Neustadt Von wegen Holzweg

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Neustadt. Lebensraum für Flora und Fauna, Erholungsort, Wirtschaftsfaktor – der Wald hat viele Funktionen. Besonders gut lässt sich das in Neustadt studieren, das mit einer Fläche von rund 4800 Hektar den größten kommunalen Wald in Rheinland-Pfalz sein Eigen nennt. Kein Wunder also, dass die Ausstellung, die sich von morgen an in den fünf Räumen im Obergeschoss der Villa Böhm am Beispiel des Neustadter Stadtwalds mit Holznutzung und Wald in Geschichte und Gegenwart befasst, auf einen besonders reichen Fundus zurückgreifen kann.

Dieser stand freilich nicht einfach irgendwo zur Abholung bereit, sondern musste erst mühsam aus ganz unterschiedlichen Quellen zusammengetragen werden. Große Verdienste haben sich hier neben den Mitarbeitern des Stadtarchivs vor allem Jens Bramenkamp, Revierförster im Gebiet Hohe Loog, und Werner Meisel, Küfermeister aus Hambach, erworben, die selbst viele Objekte oder Dokumente beisteuern konnten und zusätzlich noch zahlreiche andere Leihgeber mit ins Boot holten. Herausgekommen ist so eine erstaunlich vielfältige Ausstellung, die tatsächlich das Zeug hat, großen und kleinen Museumsbesuchern den Wald und den Werkstoff Holz näherzubringen. Die Präsentation gliedert sich dabei in drei Teile: Der von Bramenkamp unter anderem aus Material der Forstverwaltung, des Stadtarchivs und Leihgebern wie der Elmsteiner Samenklenge zusammengestellte Teil liefert vor allem historische Fakten zum Neustadter Stadtwald, beschäftigt sich aber auch mit den Themen Nachhaltigkeit und Naturschutz. Zahlreiche traditionelle Werkzeuge und Geräte dokumentieren die harte Waldarbeit, wie sie zum Teil noch bis in die 70er Jahre üblich war, etwa beim Holztransport mit Schlitten in Tal. Doch auch Motorsägen aus den 1960er Jahren, die die ehemals völlig manuelle Waldarbeit revolutionierten, und Modelle moderner Maschinen zur Holzernte werden präsentiert. Eine naturnahe Inszenierung zeigt Waldarbeiter bei der Arbeit. Eine weitere Figur erinnert an die „Kulturfrauen“, zumeist Saisonarbeiterinnen, die früher beim Wiederaufforsten eingesetzt wurden. Auch Infos zur heutigen Struktur des Neustadter Waldes, der zu 60 Prozent aus Kiefern besteht und inzwischen auf einer Fläche von rund 10 Prozent gänzlich sich selbst überlassen bleibt, werden vermittelt. Wissenswertes zu den Tieren des Waldes, ein Querschnitt durch eine Spechthöhle, Fühlkästen und ein Baumscheibenpuzzle sollen die Schau auch für die jungen Museumsbesucher interessant machen. Der zweite Teil der Ausstellung, für den Werner Meisel verantwortlich zeichnet, beschäftigt sich mit der Weiterverarbeitung des Holzes im traditionellen Holzhandwerk. Berufe wie Böttcher, Schreiner, Wagner und Küfer werden durch historische Werkzeuge und Geräte wie Hobel, Bohrer oder Dübeleisen, aber auch anhand von Modellen und Tafeln anschaulich gemacht. Auch das Holz selbst wird in vielfältiger Weise präsentiert: in seiner Naturform, gespalten, zugeschnitten und zu wahren Meisterwerken in Form von Bänken, Stühlen, Fässern und Logeln verarbeitet. Auch die historische Holznutzung etwa in der Köhlerei oder bei den früher üblichen Holzwasserleitungen, den Deicheln, ist in der Schau präsent. Ergänzt wird die Ausstellung durch originelle Holzskulpturen von Erich Bettag aus Dudenhofen. Der 79-Jährige sammelt seit vielen Jahren bei seinen Streifzügen durch die heimischen Wälder bizarr geformte Äste, Wurzeln und Baumscheiben, bevorzugt mit natürlichen Anomalien wie Maserknollen und Baumkrebs, die er dann, oft mit nur minimalen Eingriffen, zu Holzskulpturen weiterverarbeitet, die Titel wie „Ohr des Waldes“, zu „Pälzer Urschrei ausem Gwetschebaam“, „Waldsaxophon“ oder „Berliner Bär“ tragen. Die Ausstellung Die Ausstellung „Neustadter Stadtwald – Holznutzung und Wald im Wandel der Zeit“ wird morgen, Mittwoch, um 16 Uhr in der Villa Böhm eröffnet. Gleich zu Beginn hält Revierförster Jens Bramenkamp in der Reihe der Mittwochstreffs des Museumsfördervereins einen Vortrag zum Thema „Neustadter Forstwirtschaft und Holznutzung im Wandel“. Der Eintritt ist frei. Die Ausstellung selbst läuft bis 31. Januar. Öffnungszeiten: mittwochs und freitags 16-18 Uhr, samstags und sonntags 11-13 Uhr und 15-18 Uhr. Für Kindergärten und Schulen gibt es Sonderöffnungszeiten. (hpö)

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