Neustadt „Typisch Flüchtling“

Dass es in Flüchtlingsfragen derzeit mehr offene Fragen als verlässliche Antworten gibt, hat ein Treffen haupt- und ehrenamtlicher Helfer im Kreishaus in Bad Dürkheim gezeigt. Auf Einladung des Migrationsbeirats konnten die Betreuer ihre Probleme und Fragen loswerden. Etwa 45 nahmen das Angebot an und äußerten auch Kritik am Kreis.

Die Kritik richteten sie gegen den anwesenden Kreisbeigeordneten Frank Rüttger, der Verzögerung bei versprochenen Leistungen für Deutschkurse einräumte. Flüchtlinge, die keinen Integrationskurs besuchen dürfen, sondern in einen ehrenamtlich angebotenen Deutschkurs gehen, haben beispielsweise kein Anrecht auf Fahrtkostenerstattung. Geld für Unterrichtsmaterial gibt es auch keins. Der Kreis hat jetzt zugesagt, über eine Stiftung zu helfen. „Ich sage Ihnen ganz offen: Wir haben es uns einfacher vorgestellt, als es war und ist“, gesteht Rüttger. Bislang gibt es laut Rüttger die Regelung, dass von der Stiftung des Kreises 10.000 Euro zur Verfügung gestellt werden, um die privaten Kurse zu unterstützen. Um die Auszahlungen nicht in einen bürokratischen Alptraum zu verwandeln, sei beschlossen worden, für jeden privaten Kurs zehn Euro pro Teilnehmer zur Verfügung zu stellen. Plus Fahrtkosten, was aber noch nicht genau geregelt sei. Bisher hätten überhaupt nur vier Anbieter Geld angefordert. Manche Organisationen, das wird deutlich, warten aber noch auf ihr Geld. Rüttger empfiehlt, sich noch einmal an die Kreisverwaltung zu wenden. Ein Helfer nennt junge Flüchtlinge in Weidenthal als Beispiel: Die seien de facto dort im Ort „kaserniert“, Bahn- und Bustickets seien oft unerschwinglich. Ein ähnliches Beispiel führt eine Frau für Ellerstadt an: Wenn dort eine Familie einkaufen wolle, bliebe ihr nur eine teure Fahrt nach Ludwigshafen, weil es im Ort keinen Markt gebe. Viele Fragen zur Mobilität von Asylsuchenden bleiben wohl ganz ohne Lösung: Dass sie beispielsweise Sonderkonditionen in öffentlichen Verkehrsmitteln bekommen können, ist unwahrscheinlich. Laut Rüttger hat es bereits Gespräche mit Bus- und Bahnbetreibern gegeben. Dort gebe es keine Bereitschaft. Doch es soll nicht nur der Abend der Probleme sein. Beiratsvorsitzender Ernst Bedau will ihn auch nutzen, um auf Hilfsmöglichkeiten für die Helfer hinzuweisen. So wird Carolin Urich vorgestellt, die als Migrationsberaterin tätig ist und dabei auch Flüchtlinge auf ihr Asylverfahren vorbereitet. Sie ist ab Februar unter anderem mit Jürgen Vogt, dem Koordinator der ehrenamtlichen Flüchtlingshilfe, in der Philipp-Fauth-Straße 10 in Bad Dürkheim anzutreffen. Unpünktlichkeit und Unordentlichkeit von Asylsuchenden sehen andere Helfer als Problem. „Nicht aufgeben“, rät Dorothee Bergner in Bezug auf die mangelnde Mülltrennungskompetenz. Bergner ist als psychosoziale Betreuerin und Beraterin für den Landkreis tätig. Sie kann auch helfen, wenn Helfer mit Suchterkrankungen oder Traumata konfrontiert würden. Hier stießen Ehrenamtler an ihre Grenzen, so Bergner. Nach Nachfragen aus deren Reihen muss sie aber zugeben, dass die Chance auf einen Therapieplatz für einen Flüchtling nicht sehr gut ist. Hinzu kommen Sprachbarrieren. Es sind auch bürokratische Fragen, die manchen Helfer zur Verzweiflung treiben: Wie Flüchtlinge, die vom Lambrechter Tal aus eine teure Fahrt nach Bad Dürkheim machen müssen, weil gewisse Dinge eben persönlich erledigt werden müssen. Das erregt Ärger. „Das sind gesetzliche Vorgaben, da sind uns die Hände gebunden“, sagt Rüttger. Ob es nicht einen Leitfaden über Deutschland in verschiedenen Sprachen gebe, will ein Mann wissen. Gibt es, sagt Bedau. Man müsse ihn nur bestellen. Jemand weiß indes, dass der Band schon vergriffen ist. „Typisch Flüchtling“, sagt eine Frau – und meint, dass nichts zum Thema Asyl einfach zu haben ist. So endet auch der Infoabend nach zweieinhalb Stunden mit vielen offenen Fragen. Die Antworten sollen schriftlich nachgereicht werden. (jpl) Einwurf

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