Pirmasens Gänzlich ohne weihevolles Pathos

Mit Eleganz und juvenilem Charme haben die Pirmasenser Geigerin Pia Grutschus und ihr Partner am Flügel, Stephan Rahn aus Speyer, am Mittwoch die zweite Fabrikmusik des Jahres im Forum Neufferanum gestaltet. Mit einem Programm vom Barock bis zum Impressionismus hielten die beiden Musiker stets die Balance zwischen musikalischem Tiefgang und Unterhaltungswert für ein aufmerksames Publikum.

Ein großes Lob verdienen die beiden jungen Musiker zunächst für etwas eigentlich Außermusikalisches: Wem es gelingt, ein Konzertprogramm, das Werke von Bach, Schumann, Chopin, Bartok, Fauré und Ravel umfasst, so gänzlich ohne weihevolles Pathos und bildungsbürgerlichen Dünkel, das vielen – nicht nur jungen Menschen – oft den Spaß an der sogenannten „klassischen“ Musik verdirbt, über die Rampe zu bringen, der hat schon sehr viel vom Wesen der Musik kapiert. Müßig, in erbsenzählerische Mäkelei zu verfallen, ob hier immer die letztgültige Interpretation gefunden worden ist oder ob die dynamischen Gewichte nicht da und dort ein bisschen zu sehr zugunsten des Pianos ausgefallen sind. All jene, die einfach Freude daran haben, zuzuschauen und zuzuhören, wie herrliche Musik einfach so, nur hier und jetzt im Raum zu entstehen scheint, hatten einen wundervollen Abend. Pia Grutschus und Stephan Rahn legen mit Johann Sebastian Bachs viersätziger Sonate für Violine und Klavier Nr. 2 A-Dur (BWV 1015) los, nicht ohne das Publikum mit ein paar erläuternden Worten auf das Werk vorzubereiten. Wenn man’s dann weiß, ist es schön zu hören, dass dies eigentlich eine Triosonate ist, bei der über der linken Hand des Pianos noch zwei Oberstimmen – rechte Hand und Violine – gelegt sind. Schon pfiffig. Reizvoll auch zu hören, dass es im Allegro assai kräftig nach Vivaldi klingt, den Bach sehr schätzte. Sehr schön, wie Grutschus und Rahn das hörbar machen.Das Duo springt zu Robert Schumanns Romanzen für Violine Klavier op. 94 direkt in die Romantik und präsentiert diese beliebten Stücke mit einer sehr schlanken Attitüde, die uns einen Schumann hören lässt, der beinahe fröhlich klingt. Ganz auf die Stimmungen von Fréderic Chopin darf man sich bei dessen Nocturne und Mazurka einlassen. Dorffest-Laune dann bei den rumänischen Volkstänzen, deren Melodien und Rhythmen Bela Bartok inspiriert haben und bei Grutschus und Rahn als aufreizende Kabinettstückchen gestaltet werden, die allen Spaß machen, die Freude an virtuosem Spiel haben. Zum Auftakt des zweiten Konzertteils findet sich das Publikum im Fin de Siècle wieder. Zwei stimmungsvolle Miniaturen von Gabriel Fauré, seine Berceuse (Wiegenlied) op. 16. und die Romance op. 28 für Violine und Klavier gestalten Grutschus und Rahn auch dieses Mal schlank, aber mit emotionalem Nachdruck. Zum Abschluss kommt wieder die Sonatenform zu ihrem Recht, freilich in der Form, wie sie von Maurice Ravel Mitte der 20er Jahre des vergangenen Jahrhunderts in seiner Sonate für Violine und Klavier in G-Dur aufgefasst worden ist. Das Perpetuum mobile ist wieder eins jener Virtuosen-Stückchen, bei dem die Geigerin ohne erkennbare Anstrengung Spaß hat. Als Zugabe für ein hochzufriedenes Publikum erneut Fauré, diesmal träumerisch: Après un rêve.

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