Pirmasens Ein Ehepaar und ein Hoffnungsträger

Überflieger im neuen Stadtrat ist ganz klar Heiner Wölfling: den Pirmasenser Einzelhändler, Jahrgang 1957, katapultierten die CDU-Wähler von Listenplatz 23 auf Rang drei. „Das beschämt mich fast ein bisschen“, so der bekennende Christ, der einmal im Monat Kindergottesdienst in der Lutherkirche hält und sich im CVJM engagiert. Er habe immer abgelehnt, wenn ihn Mandatsträger zur Ratsarbeit überreden wollten. „Ich war lieber außerparlamentarischer Mitarbeiter in der Stadt, wollte mich nie drängen lassen.“ Jetzt aber, da das Thema Innenstadtentwicklung und der demografische Wandel mehr und mehr in den Fokus rücken und nach Lösungen schreien, habe er sich bitten lassen. Dass ihm die Wähler so ein Vertrauen schenkten, führt er auf mehrere Dinge zurück: „Ich kann zuhören, querdenken, bin offen, schwimme auch mal gegen den Strom und habe bei allen Ehrenämtern nie meine Eigeninteressen in den Fokus gestellt, mir geht es um den Standort.“ Sein Kollege Bernd Adler habe ihn am Montag spontan als den neuen Hoffnungsträger betitelt. Der wolle er nicht sein. „Aber ich werde meine Ohren spitzen und versuchen, das Gehörte richtig einzusortieren“, sagt er ganz uneitel. Fast hätten drei Paare künftig im 44-köpfigen Stadtrat Politik gemacht. Doch Liane Fremgen, Leiterin der Landgraf-Ludwig-Realschule und Ehefrau von SPD-Listenführer Frank Fremgen, hat es von Platz 29 nur acht Plätze nach vorne geschafft. Dafür ist Gerhard Hussongs Ehefrau Edeltraud drin. Das gefällt dem langjährigen SPD-Fraktionsvorsitzenden, auch wenn er sich noch ein paar mehr Frauen in der Fraktion gewünscht hätte. Daniela Wolle und Elfriede Baas haben knapp den Anschluss an die SPD-Fraktion verpasst. Dass seine bessere Hälfte drin ist, passt gut, findet Hussong. „Wir regen uns beide gerne auf.“ Sagt es und kündigt an, dass er künftig nicht mehr so ruhig sein will in den Ratssitzungen. Etwas öfter die Oppositionsrolle einnehmen, sprich Widerworte geben, will er. Dass seine Frau, mit der er seit 34 Jahren verheiratet ist, jetzt auch in der Politik gelandet ist, habe nicht er forciert. „Das bleibt nicht aus, wenn man so viele Posten hat wie sie“, spielt er auf ihre Ehrenämter an. Sie ist Vorsitzende des Frauenrings und des Frauenhauses, macht im Presbyterium der Johanneskirche mit. Typisch Hussong, verteilt er gleich noch einen Seitenhieb auf das zweite Paar im Rat: Frank Eschrich und Brigitte Freihold, die zusammen in Windsberg leben und künftig die Linken-Fraktion stellen. „Die haben in der Zweierkonstellation niemanden, der ihnen auf die Finger klopft.“ Knapp den erneuten Einzug ins Stadtparlament verfehlt haben bei der SPD Daniela Wolle und Elfriede Baas, bei der CDU waren Florian Dreifus und Tapani Braun Wackelkandidaten. Nicht gereicht für eine Wiederwahl hat es für Andreas Petry vom FWB, wobei er gute Nachrücker-Chancen hat, wenn Helga Knerr ehrenamtliche Beigeordnete bleibt und ihr Mandat niederlegen muss. Auch nicht wieder einziehen in den Rat konnten Rudolf Zimmer (FDP), Hermann Krämer (CDU), Fritz Schäfer junior (FWB) und Axel Ebelshäuser (Rep). Weiblicher ist der Stadtrat nur minimal geworden. Statt bislang zwölf reden künftig 14 Frauen in der Stadtpolitik mit. Die große Verjüngungskur ist ebenfalls ausgeblieben. Gerade mal sechs Volksvertreter sind unter 40, der Benjamin der Truppe ist der 30-jährige Rechtsanwalt Sebastian Tilly (SPD), gefolgt von Stefanie Philipps und Julia Linse (beide CDU). Der Promibonus kam gleich zwei Kandidaten zugute, einem auf der SPD-, einem auf der CDU-Liste. Bezirkskantor Maurice Croissant (SPD) machte einen großen Satz von Platz 25 auf zehn und mischt damit im Stadtrat mit, Erich Weiss, Vorsitzender des Pirmasenser Einzelhandelsverbands und Sprecher der B-10-Initiative, wurde von den Wählen ebenfalls von 25 auf zehn gewählt. Beide sind bekannt wie ein bunter Hund in der Stadt. In der Wählergunst weniger gut weg kamen diesmal Berthold Stegner (CDU), der neun Plätze einbüßte, sowie Daniela Wolle, die von der SPD auf Platz vier gesetzt war, jetzt aber draußen bleiben muss. Einen Überraschungscoup landete der Pirmasenser Arzt Walter Krämer (FDP). Er holte im Vergleich zu den anderen „Zweiern“ im Rat die meisten Stimmen und schaffte mit 3520 Kreuzchen mehr als doppelt so viele wie der zweite FDP-Mann Hartmut Kling.

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