Pirmasens Die Anonymitätverschlingt alles

Erste Beobachtung: Um die Mehrzweckhalle in Höheischweiler treibt sich ein Fremder herum. Die Gäste ums Eck auf der Terrasse des Sportheims haben das sofort bemerkt. Sie mustern ihn. Vorne, auf dem Parkplatz vor der Halle, treffen Ratsmitglieder ein. Ricarda Holub, die Ortsbürgermeisterin, bemerkt den Fremden, geht schnurstracks auf ihn zu und streckt die Hand aus. Sie begrüßt ihn. Es ist der Berliner in Pirmasens. Ein paar Worte werden gewechselt. Drinnen im Saal stellt sich der Erste Ortsbeigeordnete Herbert Scherer dem Berliner vor. Sie plaudern ein paar Minuten, nichts wichtiges. Small Talk heißt das wohl auf neudeutsch. Erste Schlussfolgerung: Nahbarkeit (trotz allem!), Erreichbarkeit, Verfügbarkeit – in den Regionen ist die Distanz zwischen Volk und Volksvertretern deutlich geringer als in den Metropolen oder gar auf der Bundesebene. Zweite Beobachtung: Ich wohne im Ortsteil Prenzlauer Berg in Berlin-Pankow. Die Bezirksverordnetenvorsteherin heißt – Danke Google! - Sabine Röhrbein. Den Namen kennt dort ungefähr niemand. Als Bürger dieses Bezirks habe ich von ihr noch nie was gehört, noch nie was gelesen, noch nie was bekommen. Ich habe sie noch nie gesehen. Auch der direkt gewählte Pankower Bundestagsabgeordnete ist – zumindest gefühlt – im Wahlkreis nicht erfahrbar. Zugegeben, der Bezirk Pankow ist mit knapp 380.000 Einwohnern ein wenig größer als Höheischweiler. Da ist es schwieriger, mit den Bürgern in Kontakt zu treten. Dennoch: Röhrbein ist eine Volksvertreterin, die in der Erfahrungswelt des Volkes nicht vorkommt. Das ist nicht gut. Zweite Schlussfolgerung: Nahbarkeit, Erreichbarkeit, Verfügbarkeit – sie werden von Größe und Anonymität schier verschlungen. Ach, übrigens – weil wir gerade beim Thema sind: In der Anonymität funktioniert soziale Kontrolle nicht so. Im Dorf ist das anders. Dort, so ist mir zugetragen worden, wird sich erzählt, ich würde oft des Abends in der Hengsberger Gaststätte „Waldesruh“ speisen. Es ist zwar schön dort, die großen Bäume laden zum Verweilen ein an einem herrlichen Sommerabend. Aber ich war erst einmal da! Leider …

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