Mannheim Tödlicher Polizeieinsatz am Marktplatz: Polizisten müssen vor Gericht

Bürger gedenken am Ort der Festnahme des Mannes.
Bürger gedenken am Ort der Festnahme des Mannes.

Setzten zwei Polizeibeamte unverhältnismäßige Gewalt bei einer Festnahme eines psychisch Kranken am 2. Mai 2022 ein? Diese Frage muss das Mannheimer Landgericht ab dem 12. Januar klären. Bei einem Polizeieinsatz starb ein 47-jähriger Patient des Mannheimer Zentralinstituts für seelische Gesundheit (ZI) in Folge seiner Festnahme. Laut einem Gutachten der Staatsanwaltschaft Mannheim erstickte der Mann aufgrund seiner Fixierung am Boden. Ein Polizeioberkommissar ist wegen Körperverletzung im Amt mit Todesfolge in Tateinheit mit versuchter gefährlicher Körperverletzung angeklagt. Seinem Kollege, ein Polizeihauptmeister, wird fahrlässige Tötung durch Unterlassen vorgeworfen. Das gab das Gericht am Donnerstagmorgen bekannt.

An dieser Stelle finden Sie ein Video via Glomex.

Um Inhalte von Drittdiensten darzustellen und Ihnen die Interaktion mit diesen zu ermöglichen, benötigen wir Ihre Zustimmung.

Mit Betätigung des Buttons "Fremdinhalte aktivieren" geben Sie Ihre Einwilligung, dass Ihnen Inhalte von Drittanbietern (Soziale Netwerke, Videos und andere Einbindungen) angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an die entsprechenden Anbieter übermittelt werden. Dazu ist ggf. die Speicherung von Cookies auf Ihrem Gerät notwendig. Mehr Informationen und eine Widerrufsmöglichkeit finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.

Pfefferspray und Schläge

Die Polizisten hatte vor dem Einsatz ein Arzt des ZI gerufen und um Hilfe gebeten, weil der Mann die Einrichtung plötzlich verlassen und sich in einer psychischen Ausnahmesituation befunden habe. Der 47-Jährige weigerte sich jedoch, mit den Polizisten mitzugehen. Kurz darauf eskalierte die Situation. Auf Videoaufnahmen, die noch am selben Tag im Internet verbreitet wurden, ist zu sehen, wie einer der Polizisten erst Pfefferspray gegen den Mann einsetzt. Ein weiteres Video zeigt dann die Festnahme, bei der die Polizisten den Mann zu Boden ringen, auf den Bauch legen und fixieren. Zu sehen ist auch, wie einer der beiden Polizisten auf dem Rücken des Mannes kniet und ihm dann seitlich mit der Faust ins Gesicht schlägt. In einem dritten Video ist zu sehen, wie Sanitäter den inzwischen bewusstlosen und blutenden Mann auf einer Trage in einen Krankenwagen schieben. Kurze Zeit später starb der 47-Jährige in einem Mannheimer Krankenhaus.

Das Vorgehen der Polizisten sorgte deutschlandweit für Aufsehen und Empörung. An dem Einsatz entzündete sich eine Diskussion über Polizeigewalt – mehrere Demonstrationen in Mannheim folgten. Der Kriminologe Thomas Feltes kritisierte gegenüber der RHEINPFALZ vor allem den ungeschulten Umgang der Polizisten mit einem Menschen in einer psychischen Notlage. Eine zentrale Frage in dem Verfahren wird nun sein, ob die Schläge des Polizisten gegen den Mann dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entsprachen.

Beobachter: Staatsanwaltschaft und Gericht haben gründlich gearbeitet

Die Prozessankündigung des Landgerichts kommt aus Sicht von Beobachtern nach fast 16 Monaten durchaus spät. Erst im Juni hatte der Mannheimer Landtagsabgeordnete und rechtspolitische Sprecher seiner Fraktion, Boris Weirauch (SPD), öffentlich beim baden-württembergischen Justizministerium um einen Sachstand gebeten. Dass ein Termin trotz längerer Vorbereitungszeit nun festgelegt wurde, begrüßt Weirauch gegenüber der RHEINPFALZ ausdrücklich. „Das Landgericht hat die Anklage ohne Änderung zugelassen. Das zeigt, wie gründlich Staatsanwaltschaft und Gericht in diesem heiklen Verfahren gearbeitet haben. Mein Vertrauen in den Rechtsstaat hat sich bestätigt“, so Weirauch.

Ähnliche Worte findet auch der Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GDP) in Mannheim, Thomas Mohr. „Es zeigt, dass sich das Landgericht nicht durch den öffentlichen Druck beeinflussen hat lassen und vorschnell ein Verfahren eröffnet hat“, sagt Mohr. Die beiden Beamten hätten außerdem nun Gewissheit, wie es in der Sache um ihre Person weiter gehe. Zumal einer der beiden weiterhin noch vom Dienst suspendiert sei, so Mohr.

x