Neustadt Vorbild Kohl, Ziehvater Klohr

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Marco Göring hatte sich Bedenkzeit erbeten. Scheu vor dem Amt will er nicht gelten lassen. Aber Respekt und auch etwas Demut seien schon angebracht, um mit 30 Jahren als Vorsitzender der Neustadter CDU zu kandidieren. Beim heutigen Kreisparteitag in Diedesfeld soll der gebürtige Haardter die Nachfolge von Ingo Röthlingshöfer antreten.

„Wenn ich etwas mache, dann mache ich es richtig. Deshalb war das keine spontane Idee, sondern gut überlegt“, so der ehemalige Schüler des Käthe-Kollwitz-Gymnasiums, der in Mainz erst Betriebswirtschaft und dann bis zum Bachelor Geschichte und Politik studierte. Für den Master-Abschluss „Integrative Sozialwissenschaften“ ging es nach Kaiserslautern. Derzeit studiert Göring berufsbegleitend Wirtschaftsrecht. Im Hauptberuf ist er beim Haustür-Hersteller Biffar in Edenkoben zuständig für Sonderprojekte und Kommunikation. Und er betreibt seit Mitte 2015 mit vier Freunden das Neustadter Kult-Café Aquarius. Der Ausflug in die Gastronomie-Szene ist weniger Broterwerb, sondern vom Herzblut getrieben. „Wir wollten den Ort unserer Frei- und Fehlstunden als Schüler einfach erhalten“, meint er lachend. Das „Aqua“ sei für ihn ein unpolitischer Ort, wo regelmäßig auch hochpolitische Diskussionen geführt würden. Mehr aus Zufall hat sich ergeben, dass er mittlerweile auch über dem „Aqua“ wohnt, was den praktischen Nebeneffekt hat, dass sich der Wohnungsnachbar Göring nicht an dem Kommen und Gehen der Besucher an den drei Öffnungstagen von Donnerstag bis Samstag stört. In die CDU trat Göring 2008 mit 22 Jahren ein, aus Bewunderung für Helmut Kohl. „Ich habe viel gelesen über die Wiedervereinigung und sein Eintreten für Europa. Die Art und Weise, wie ihm das gelungen ist, beeindruckt mich“, meint Göring, der nach eigener Aussage vom Elternhaus geprägt, aber nie gedrängt wurde. Göring sieht sich politisch in der Mitte der CDU, die für ihn wirtschaftsfreundlich sein soll, die Familie schützen müsse und dem Bürger Sicherheit zu vermitteln habe. Vier Jahre führte Göring die Junge Union in Neustadt, seit 2014 sitzt er im Stadtrat, umgeben von Parteifreunden, die seine Väter und Großväter sein könnten. Die Gründe dafür liegen in seinen Augen in der zunehmenden Mobilität der jungen Menschen: „Die wollen nach dem Abitur mal raus, den Reiz einer Großstadt kennenlernen.“ Göring wollte auf Dauer nie auf die „Neustadter Lebensqualität“ verzichten und drängt seit seinem Einzug in den Kreisvorstand vor zwei Jahren auf eine Verjüngung. Unterstützt wurde er dabei von einem 65-Jährigen, seinem politischen Ziehvater Dieter Klohr. Der langjährige Beigeordnete sagt über Göring: „Der kann denken, sich gut dazu äußern und hat zu allem eine Meinung.“ Zum Zustand der Partei äußert sich Göring offen: „Wir haben ein Kommunikationsproblem. Deshalb ist die Bürgerbefragung zur B 39 nicht so ausgegangen, wie wir uns das gewünscht haben, und daran haben wir noch zu knabbern.“ Die Kommunalpolitik sei zaghaft geworden, traue sich zu wenig zu. Das will Göring ändern. „Ich bin mir sicher, dass wir Akzeptanz finden, wenn wir Probleme offen ansprechen, im Gespräch mit dem Bürger und im Gespräch mit den Medien.“ Er freue sich sehr auf die Zusammenarbeit mit seinem künftigen Stellvertreter Dirk Herber (37), von dem er wisse, dass er das ähnlich sehe. Soll die Politik eines Tages wie bei dem Landtagsabgeordneten Herber zum Beruf werden? Marco Göring kann sich das vorstellen, weiß aber, „dass politische Karrieren nicht planbar sind“. Ohne Fleiß kein Preis: Das hat Göring als Hockeyspieler der TSG Neustadt gelernt. Und so soll die Maxime bei der Oberbürgermeisterwahl lauten: „Wir müssen vor allem unsere Anhänger in den Weindörfern mobilisieren und von den Qualitäten des guten Kandidaten Ingo Röthlingshöfer überzeugen“, fordert er die Mitglieder auf, Flagge zu zeigen. Vor dem anstrengenden Wahlkampf soll es in den Urlaub gehen. Diesmal steht nicht das erklärte Lieblingsziel Kalifornien auf dem Plan, sondern Asien. Von den Details will er sich überraschen lassen: „Ich fahre an den Frankfurter Flughafen und schaue, was es am Last-Minute-Schalter gibt. Vietnam oder Kambodscha würden mich reizen.“

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