Pirmasens „Es wird nicht hölzern“

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Kerstin Bachtler und Bodo Redner brauchen mit ihren Lyrik- und Kabarett-Programmen nur nach Pirmasens zu kommen und dürfen jederzeit mit einem vollen Haus rechnen. Jetzt macht ihr „Text-Taxi“, in das so viel Unterschiedliches hinein passt, mit dem Programm „Blatt für Blatt – Texte von Baum, Blatt, Wurzeln und Holz, alles andere als hölzern“ am Samstag, 26. September, ab 19 Uhr, in Petersbächel im HolzArt-Atelier von Erwin Würth Station. Unser Mitarbeiter Fred G. Schütz sprach mit Kerstin Bachtler über den Wald und das Holz und wie zwei eigene Gedichte von Bachtler und Redner ins Programm geraten sind.

Waren „Die Pfälzer Helden“ die letzte Produktion von Ihnen und Bodo Redner?

Ja, und das bringen wir jetzt gleich nochmal, weil in Pirmasens 50 Leute auf der Warteliste standen. Die Stadtbücherei-Leiterin Ulli Weil hat aufgrund der großen Nachfrage bereits den Termin am 19. November, 19 Uhr, im Carolinensaal fest gemacht. Erst die Helden und jetzt der Wald als Thema. Da muss man ja direkt an Hugo Ball denken: „Wenn man das Unglück hat, in der Pfalz geboren zu werden, dann muss man immer im Wald herumlaufen, das ist die einzige Rettung.“ Ja, genau. Es ist auch eine Rettung. Erstmal lieben wir den Wald und auch die vielen, vielen Waldgedichte. Wenn man als „Text-Taxi“ unterwegs ist und sich überhaupt mit Gedichten beschäftigt, kommt man an den deutschen Romantikern nicht vorbei. Und wenn jemand den Wald bedichten, besingen, beschreiben kann, dann sind das natürlich Eichendorff und Tieck und all die Großen wie Mörike, die wir sehr verehren. Weil wir Waldfreunde sind, machen wir das halt auch gern. Gerade im Herbst ist es besonders schön. Dazu kommt, dass ich, seit ich auf der Landesgartenschau das Ehepaar Petra und Erwin Würth kennen gelernt habe, auch die Kunst von Erwin lieben und schätzen gelernt habe. Ich finde es toll, was er aus alten, kranken Bäumen macht, ganz besonders, wenn man sieht, wie er das Gehölz aus dem Wald schleppt und welche Kunst dann hinterher daraus entsteht. Da freue ich mich sehr, dass er mich gebeten hat, Texte zu seiner Kunst zu finden. Das ist nicht schwer. Es gibt ganz viele Gedichte zum Thema Holz, Hölzer, Bäume, Blätter – alles haben die Dichter schon benutzt, um Symbole zu finden für das Leben an sich. Das dann in einem Atelier wie dem von Erwin vorzutragen, beflügelt uns nochmal. Normalerweise ist das Bücherregal ja nicht nach Themen wie etwa „Bäume“ sortiert. Wo finden Sie die Texte? Das kann ich gar nicht richtig beschreiben. Jedenfalls gibt es jedes Mal dreimal so viel Texte, wie ich für eine Lesung brauche. Schon als Kind hat mich Lyrik fasziniert, und zwar wegen der Form. Ich habe als Kind schon Gedichte abgetippt aus meinem Kinderbuch, weil ich diese komprimierte, kästchenartige Textform so schön fand. Dann habe ich Germanistik studiert, immer viel mit Lyrik gearbeitet, habe dann auch Englisch studiert und mich mit den englischen Romantikern beschäftigt – da ging es auch immer um Wald und Park. Ein Schwerpunkt meines Studiums war „Lyrik-Übersetzung“. Dabei habe ich bemerkt, wie komprimiert die Form des Gedichts wirklich ist – und, dass sie eigentlich nicht übersetzbar ist. Umso spannender war es, über das Gedicht selbst etwas zu erfahren. Wie ich die Lesungen von Bachtler und Redner kenne, gibt es ja immer auch ein theatralisches Moment. Ist das auch dieses Mal so? Natürlich. Und bei dieser Lesung kommt noch etwas Besonderes hinzu. Bodo und ich waren ja schon viel in Wäldern und Parks unterwegs, so dass wir ausnahmsweise auch Gedichte von uns selbst vortragen werden – jeder eins. Wir sind ja überhaupt keine Dichter und wollen uns keinesfalls mit den Großen messen, die wir verehren; trotzdem haben uns Wald und Bäume so inspiriert, dass wirklich gute Texte dabei heraus gekommen sind. Da kann man mal sehen, was der Wald für eine Kraft hat. Apropos Kraft: War der Name „Text-Taxi“ einfach der Reiz der Alliteration? Ja, schon auch. Wir haben einen griffigen Begriff gesucht, in dem das Wort Text vorkommt, damit den Leuten klar ist: wir singen nicht, wir transportieren vor allem Text. Das kabarettistische Element, von dem wir hoffen, dass wir es haben, besteht darin, dass wir die Texte mit Witz und Spaß moderierend verbinden. Deshalb „Text-Taxi“ – das ist spritzig und klingt nicht so nach Deklamieren und Vortragen. Es soll schon klar werden: wir machen es ein bisschen anders. Es kommt darauf an, dass man sich dem Text hingibt, voll reingeht: Dann kann selbst ein alter Text aus dem Barock wieder ganz jung sein. Ins „Text-Taxi“ passen also ganz unterschiedliche Dinge hinein. Sie sind mit dieser Dach-Marke also auch inhaltlich nicht festgelegt? Überhaupt nicht. Wir fahren sozusagen jeden – wie ein richtiger Taxi-Fahrer, es sei denn, er wird ausfällig oder gewalttätig. Eins unserer erfolgreichsten Programme ist zum Beispiel „Lyrik zum Anbeißen“ mit erotischen Gedichte. Das haben wir in Pirmasens auch schon vor ausverkauftem Haus vorgestellt. Wir zeigen den Leuten gerne, „es gibt mehr als ihr denkt“. So wird das beim Holz und beim Wald auch sein: Eben nicht nur das übliche Vergänglichkeits-Thema. Es wird nicht hölzern. Wir haben Texte aus der Sicht eines Holzwurms, oder über jemand, der Holz hackt und denkt, schade um den Baum, aber ich brauch es halt warm im Winter. Wir haben mal was für eine Krankenkasse gemacht. Und tatsächlich gibt es böse Gedichte von Tucholsky und Kästner über Krankenkassen. Über jedes Thema gibt es Gedichte. Wie recherchieren Sie, mit Suchmaschine? Nein, eigentlich ganz klassisch. Man kommt ja gerade bei den alten Texten nicht am Buch vorbei – im Internet finden die sich nicht. Also muss man sich immer noch Bücher kaufen. Ich habe mittlerweile mindestens acht Regalmeter nur mit Gedichten. Wenn ich ein Thema kriege, dann ahnt es in mir schon, wo ich was finden könnte. Ich habe das natürlich nicht alles im Kopf, aber ich weiß, bei wem ich suchen könnte und, siehe da, ich finde was. Meist bei den Romantikern, aber ich könnte mir vorstellen, dass auch Robert Gernhardt etwas über den Baum geschrieben hat. Beim Thema Wald und Herbst fällt einem natürlich auch das Chanson „Les Feuilles mortes“ ein. Gibt es bei Ihnen auch was Musikalisches? Höchstens von der Melodie des Textes her. Wir haben keine Musiker dabei, weil das die ganze Geschichte zu teuer machen würde. Wir machen Kleinkunst und freuen uns, dass wir auch vor kleinem Publikum, in kleinen Räumen auftreten können. Wenn man einen Musiker dabei hat, braucht man gleich größere Hallen, weil sonst die Ensemblekosten nicht darstellbar sind. Warum sollte man zum „Text-Taxi“ nach Petersbächel kommen? Weil das die perfekte Jahreszeit ist. Jetzt färbt sich der Wald gerade bunt. Dann in einer so schönen Umgebung wie im Atelier von Erwin Würth und seiner Holzkunst, da kommt wirklich alles zusammen. So komprimiert, für alle Sinne, findet man das Thema Holz sonst nicht. In solch einem Rahmen stellen sich die Bilder im Kopf von alleine ein. Infos Der Preis für die literarische Fahrt im „Text-Taxi“ am Samstag, 26. September, 19 Uhr, im HolzArt-Atelier von Erwin Würth in Petersbächel kostet zehn (mit RHEINPFALZ-Card neun) Euro. Karten können reserviert werden unter Telefon 06393/1243, E-Mail: info@wuerth-holzart.de.

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