Pirmasens Den Schachenraben auf der Spur

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Der Stationenlauf „Zu Besuch bei den Schachenraben“ am vergangenen Samstag startete am pompösen Verwaltungsgebäude der rund 140 Jahre alten Stadtwerke und führte zum und durch den Schachen.

Im Gründungsjahr der Stadtwerke 1874 wurden 114 Gasleuchten in Betrieb genommen, erzählte Gästeführer Lothar Leiner. Im Jahre 1878 übernahmen die Stadtwerke die öffentlichen und privaten Brunnen, 1898 kam in der Pirminiusstraße das erste Elektrizitätswerk hinzu und 1905 wurde die elektrische Straßenbahn in Betrieb genommen, die bis 1943 fuhr. 1926 wurde auf der Husterhöhe ein Wasserbehälter mit 3000 Kubikmetern Wasser gebaut und das Stadtbad geplant. 1990 schließlich wurde das heutige Gebäude in Betrieb genommen, eine Demonstrationsanlage für erneuerbare Energien; der Turm ist mit Solarzellen bestückt, erklärte Leiner. Seit 1996 zeigt ein Museum in der Schachenstraße 48 ehemalige Gerätschaften der Stadtwerke. Weiter ging es durch die Schachenstraße, vorbei am ehemaligen Posthof, die Treppen hinunter zum Ehrenhof. Gästeführer Michael Gaubatz berichtete, Stadtbaumeister Erpel habe 1889 begonnen, einen Generalentwicklungsplan von Pirmasens auszuarbeiten. Architekt Camilo Sitte (1843 – 1903) wollte in den Stadtteilen Zentren schaffen, um die Kommunikation zwischen den Bewohnern zu fördern. Nachdem die „Rheinberger Siedlung Gesellschaft“ auf dem Schachen den Baugrund erworben hatte, errichtete 1932 die Firma Gundelwein den ersten Bauabschnitt. Das Zentrum des Ehrenhofes bildete bei seiner Einweihung am 1. August 1932 ein Brunnen mit einer Figur des Götterboten Merkur, dem Gott der Händler und Diebe. Die Figur verschwand im Zweiten Weltkrieg, der Brunnen wurde 1957 abgerissen und 1958 eine Plastik des Künstlers Max Kratz, eine dreiköpfige Mädchengruppe, aufgestellt. Die an den Seiten des Treppenweges am Ehrenhof angebrachten Reliefs zeigen zum einen eine dreiköpfige marschierende Soldatengruppe, die Ehrentafel ehrt die im Ersten Weltkrieg gefallenen Werksangehörigen. Das andere Relief zeigt drei Mitarbeiter aus verschiedenen Bereichen der Schuhfabrikation, die Ehrentafel ehrt Arbeitsveteranen. Am Haus „Am Mühlberg 32“, dem Geburtshaus der Schriftstellerin Erneste Fuhrmann-Stone, trug Gästeführer Rainer Schnur ihr Gedicht „Pirmasenser Wiegenlied“ vor. Gästeführerin Christel Glaser erzählte, in der Gewanne Mühlberg habe es bis 1750 eine Fruchtmühle gegeben und am Hang stand die Gundelweinsche Säge. In der Ludwig-Kieffer-Straße las sie Kieffers Gedicht „Wunsch: Wonn ich Geld het wie net …“ vor. An der Ecke zur Schachenstraße berichtete Gästeführer Schnur über die „Schlacht von Pirmasens“ am 14. September 1793. Französische Truppen unter dem Kommando von Antoine Schauenburg sollten von den alliierten Preußen und Österreichern, 35.000 Mann unter dem Kommando von Wilhelm de Coubier, zurückgedrängt werden, damit sie nicht den Rhein überqueren. Die Franzosen wurden zwar geschlagen, aber eine Anweisung von oben verhinderte einen Angriff auf ihr Lager in Hornbach, so dass ab 25. November Pirmasens von den Franzosen besetzt wurde. Gästeführerin Ursula Neubauer erzählte, im Jahre 1934 sei in der Gaststätte „Posthorn“ der „Verein für Bewegungsspiele“, gegründet worden; Der erste Sportplatz war dort, wo heute das Fernmeldeamt steht. Der „VfB-Post“ weihte 1961 sein Sportheim am Schachenberg ein, das 1981 durch das heutige Sportheim ersetzt wurde. Ab 1967 gab es den „Briefträger-Wettlauf rund um den Schachen“. Die Kläranlage weiter unten im Blümelstal wurde 1959 gebaut und 2012 modernisiert. Weiter ging es zum Postviereck in der Maxstraße. Die als Selbsthilfe 1910 gegründete „Baugenossenschaft für das Bayerische Verkehrspersonal“ errichtete zwischen 1921 und 1931 gesunde und billige Wohnungen; das Gelände hatte die Post zur Verfügung gestellt, erläuterte Gästeführer Leiner. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden weitere Wohnungen gebaut und der Bestand renoviert. An der Ecke Paul- und Schachenstraße verwies Gästeführerin Glaser auf die im Jahre 2002 aufgestellte Skulptur „Schachenrabe“ des Künstler-Ehepaares Karl und Ilona Barth. Einst soll um den Posthof herum eine himmlische Ruhe geherrscht haben, viele Raben seien herumgeflogen. Deshalb habe man die Bewohner des Schachens „Schachenraben“ genannt, erklärte Glaser. Weiter ging es zur Agentur für Arbeit, wo sich früher der Bauhof befand. Das in Form eines schrägen Z errichtete Gebäude war Ende 1996 bezogen worden; die Baukosten konnten von geschätzten 40 auf unter 30 Millionen Mark reduziert werden, sagte Gästeführer Klaus Brenner. Eine Skulptur aus sieben Elementen des Künstlers Ansgar Nierhoff aus Köln, genannt „Skulpturale Durchdringung des Gebäudes“, befindet sich vor, in und hinter dem Gebäude. (arck)

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