Pirmasens Zur Sache: Jean Françaix und sein Streichtrio

Der französische Komponist Jean Françaix wurde auch als „der jüngere Ravel“ bezeichnet und war wie der ein Virtuose auf dem Klavier, widmete sich aber hauptsächlich dem Komponieren. Françaix’ Schaffen ist sehr vielseitig und umfasst Orchesterwerke, Vokalmusik, Opern, Ballette, Filmmusiken zu zwölf Filmen sowie Kammermusik. Er komponierte besonders viel für Blasinstrumente wie „Neun charakteristische Stücke für zehn Bläser“. Seine Werke sind originell und witzig und zeichnen sich durch Eleganz, Erfindungsreichtum und rhythmische Raffinesse aus. Sein Ziel war es, „musique pour faire plaisir (Musik, die Freude macht)“ zu komponieren, was ihm auch gelungen ist. Geboren wurde er am 23. Mai 1912 in Le Mans in eine musikalische Familie. Sein Vater war Direktor des Konservatoriums von Le Mans, ein Musikwissenschaftler, Komponist und Pianist, seine Mutter war Gesangslehrerin. „Meine Eltern – und ganz besonders meine Mutter, ein wahrer Diktator am Klavier – führten mich mit sanfter Gewalt in das Reglement dieses ehrenwerten Instruments ein, auf dem ich 1930 am Pariser Konservatorium einen 1. Preis in der Klasse von Isidor Philippe errang. In dieser Zeit versuchte Nadia Boulanger vergeblich, mir Harmonie und Kontrapunkt beizubringen, erreichte aber bei mir ein Gespür für Form – was heute kaum mehr zählt.“ Mit 20 Jahren bereits komponierte er sein wichtigstes Werk, Concertino für Klavier, für das er große Anerkennung als Komponist erhielt. Trotz enger Kontakte zu Francis Poulenc und der „Groupe des Six“ sowie einer Vorliebe für den französischen Impressionismus und den Neoklassizismus eines Strawinskys, fühlte sich Jean Françaix zeitlebens keiner musikalischen Ideologie verpflichtet. Der Grundstein zu seinem tonalen, melodisch-eleganten und rhythmisch prägnanten Stil war früh entwickelt. Im Gegensatz zu den Avantgardisten innerhalb seiner Generation lehnte Françaix es ab, die traditionellen Hörgewohnheiten des Publikums grundsätzlich in Frage zu stellen. Innerhalb seiner Instrumentalmusik zeigt sich ein besonderes Interesse für Blasinstrumente. Die kammermusikalischen Werke „Petit Quatuor pour saxophones“, „Quintette à vents No.1“ und „Tema con variazioni“ für Klarinette und Klavier gingen ins feste Konzertrepertoire ein. Zu Françaix’ wichtigsten Vokalwerken gehören das „Oratorium L`Apocalypse de Saint-Jean“ (Die Apokalypse des heiligen Johannes) und die Kantate „La Déploration de Tonton (chien fidèle)“ (Beweinung des treuen Hundes Tonton) für Mezzosopran und Streichorchester. Seine bekanntesten Werke für Tasteninstrumente sind „Insectarium für Cembalo“, „Acht exotischen Tänze für zwei Klaviere“, „Marche solennelle“ (feierlicher Marsch) für Orgel sowie seine Klaviersonate. Am 25. September 1997 starb Jean Françaix in Paris. Sein einziges Streichtrio, das Françaix 1933 in seiner Studienzeit bei Nadia Boulanger für das „Pasquier Trio“ komponiert hatte wurde von diesem Ensemble mehr als tausend Mal in Konzerten gespielt und gilt bis heute als das klangschönste und effektvollste Streichtrio des 20. Jahrhunderts. Die Rahmensätze – ein Allegretto vivo und ein Rondo – weisen motorisch-tänzerische Züge auf und bestechen durch Eleganz der Faktur. Die Binnensätze sind den subtileren Klangwirkungen vorbehalten: das Scherzo dem Pizzicato, das Andante dem con sordino, der zauberhaften der gedämpften Streichersaiten. Der belgische Komponist und Schauspieler Arthur Hoérée hat einst über Jean Françaix’ Streichtrio folgendes gesagt: „Es ist ein Meisterwerk, dessen scheinbare Einfachheit von vollkommener Beherrschung der Kunst zeugt. Die Themen sind deutlich charakterisiert und spontan; die sehr eigene Harmonik ist äußerst subtil und die Instrumentierung von großer Transparenz… Zugleich witzig und tief empfunden, zeichnet sich das Werk durch eine ganz eigene Poesie aus.“

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