reinig, Paul und Böhm“ 2011 zum letzten Mal in Vinningen gastierten, war gerade die CD „Hiwwe un Driwwe“ mit Liedern und Instrumentalmusik pfälzischer Amerika-Auswanderer aktuell. Was hat sich seither getan?

Mein Gott, ist das schon so lange her? Zwischendrin waren wir zumindest einmal zusammen mit Gerd Kannegieser und den „Twotones“ in Rodalben. Das war eine feine Sache. Jeder hatte 20 Minuten Programm – mit dem Thema Pfalz als roten Faden. Weil jeder anders dran ging, war das für die Zuhörer schon recht kurzweilig. 2013 ist unsere aktuelle CD „Winzerhänd“ herausgekommen, die wir mit der Cellistin Isabel Eichenlaub eingespielt haben. Isabel hat gerade ihr zweites Baby bekommen und ist deshalb in Vinningen nicht mit dabei. Sie haben ja immer gerne Themenalben gemacht, oder? Ja, „Winzerhänd“ handelt im weitesten Sinne vom Woi. Das ist natürlich trotzdem kein Album mit Trinkliedern, die man auf Weinfesten absingen kann. Hinter dem Thema Wein steckt ja eine ganze Kulturgeschichte. Wir haben auch mit dem Rezitator und Dichter Winfried Berger zusammen gearbeitet, der ganz wundervolle Texte geschrieben hat und auch in Bockenheim beim Mundartwettbewerb ganz vorne dabei war. Wir haben zwei Texte von ihm vertont und ihn auch dazu animiert, seine Texte zu unserer Musik zu rezitieren. Seinen Text „De Hoddedräächer“ werden wir auch in Vinningen bringen. Der handelt von einem, dem bei der Weinlese das ganze Leben Revue passiert und der immer aus seinen Gedanken gerissen wird, wenn der „Hoddedräächer“ „Trauben!“ ruft. Wir haben aber auch das Bellman-Lied „So troll’n wir uns“ mit auf der CD – es gibt darauf also nicht nur pfälzischen Dialekt. Was steht sonst noch in Vinningen auf dem Programm? In Vinningen werden wir, weil wir jetzt 15 Jahre bestehen – was wir mit Erschrecken festgestellt haben –, ein Best-of aus allen Programmen, die wir gemacht haben, präsentieren, vom ersten „Verzehl ma nix“ aus dem Jahr 2002 bis zu den „Winzerhänd“. Dazu kommt vielleicht auch das ein oder andere, das wir noch nicht veröffentlicht haben. Sie arbeiten ja auch immer mal wieder mit Lyrikern wie Michael Bauer zusammen. Wie läuft bei „Reinig, Braun und Böhm“ das Liederschreiben ab? Oft hat der Paul schon viele Sachen recherchiert – der hat ja auch eine große Sammlung. Oft kommt er mit einem bestehenden Arrangement, das wir dann gemeinsam bearbeiten. Rüdiger ist einer, der sehr gut Zwischenteile, Bridges und Intros arrangieren kann. Meist improvisieren wir über das, was einer mitgebracht hat, spielen erstmal los und lassen das dann sacken. Oder ich pack mir ein paar Sachen ein, wenn ich in Urlaub fahre und hoffe, dass ich nach zwei Wochen einen freien Kopf habe und mir ein paar Melodien einfallen. Meistens fangen Paul und ich mit zwei Gitarren an, dann legt er mal die Gitarre weg und nimmt das Akkordeon. Rüdiger beginnt meistens am Klavier, wechselt dann zur Flöte. Aber meistens funktioniert es mit der Basisbesetzung zwei Gitarren und Klavier. Haben Sie feste Probentermine? Ja, wir treffen uns jeden Montag. Allerdings nicht immer, um Musik zu machen. Wir haben ja keine Agentur und müssen uns auch um die organisatorischen Dinge kümmern. Als eingeführte Band ist es sicherlich einfach, Engagements zu bekommen? In den letzten ein oder zwei Jahren ist es schwieriger geworden, weil überall das Budget gekürzt wird. In der Vergangenheit hatten wir immer das Glück, dass wir eine recht gute Unterstützung vom SWR hatten. Bei der Mundart-Tournee „Musik, Sprooch unn Woi“ waren wir bestimmt fünf, sechs Mal dabei; oder Susanne Wachs vom Saarländischen Rundfunk hat uns mal geholt. Aber auch bei den Sendern werden die Budgets kleiner. Also bleibt uns nichts anderes übrig, als viel zu telefonieren. Isabel Eichenlaub ist mit ihrem Cello in Vinningen nicht dabei. Müssen Sie deshalb viel improvisieren? Improvisation hat nicht mal den großen Raum. Unsere Sachen sind oftmals aus Improvisationen entstanden, die verfestigen sich dann und das hält auch mal für ein paar Auftritte. Allerdings stehen wir jetzt vor der Situation, die Cello-Stimme einfach wegzulassen oder uns etwas einfallen zu lassen. Da ist viel freier Raum zu füllen. Paul und ich spielen jetzt die ein oder andere kleine Solo-Phrase, wo früher die Cello-Stimme war. Das fordert einen mehr, weil man sich nicht einfach zurücklehnen kann. Weil wir kein Ersatz-Cello wollten, haben wir uns bewusst dafür entschieden, nun wieder mehr als Trio zu machen. Das ist eine spannende Situation. Erstens wird die Band flexibler und man muss sich wieder ein bisschen mehr anstrengen. Nennen Sie bitte drei Gründe, zum Konzert nach Vinningen zu gehen. Gute Musik, interessante Geschichten und nette Leute.

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