Pirmasens Der Kultur fehlt es an Weitsicht

Noch eine Rarität: Die Festival-Broschüren Euroclassic 2022.
Noch eine Rarität: Die Festival-Broschüren Euroclassic 2022.

Stell Dir vor, es ist Euroclassic und keiner weiß davon. Am 27. August startet das Festival Euroclassic, doch die Werbung dafür fehlt.

Wo ist eigentlich die Broschüre mit dem Pirmasenser Kulturprogramm für die Spielzeit 2022/23 geblieben? Wir können Sie beruhigen – Sie haben sie nicht übersehen. Das ist aber die einzige gute Nachricht zu diesem Thema. Der Rest ist Kopfschütteln und Unverständnis, denn es drängt sich der Eindruck auf, dass der Kultur in Pirmasens und dem Publikum seitens der Stadt nur noch wenig Interesse entgegen gebracht wird und Heike Wittmer als Einsteigerin auf Zeit im Kulturamt nicht das notwendige Personal zur Seite gestellt wird.

Ein Blick zurück: Das Kulturprogramm wurde traditionell im Juni, spätestens im Juli vorgestellt – auf alle Fälle vor den Sommerferien. Direkt danach wurden die Abonnenten angeschrieben und die Programmhefte verteilt. Und das aus gutem Grund. So konnten die Abonnenten frühzeitig ihre Abos zusammenstellen, was auch eine Planungssicherheit für die Stadt bedeutete. Der freie Verkauf der verbliebenen Karten begann dann Anfang September.

Euroclassic geht vor

Doch jetzt: In diesem Jahr wird die neue Saison in der ersten Septemberwoche überhaupt erst einmal vorgestellt. Und weiter teilt das Stadtpresseamt auf Anfrage mit: „Die Stadt wollte zunächst den Vorverkauf für das Festival Euroclassic starten lassen. Auch hier beginnen die Veranstaltungen in Pirmasens ab 6. September 2022.“

Das ist vielleicht gut gemeint, aber ganz sicher schlecht gemacht, denn, und das weiß jeder Konzertveranstalter, zumindest wenn er das privatwirtschaftlich betreibt, beim Kartenvorverkauf gilt der Grundsatz: „Der frühe Vogel frisst den Wurm“, und je länger die Zeit des Vorverkaufs ist, desto besser. Ein Vorverkauf, der sich auf die Sommerferien konzentriert, wird kaum wahrgenommen.

Noch keine Werbung

Und selbst bei Euroclassic hakt es: Wie sollen sich die Interessierten mit dem Programm näher beschäftigen, wenn sie die entsprechende Broschüre bis jetzt noch nicht haben. Vor knapp zwei Wochen sind einige Exemplare im Rathaus zu finden gewesen. Und am Montag stapelten sich im Kulturamt noch die Kartons mit den Programmheften. Sonst nirgends, obwohl das Presseamt am Dienstag mitteilte: „Die Programme liegen bereits an den städtischen Auslagestellen aus und sind ebenfalls bereits an die sonstigen Auslagestellen (Geschäfte, Ärzte usw.) verteilt.“

Programmhefte sind Werbung, ebenso wie die Plakate, die auf die einzelnen Euroclassic-Konzerte hinweisen könnten – wenn sie denn vorhanden wären. Kultur ist in aller Regel kein Selbstläufer. Und um noch einmal eine Redensart zu gebrauchen: „Klappern gehört zum Handwerk“. Wie wichtig Werbung ist, weiß jeder kommerzielle Veranstalter. Der Stadt scheint das egal zu sein. Dabei müsste sie doch gerade angesichts der prekären Haushaltslage um jeden Besucher buhlen.

Festival startet in vier Wochen

Plakate, Broschüren, Flyer – all das kostet Geld. Und sollte die Kommunalaufsicht auch insoweit die Hand auf die Kasse halten, mag das eine Entschuldigung sein. Nicht entschuldbar ist es dann aber, wenn nicht einmal versucht wird, über kostenlose redaktionelle Beiträge in der Presse für das Programm zu werben.

Nächstes Problem: Das erste Euroclassic-Konzert in Pirmasens ist tatsächlich erst am 6. September. Aber ist das Festival nicht eine Gemeinschaftsproduktion mit Zweibrücken, Blieskastel, dem Zweibrücken-Land, Bitsch und dem Bitscher Land? Und da sind die ersten Konzerte bereits am 27. August und 3. September. Es ist also Eile geboten bei der Verteilung der Broschüre.

Die Abonnenten vergessen

Und noch etwas passt nicht: Einige Veranstaltungen des Festivals Euroclassic waren bislang auch Teil des städtischen Kulturprogramms und damit Teil des Wahl-Abos. Wie aber soll das funktionieren, wenn die Euroclassic-Konzerte schon längst im Vorverkauf sind, vielleicht sogar ausverkauft sind, ehe die Abonnenten des Kulturprogramms überhaupt wissen, dass sie diese Veranstaltungen ins Abo aufnehmen können. Und die Abonnenten sind wichtig, tragen sie doch zu einem bedeutenden Teil zur Auslastung der Veranstaltungen bei.

Insoweit ist es schlicht Unsinn, wenn die Stadt mitteilt: „Auswirkungen auf den Start des Vorverkaufs für die Kulturveranstaltungen der Saison 2022/23 hat dies nicht. Der Vorverkauf wird mit Vorstellung des Programms planmäßig Anfang September starten.“ Natürlich hat die späte Bekanntgabe des Programms keine Auswirkungen auf den technischen Start des Vorverkaufs. Dieser Start an sich ist aber viel zu spät und geht am Ziel, möglichst viele Besucher zu gewinnen, vorbei. So scheint statt eines Planes hier eher Planlosigkeit das Handeln zu bestimmen.

x