Neustadt Tradition trifft auf Moderne

Wir haben wieder entsetzlich viel vor, aber wir machen das gern“, sagt Reinhild Müller-Hasse, die Vorsitzende der Neustadter Stiftskantorei. Den ersten Auftritt dieses wohl bedeutendsten Oratorienchors der Region gibt es schon am kommenden Sonntag mit dem Weihnachtskonzert in der Stiftskirche (wir berichteten). Vor allem die a capella gesungene Weihnachtsgeschichte von Hugo Distler sei „eine Herausforderung“, so Müller-Hasse. Auf die Sängerinnen und Sänger warten in diesem Jahr aber noch weitere musikalische Herausforderungen. So will die Stiftskantorei mit der erst 2011 entstandenen „Messe“ des finnischen Komponisten Einojuhani Rautavaara wieder einmal ein ganz modernes Werk aufführen. „Dafür gehen wir eigens vier Tage in Chor-Klausur, denn die Komposition ist sehr anspruchsvoll und vor allem intonatorisch sehr schwierig“, sagt die Vorsitzende. Aufgeführt wird das Werk zusammen mit Stücken von Bach, Brahms und Reger am 22. November in der Stiftskirche. Traditioneller Jahreshöhepunkt bei der Stiftskantorei ist das Karfreitagskonzert, das 2015 auf den 3. April fällt und „ein typisches Karfreitags-Stück“ bietet, die „Matthäuspassion“ von Johann Sebastian Bach in der Fassung von Felix Mendelssohn. „Mendelssohn Bartholdy hat zwar nur vorsichtig daran herumgebastelt, aber seine Bearbeitung ist um einiges kürzer als die dreistündige Originalversion von Bach“, beruhigt Müller-Hasse alle, die nicht gern stundenlang auf Kirchenbänken sitzen. Auch die Hofserenade im Dekanatshof in der Landschreibereistraße gehört zu den regelmäßig wiederkehrenden Programmpunkten der Stiftskantorei. Am 27. Juni werden dabei unter anderem die „Zigeunerlieder“ von Johannes Brahms gesungen. „Da freue ich mich darauf“, sagt Müller-Hasse, die seit 22 Jahren Vorsitzende ist und auch in diesem Jahr wieder kandidieren wird. „Ich wollte immer mal aufhören, aber es findet sich niemand, der das Amt übernehmen möchte.“ Es ist Bezirkskantor Simon Reichert, der bei allen Konzerten der Stiftskantorei den Dirigentenstab in der Hand hat. Aber auch sonst wird sich der Kirchenmusiker und Organist in diesem Jahr sicher nicht langweilen. Wie bereits berichtet, hat er sich vorgenommen, 2015 das komplette Orgelwerk von Johann Sebastian Bach auf verschiedenen Orgeln im Kirchenbezirk zu spielen. „Ich will damit auch Werbung machen für die Stiftskirche, um zu zeigen, was möglich wäre, wenn diese hoffentlich im kommenden Jahr eine neue Orgel bekommt“, nennt Reichert einen Beweggrund. Nicht weniger als 18 Konzerte mit Bach’scher Orgelmusik will Reichert in den kommenden zwölf Monaten in der Region geben. Da das musikalische Angebot in Neustadt und Umgebung ohnehin schon sehr groß sei, wären 18 zusätzliche Konzerte aus seiner Sicht allerdings zu viel, „darum habe ich versucht, einen Teil der Konzerte in bestehende Reihen zu integrieren“, sagt Reichert. So werden einige der Konzerte etwa in der Reihe der „Haßlocher Turm-Initiative“, des „Freundeskreises Kirchenmusik Kirrweiler“ oder bei den 3. Orgel- und Kirchenmusiktagen Altdorf-Duttweiler-Kirrweiler laufen. Starten wird Reichert seinen Bach-Zyklus am 21. Februar an der Stumm-Orgel in der protestantischen Kirche in Haardt, wo nur einen Tag später auch gleich das zweite Konzert ansteht. Weitere Konzerte sind in Haardt am 7. und 8. März geplant. Weitere Stationen sind danach die Haßlocher Christuskirche, die protestantische Kirche in Assenheim, die katholische Kirche in Kirrweiler, die Kirrweilerer Marienkapelle. die ehemalige Schlosskirche in Altdorf und die ehemalige Klosterkirche in Lambrecht. Das letztgenannte Konzert am 14. Juni ist gleichzeitig der Auftakt der Sommerlichen Abendmusiken in Lambrecht. Die machen Reichert etwas Sorge, denn er habe eigentlich keine Zeit, um sich um die Programmgestaltung zu kümmern, bekennt er. Deshalb stehe auch das diesjährige Programm noch nicht fest. Auch die dritte Auflage des Orgel- und Kirchenmusikfestivals Altdorf-Duttweiler-Kirrweiler Mitte Mai sei noch nicht in allen Details festgezurrt. Der Philharmonische Chor Liedertafel Neustadt wolle in diesem Jahr etwas durchschnaufen und beschränke sich deshalb auf zwei Konzerte, berichtet Pressereferent Arno Metzger. Dies sind ein konzertanter Opern- und Operettenabend am 20. Juni im Saalbau und das traditionelle Weihnachtskonzert am vierten Adventssonntag, bei dem das „Magnificat“ des zeitgenössischen englischen Komponisten John Rutter aufgeführt werden soll. Im vergangenen Jahr waren die Chormitglieder vor allem durch mehrere Konzerte mit den Partnerchören aus Mâcon und Lincoln stark gefordert. Und auch 2016 und 2017 erwartet die Liedertafel wieder ein umfangreiches Programm, so Metzger, denn dann stünden das Jubiläums der Städtepartnerschaft mit Mâcon und das 150-jährige Bestehen der „Liedertafel“ selbst an. Auch inhaltlich gibt es in diesem Jahr eine Akzentverschiebung gegenüber 2014: Nach viel „musikalischer Dramatik“ im vergangenen Jahr setzt der Chor in diesem mehr aufs „heitere Fach“. Dafür stehen die beiden Werke, die am 20. Juni im Zentrum stehen, die komische Oper „Der Waffenschmied“ von Albert Lortzing, „eine sogenannte Spieloper, mit lustspiel-artiger Handlung und leichter, gefälliger Musik“, wie Metzger erläutert, und der Operetten-Klassiker „Die Fledermaus“ von Johann Strauß. Den Konzertabend gestalten Chor, Solisten, Orchester, die Ballettschule Schreieck und die Schauspielerin und Moderatorin Hedda Brockmeyer. Carola Bischoff kann 2015 mit der „Pfälzischen Kurrende“ ein Jubiläum feiern. Vor 30 Jahren hat sie den Frauenchor gegründet. Ein Jubiläumskonzert ist deshalb für 19. September in der Hambacher Pauluskirche geplant. „Wir laden auch ehemalige Sängerinnen der Kurrende zum Mitwirken ein“, berichtet Bischoff, die das „Geburtstagsprogramm“ aber noch nicht festgelegt hat. Zuvor gibt es für den vielfach preisgekrönten Chor am 29. Mai ohnehin erst noch einen Auftritt in der Stiftskirche. Es handelt sich dabei um ein Benefizkonzert für die Tagesbegegnungsstätte Lichtblick. Ein weiteres Konzert gibt es hier am 19. Dezember. Außerdem möchte die „Pfälzische Kurrende“ ihre dritte CD fertigstellen, an der nach Angaben von Bischoff bereits seit einiger Zeit gearbeitet wird. Da in dem Chor vor allem junge Frauen singen, gebe es häufige Wechsel. „Ich schaue aber immer wieder, dass ich neue Aktive finde“, sagt Bischoff. Die ebenfalls von ihr geleitete Hambacher Pauluskantorei gibt ihr Jahreskonzert am 15. November in der Pauluskirche, Aufgeführt wird die „Misa a Buenos Aires“ des argentinischen Komponisten Martin Palmeri, die auch als „Misa Tango“ bekannt ist. „Sie bietet eine sehr interessante Instrumentalbesetzung unter anderem mit Bandoneon und Streichern“, sagt Bischoff, die 2015 auch wieder ein Kindermusical mit der von ihr geleiteten Ökumenischen Kinderkantorei in Angriff nehmen will. Ebenfalls in der Pauluskirche wird es am 4. Juli außerdem ein Sommerkonzert aller drei Chorgruppen geben. Und auch im Käthe-Kollwitz-Gymnasium wird die Lehrerin aktiv sein. Schon im Frühjahr will sie hier ein Musical des ehemaligen Mannheimer Musiklehrers Gerhard Meyer präsentieren, das so neu sei, dass es noch nicht einmal einen Titel habe. Der Heinrich-Schütz-Chor der katholischen Kirchengemeinde St. Pius auf der Hambacher Höhe werde sich in diesem Jahr zweimal mit Konzerten in seiner Hauskirche präsentieren, kündigt Chorleiter Lemi Reskovac an. An Ostern werde er dabei in der Piuskirche gemeinsam mit Orchester und Solisten eine Zusammenstellung von Messteilen aus verschiedenen Jahrhunderten von Barock über Klassik bis Moderne präsentieren. An Weihnachten werden wieder neu arrangierte Werke gemeinsam mit der Gemeinde gesungen. Während des gesamten Jahres gestalte der Chor darüber hinaus immer wieder die Gottesdienste in den Kirchen St. Pius und St. Jakobus in Hambach mit, so Reskovac. Dabei reiche die Bandbreite des Repertoires von Gregorianik über Klassik und Romantik bis zu Pop und neugeistlichen Liedern. Gut aufgestellt sieht Stephan Rahn, Leiter der katholischen Chorgemeinschaft Forst/Wachenheim, sein Ensemble mit derzeit 35 Aktiven dank der Zusammenlegung der Chöre aus beiden Orten . „Wie jeder Chor freuen wir uns aber über neue Sänger“, sagt der Kirchenmusiker. Die Zusammenarbeit der beiden kirchlichen Gemeinden sei gut und durch die musikalische Gestaltung von Gottesdiensten in beiden Orten wolle die Chorgemeinschaft diese Zusammenarbeit noch weiter stärken. 17 musikalische Termine stehen in diesem Jahr nach seinen Angaben auf dem Programm. Höhepunkt ist dabei das Adventskonzert am 29. November in Forst, bei dem unter anderem das „Gloria“ von Antonio Vivaldi und das Weihnachtsoratorium von Camille Saint-Saëns auf dem Spielplan stehen. „Solche großen Projekte mit einem Orchester sind nur dank der guten Unterstützung durch den Förderverein Kirchenmusik möglich“, sagt Rahn. Als weitere herausragende Termine nennt er ein Chorkonzert mit Orgelmusik am 8. März in Forst sowie ein Konzert mit Trompete und Orgel am 13. September in Wachenheim. Die Chorgemeinschaft der Kirchenchöre St. Ulrich (Deidesheim) und St. Cäcilia (Ruppertsberg) startet am 17. Januar ein neues Projekt, wie die Leiterin, die Kantorin und Organistin Marie-Luise Birkhofer, berichtet. „Wir wollen uns etwas öffnen und nicht mehr ausschließlich auf kirchliche Musik begrenzen.“ So startet der Chor ein „Offenes Singen“, mit dem vermittelt werden solle, „dass Singen Spaß macht und die Gemeinsamkeit fördert“, sagt Birkhofer. Eingeladen sei jeder von fünf bis 99 Jahren. Auch die Geselligkeit solle nicht zu kurz kommen. Beim ersten Termin am 17. Januar werden von 10 bis 13 Uhr im Pfarrzentrum St. Bernhard vor allem Evergreens und Schlager aus dem Liederbuch „Stimmbund“ gesungen. „Frühling“ ist dann das Thema beim zweiten Treffen am 7. März. Auch Konzerte wird es 2015 natürlich geben: Für 7. November plant die Chorgemeinschaft eine Hubertusmesse in der Stadtpfarrkirche St. Ulrich in Deidesheim. Dabei wird das „Bläserensemble Letzenberger“ spielen und der Chor passende Lieder singen. Am ersten Weihnachtsfeiertag will die Chorgemeinschaft in St. Ulrich um 10.30 Uhr die „Pastoralmesse“ des englischen Komponisten Colin Mawby singen. Außerdem solle die 2014 von Birkhofer gegründete Frauenschola und eventuell auch die Chorgemeinschaft beim Deidesheimer Musikherbst mitwirken. Mit der Kinderkantorei werde sie zudem wieder ein Musical aufführen, so die Chorleiterin. Zu drei Benefizkonzerten, deren Erlös für die Sanierung des Turms der Christuskirche und des Chors der alten Ulrichskapelle verwendet wird, lädt die Haßlocher Turm-Initiative alljährlich ein, berichtet der Vorsitzende Friedrich Kuntz. Das erste gestaltet die Sängervereinigung Haßloch am 25. April, das zweite ein weiterer Haßlocher Chor, der „Singkreis Lebenstöne“ der katholischen Pfarrgemeinden am 26. Juni. Das dritte Konzert am 30. Oktober ist dann Teil des erwähnten Bach-Projekts von Bezirkskantor Simon Reichert, der auf der Hartung-Winterhalter-Orgel in der Christuskirche den „III. Teil der Klavierübung“ von Johann Sebastian Bach spielen wird. Der Innenausbau des Turms werde im Frühjahr beendet sein und solle dann der Öffentlichkeit vorgestellt werden, kündigt Kuntz an. Man wolle nun Gutachten für die Sanierung von Boden und Wänden der alten Ulrichskapelle in Auftrag geben. Allerdings fehle dazu noch die Zustimmung des Presbyteriums. Für den Freundeskreis Kirchenmusik Kirrweiler seien in diesem Jahr die Konzerttermine weitgehend vorgegeben, sagt die Vorsitzende Maria Lisiecki. So beteilige man sich an der Neuauflage der Orgel- und Kirchenmusiktage Altdorf-Duttweiler-Kirrweiler mit einem Orgelkonzert von Bezirkskantor Simon Reichert, der am 17. Mai auf der Mahler-Seuffert-Orgel in der katholischen Kirche Kreuzerhöhung in Kirrweiler spielen wird. Auch dieses Konzert ist Teil der von Reichert geplanten Gesamtaufführung des Orgelwerks von Johann Sebastian Bach und zugleich die erste Station des Orgelspaziergangs von Kirrweiler nach Duttweiler und Altdorf. Weitere Teile seines Bach-Zyklus wird Reichert am 16. Juli, 19. Juli, am 1. November und am 27. Dezember in der Kirrweilerer Kirche spielen. Der Freundeskreis selbst veranstaltet außerdem am Pfingstsonntag ein Chorkonzert mit dem Stuttgarter „Ensemble 98“ des gebürtigen Pfälzers Alexander Burda sowie einem Chor aus Lyon. Burda wird in den Tagen zuvor aus Anlass des Endes des Zweiten Weltkriegs vor 70 Jahren mit beiden Chören einen musikalischen Workshop zum Thema Frieden durchführen. Das Konzert in Kirrweiler ist dessen Abschluss. Wie schon im vergangenen Jahr wird der Freundeskreis außerdem eines seiner Konzerte in der barocken Marienkapelle durchführen. „Wir wollen das jetzt jedes Jahr so halten“, sagt Lisiecki. Dabei wird der Organist Bernhard Arbogast aus Landau am 3. Mai wie schon 2014 an der gerade erst wieder spielbar gemachten Seuffert-Orgel marianische Orgelmusik aus verschiedenen Epochen spielen. „Mehr Konzerte machen wir nicht“, sagt Lisiecki. Denn das Angebot in der Region sei ohnehin sehr groß. (ann)

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