Neustadt Weite Blicke unter hohem Himmel

„Wolkenmacht und Tiergeflüster“ heißt die letzte Ausstellung des Jahres in der Galerie Upart – warum, erklärt sich ganz unmittel
»Wolkenmacht und Tiergeflüster« heißt die letzte Ausstellung des Jahres in der Galerie Upart – warum, erklärt sich ganz unmittelbar aus diesen Bildern.

«Neustadt». Zwei hochinteressante Künstlerinnen aus Rheinhessen präsentiert die Neustadter Galerie Upart zum Jahresende in der Villa Knoeckel im Schöntal: Heike Negenborn bietet fast fotorealistische Landschaftsgemälde, die vor allem durch ihre dramatischen Wolkenballungen faszinieren, Anne Kuprat fragile Tier- und Menschenplastiken aus Papier, Draht, Holz oder Bronze, bei denen bei aller Anmut immer auch das Thema Vergänglichkeit mitschwingt. Eröffnet wird morgen.

Die Malerin Heike Negenborn hat Galeristin Ingrid Bürgy-de Ruijter schon länger im Blick – spätestens seitdem die 1964 in Bad Neuenahr-Ahrweiler geborene Künstlerin 2013 in Jockgrim den Albert-Haueisen-Hauptpreis gewann. Doch ausgestellt hat sie sie bislang noch nie – vielleicht, weil Negenborns unglaublich naturalistische Landschaftsgemälde mit ihren tiefen Horizonten, über denen sich mächtige, wolkenverhangene Himmel erstrecken, recht ungewohnt wirken im Upart-Programm. Diese zumeist im heimischen Rheinhessen oder in Südfrankreich direkt vor Ort unter freiem Himmel entstandenen Acryl-Bilder erinnern fast ein wenig an die holländischen Flachlandschaften des Goldenen Zeitalters. Dazu tragen auch die düster-magische Farbigkeit, das subtile Wechselspiel von verschatteten und von der Sonne beschienenen Partien und nicht zuletzt die Glätte des Bildträgers, Holz, bei, die die Anmutung altmeisterlicher Feinmalerei noch verstärkt. Doch bei allen eventuellen Vorbehalten, ob man denn wirklich im 21. Jahrhundert noch so malen dürfe „und überhaupt ...“, die Ergebnisse wirken einfach bombastisch. Es handelt sich zumeist um weite Ausblicke von einem erhöhten Standpunkt aus, dem Wißberg zum Beispiel, der sich nicht weit von Negenborns Heimatort Windesheim über dem rheinhessischen Hügelland erhebt. Die sehr detailliert gemalte Landschaft selbst nimmt dann zumeist nur einen Teil der unteren Bildhälfte ein. Dominiert wird alles von den Wolken, die sich darüber mit so heroischer Pose zusammenballen, wie man das sonst nur von barocken Marinebildern oder extremen High-Dynamic-Range-Fotografien kennt. Diese Art von Landschaftsbildern bildet freilich nur eine von drei Werkgruppen, mit denen sich Heike Negenborn in der Galerie Upart vorstellt. Allerdings schließen auch die beiden anderen motivlich direkt hier an. Da sind zum einen weitere Acrylgemälde auf Holz mit ganz ähnlichen Landschaftsansichten, bei denen aber der Hyperrealismus gebrochen ist durch stehen gebliebene Hilfslinien, die dem Ganzen einen künstlichen, unfertigen Charakter verleihen. Zum anderen gibt es übermalte Druckgrafiken, Siebdrucke, die das gleiche Thema in sehr differenzierten Grau-Tönen variieren. Die „Net-Scape“-Serie mit ihren abstrakten Linienstrukturen, die mal wie die seit der Renaissance bekannten Linien zur Konstruktion der Zentralperspektive aussehen, mal wie Raster oder Gitter, die sich einfach so über die Landschaft legen, konterkariert dabei bewusst die Abbildhaftigkeit der „heilen“ Landschaften und zieht, indem sie die Rolle der Konstruktion in der Kunst hervorhebt, zugleich eine Metaebene ein. Nicht zuletzt dadurch erkennt der Betrachter, dass auch die „normalen“ Bilder Negenborns trotz aller Pleinair-Attitüde „komponiert“ sind. Der Himmel und die Landschaft müssen keineswegs zusammen gehören. Anne Kuprat, schon seit langem Stammkünstlerin bei „Upart“ und hier zuletzt 2013 in größerem Rahmen zu sehen – damals noch am alten Standort in Haardt –, ist vor allem für ihre Tierskulpturen aus Papier über Drahtgeflecht oder Fundhölzern bekannt, die für sie dann oft Ausgangspunkt für Bronzegüsse darstellen, die ihren minimalistischen Ursprung immer klar zu erkennen geben. Wobei manchmal allerdings gar nicht so einfach ersichtlich ist, woraus die so grazilen Arbeiten wirklich bestehen. Bei dem 120 Kilo schweren Bronze-Pferdchen, das die Besucher als Außenskulptur gleich im Garten empfängt, ist das zwar noch relativ klar. Was aber ist mit dem störrisch ausschlagenden Esel im Inneren? Er sieht mit seiner hellen Oberfläche aus wie eine Papierarbeit, besteht tatsächlich aber aus Metall. Eindeutiger einzuordnen ist da schon der lebensgroße Steinbock nebenan, der komplett aus Fundhölzern zusammengebaut ist. Noch relativ neu ist die Werkgruppe der „Vogelmenschen“, die aus teilweise beschnitzten Ästen mittlerer Größe besteht, die die Künstlerin vertikal aufgestellt hat. Vom Motiv her, aber auch aufgrund der Farbe erinnern die Arbeiten an prähistorische Höhlenkunst, wie man sie von der Schwäbischen Alb kennt. „Tiergeflüster“ wiederum, die Skulptur, der die Ausstellung die Hälfte ihres Titels verdankt, ist eine kleinere Arbeit aus mit Papier umwickeltem Draht und zeigt eine nackte, schlanke Gestalt in tiefer Innigkeit mit einem Hund. Diese Arbeit verbindet gleichsam die beiden Werkgruppen, die Anne Kuprat bis heute hauptsächlich pflegt: Tiere und zumeist lebensgroße Papiermenschen. Für letztere finden sich zwei Beispiele gleich im Foyer: ein überlebensgroßer schreitender Nackter mit einer Bauholz-Platte als Sockel und ein Sitzender auf einem farbverspritzten Holzstuhl. Komplettiert wird das Ganze durch einige malerische Arbeiten: Hinterglasmalerei, die Tiere mit spontanem, aber markantem Strich auf die Fläche bringt, der belegt, dass die Wörrstadterin – von Haus aus ja biologische Zeichnerin – ihr Fach beherrscht. Die Ausstellung Die Ausstellung „Wolkenmacht und Tiergeflüster“ mit Werken von Heike Negenborn und Anne Kuprat wird morgen, Sonntag, um 11 Uhr in der Galerie Upart, Quellenstraße 32, im Neustadter Schöntal eröffnet und läuft im Anschluss bis 25. Februar. Öffnungszeiten: mittwochs, donnerstags und sonntags 14-18 Uhr. Von 22. Dezember bis 6. Januar ist die Schau nur nach Vereinbarung unter 0171-6702651 zu sehen.

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