Pirmasens „Ach, so könnt’ es immer bleiben“

Witzig sind seine Bilder und Karikaturen allemal, doch das Lachen auf den ersten Blick bleibt dem Betrachter beim näheren Hinschauen doch manchmal auf halbem Weg im Hals stecken: Xaver Mayers Grafiken und Bilder greifen oft gängige Klischees auf, verfremden sie aber so, dass ganz neue Untertöne hinzutreten. Die so entstehende skurrile, oft auch bittersüße Poesie seiner Bilder konnten die Besucher bei der Eröffnung seiner neuen Ausstellung im Mannlichhaus am Sonntagmorgen auf sich wirken lassen.

Ein bitterer Beigeschmack kommt zum Beispiel bei „Spiel schön“ auf, wenn ein kleiner einsamer Junge vor einem übergroßen grauen Haus mit der Graffiti-Aufschrift „Trinkt Magermilch“ und einem traurigen Smiley ganz verloren steht. Die Tristesse wird durch anonyme Mietskasernenfronten im Hintergrund verstärkt. Diese Anonymität thematisiert Mayer auch in einem großen Stadtpanorama, in dessen undifferenzierbarer Häuservielfalt und Enge in Ockerbraun expressionistische Stilelemente und Pop Art aufeinander treffen; verfremdete Perspektiven setzen dabei surreale Akzente und bilden einen markanten Kontrast zu einem weiten Landschaftspanorama in hellen, weiß-graublauen Pastellfarben. Oft kombiniert der gebürtige Pirmasenser seine Bilder auch mit Gedichten von Erich Kästner, Joachim Ringelnatz oder Mascha Kaleko, doch sie haben immer ihren eigenen Aussagegehalt, sind nie reine Illustration. „Die Texte müssen affin sein zur eigenen Welt“, beschreibt Xaver Mayer dieses Gestaltungsprinzip. „Der Text muss einen Reiz auf den Zeichner ausüben, ein Impuls sein für freie Assoziationen.“ Das Tierische im Menschen und das Menschliche im Tier werden oft sichtbar. Ereignisse wie die Fußballweltmeisterschaft nimmt er zum Anlass für eine Karikatur im amerikanischen Pop-Art-Comic-Stil, um die Charaktereigenschaften, die Tieren zugeschrieben zu werden, in der menschlichen Physiognomie auszuloten: Die Kontrahenten auf dem Rasen, mit vorlauter brasilianischer Hundeschnauze und besserwisserischer langer deutscher Affennase, sitzen im gleichen Boot – Pardon, einer aufgeschnittenen Fußballhälfte natürlich. Sie relaxen auf dem Wasser und trinken sich unter einer lächelnden personifizierten Sonne zu, aus den Gläsern ragen Strohhalme mit den Nationalflaggen: „Ach, so könnt’ es immer bleiben“. Diese Völkerverständigung funktioniert wie im Bilderbuch – fast zu schön, um wahr zu sein. So etwas gibt es eigentlich nur im Urlaub, nicht im normalen Leben. Mayers urwüchsigen Humor ziert die Bildertafel „Herr Frei hat Zeit“, die in zwölf Bildtafeln mit Tierszenen à la Lafontaine oder Reineke Fuchs zeigen, was man in den Monaten so machen kann. Ein Affe, der mit dem Rucksack im Frühsommer wandern geht, trifft da einen Hasen und beide schütteln sich die Hände wie gute Freunde, die schon viele schöne Dinge zusammen unternommen haben. Ein anderes Bild zeigt einen hohen grünen Hügel, auf dem es sich Mensch und Hund weit weg von der Welt und ihrem Treiben gemütlich gemacht haben auf einem weißen Kissen, das sich bei näherem Hinsehen als ein breit ausgestreckter Eisbär entpuppt, der vielleicht nach dem Klimawandel hier gestrandet ist. Der Mann raucht und schaut zufrieden vor sich hin, vom Himmel blickt eine lächelnd-schmunzelnde Sonne, die Welt in Form eines Dorfes mit Kirche und Turm ist ganz klein in der rechten unteren Bildecke eingeblendet. Auf vielen Bildern finden sich Weingläser, wie auch auf dem Zweiteiler „Gute Vorsätze“. Links ist in weißer Schrift auf schwarzem Hintergrund das gleichnamige Gedicht von Mascha Kaleko abgedruckt, rechts ein übergroßer Mann mit roter Gelfrisur und einem Glas Wein im Profil. Alle seine guten Vorsätze verflüchtigen sich über dem Weinglas als Buchstabensalat wie Schall und Rauch; die Stadt, Sinnbild der realen Welt, ist unten nur noch ganz klein erkennbar. Satirisch-doppelsinnig ist auch sein Weihnachtsmann, der neben Süßigkeiten und Autos auch Raketen im Gepäck hat. Welchem Ereignis prostet er wohl mit seinem Weinglas zu? Der Humor des Karikaturisten bricht aber wieder in den beiden Sternzeichen-Tafeln durch, die das Verhältnis Mensch und Tier aus dem Blickwinkel der Astrologie beleuchten. Mit augenzwinkernder Ironie kommentiert Mayer die Charaktereigenschaften, die Menschen entsprechend ihrem Tierkreiszeichen zugeschrieben werden. Ausstellung Xaver Mayer: Grafik und Malerei. Zweibrücken, Mannlichhaus, Herzogstraße 8, bis 19. Juli, geöffnet: mittwochs bis sonntags 15 bis 18 Uhr.

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