Rheinpfalz Gute Gesellschaft und wertvolle Informationen

„Dinge kommen meist anders als man denkt“, sagt Helga Geißinger. „Wir, vielmehr ich, haben die Diagnose lange nicht wahrhaben wollen.“ Eine große Hilfe und Unterstützung beim Umgang mit der Demenz bietet dem Paar die Selbsthilfegruppe Demenz. „Wir fühlen uns hier gut aufgehoben“, betont sie. Es ist Mittwochnachmittag im Nebenzimmer beim Rodalber Schokoladengießer: Der Stammtisch Demenz trifft sich. Rund 20 Gäste sind zu dem Treffen gekommen – darunter vor allem Ehepaare, Mütter mit Töchtern, aber auch Betroffene ohne ihre Angehörigen. Die Stimmung ist freundschaftlich und entspannt. Die meisten kennen sich und die Schicksale und Geschichten der anderen. Geleitet wird der Stammtisch von Edda Mertz, Bärbel Steinbacher und Karina Frisch. Die Mutter von Mertz erkrankte Mitte der 80er Jahre an Demenz. „Verkalkt“, habe die Diagnose damals gelautet. Mertz wurde schließlich Mitglied der Alzheimer Gesellschaft Rheinland-Pfalz. Sie informierte sich über das Krankheitsbild und gründete 1994 in Pirmasens eine der ersten Selbsthilfegruppen. Der Stammtisch für Betroffene und Angehörige gehört seit 2014 zu ihrem Angebot. Er soll in einer ungezwungenen Atmosphäre den Austausch untereinander anregen; er soll informieren und gleichzeitig unterhalten. „Hier entstehen Freundschaften, die Gemeinsamkeiten und Gespräche schweißen zusammen“, weiß Mertz. Helga Geißinger kann das nur bestätigen: Sie habe nach der Diagnose einige Vorträge und Info-Veranstaltungen der Gruppe besucht. „Die Krankheit und ihre Tragweite waren für mich anfangs dennoch unmöglich zu fassen“, sagt sie. Es sei schwer gewesen, mit den eigenen Gefühlen klar zu kommen. „Wenn man dann sieht, dass es anderen genauso geht, hilft das ungemein“, sagt sie. Ihr Freundeskreis von früher sei zwar zum Großteil noch da, „aber die Demenz ändert schon vieles“, so Geißinger. Mit anderen Paaren des Stammtischs besuchen die beiden inzwischen auch regelmäßig das von der Alzheimer Gesellschaft angebotene Tanzcafé im Altenzentrum Maria Rosenberg: „Da wird getanzt, gesungen und vor allem viel gelacht.“ In dieser Gesellschaft fühle sie sich inzwischen sogar fast schon wohler, meint die 69-Jährige. „Die Stars des Tanzcafés sind heute übrigens auch hier“, fügt Edda Mertz lachend an. Dieter und Ursula Höfler sind gemeint. Beide waren früher aktive Turniertänzer. „Auch wenn mein Mann an Demenz erkrankt ist, auf der Tanzfläche sind wir immer noch die alten“, sagt Höfler. Die Selbsthilfegruppe und der Stammtisch haben den beiden neben guter Gesellschaft auch wertvolle Informationen beschert. „Ganz oft weiß man ja gar nicht, was einem zusteht oder an wen man sich für Unterstützung wenden kann“, sagt Höfler. Hier erhalte sie ganz unbürokratisch Hilfe. Ob Fragen zur Pflegeversicherung oder zur Beantragung eines Behindertenausweises: Vieles erfahren die Betroffenen voneinander oder von der Gruppenleiterin. Zudem hätten sie hier auch wieder Freunde von früher getroffen, erzählt Höfler. „Unsere Männer sind früher zusammen Rad gefahren, waren immer sportlich aktiv“, führt Theresia Schneider aus. Ihr Mann Volker ist ebenfalls an Demenz erkrankt. Aktiv ist das Ehepaar aber weiterhin. „Es ist leichter mit Gleichgesinnten“, meint Schneider. Rita Gensheimer kommt seit einigen Jahren zum Stammtisch. Anfangs sei sie immer allein da gewesen, wollte ihren demenzkranken Mann gar nicht mitnehmen. „Die Gruppe hat mich aber überzeugt und ihm gefiel es hier“, erzählt sie. Ihr Mann sei in diesem Jahr verstorben. „Doch warum soll ich nicht weiterhin herkommen? Wir hatten hier so viele schöne Zeiten“, erinnert sich Gensheimer. Die Menschen in dieser Gruppe seien ihr auch nach dem Tod ihres Mannes eine große Stütze: „Und auch ich kann meine Erfahrung weitergeben.“