Neustadt Touristenprogramm statt Fünftausender

Eine ganz besondere Höhenluft wollten sie schnuppern: 15 Wanderfreunde aus Neustadt und seiner Region, die sich Anfang August nach Ostanatolien aufmachten, um den 5165 Meter hohen Ararat zu besteigen. Stattdessen gerieten sie mitten in den neu entflammten Konflikt im türkischen Kurdengebiet. Kurz vor dem Tag X wurde der Ararat gesperrt – die Vorderpfälzer mussten sich mit Sightseeing trösten.

Hans-Jörg Strang ist Wanderleiter der Sektion Neustadt des Deutschen Alpenvereins. Seine Spezialität: exotische Ziele. Der 55-Jährige hat bereits Touren zum Hohen Atlas in Marokko oder in die Hohe Tatra im slowakisch-polnischen Grenzgebiet organisiert. „Immer zusammen mit Agenturen am Zielort“, wie er im RHEINPFALZ-Gespräch erzählt. 2015 sollte es das Taurus-Gebirge sein. „Die Idee war, die Höhenmeter langsam zu steigern“, sprich: Vor dem Ararat sollten bei der 14-tägigen Reise zunächst niedrigere Gipfel erklommen werden, der Nemrat mit 2935 und der Süphan mit 4058 Metern. Gut ein Jahr hat Strang die Tour vorbereitet und die Werbetrommel für die Mischung aus Kultur und Bergsport gerührt. 15 Köpfe zählte die Gruppe am Ende, der jüngste Teilnehmer war zwölf, der älteste 74 Jahre alt. In Ostanatolien stießen dann weitere Crewmitglieder dazu: ein deutscher Landsmann von der Reiseagentur, zwei kurdische Bergführer, ein einheimischer Koch. „Die anstrengendste Zeit waren die vier Wochen vor dem Abflug“, weiß Strang im Rückblick. Denn immer wieder hat er sich beim Auswärtigen Amt über die Gefahrenlage informiert, darüber, ob es eine Reisewarnung gibt. Doch wie die Agentur sah auch die Behörde keinen Grund, von der Tour abzuraten. Das Übungsprogramm für den Ararat absolvierten die Vorderpfälzer noch planmäßig. „Ein Spaziergang“ sei der Nemrat, der Süphan hingegen schon „ein bisschen anspruchsvoller“ gewesen, beschreibt es Strang. Und trotz großer Alpenerfahrung: Einen so hoch gelegenen Gipfel wie den des Ararat hatte noch keiner von ihnen bestiegen. Die Höhenkrankheit können bereits ab 2500 Metern einsetzen, so Strang, „alle 1000 Höhenmeter verliert man zehn Prozent der Ausdauer“. Bergtechnisch indes wäre es keine große Herausforderung gewesen: „Nur eine Schneedecke, keine Gletscher und ähnliches.“ Dass es nicht klappen sollte, davon erfuhr die Gruppe bereits im Basislager am Fuß des Süphan nach dessen Besteigung. Unter den Bergsteigergruppen habe sich herumgesprochen, dass das Militär den Ararat gesperrt habe, so Strang. Abends, bei der Rückkehr vom Lager ins Hotel, sei das dann zur Gewissheit geworden. Und nicht nur die Basis- und Höhenlager am Ararat, sondern auch jene am Süphan seien dann geräumt worden. Immerhin diesen Gipfel haben die Neustadter gerade noch so geschafft. Als Ersatz gab es ein touristisches Programm. Und die hautnahe Erfahrung einer hohen Militär- und Polizeipräsenz. „Militär und Polizei waren sehr nervös“, so Strangs Einschätzung angesichts gepanzerter Wasserwerfer und mit Maschinengewehren bestückten Geländefahrzeugen. Bis dahin hatte er den Kurdenkonflikt zwar verfolgt, „aber das war immer weit weg“. Jetzt gilt das nicht mehr. Und 2016? Der Ararat bleibt in Strangs Hinterkopf. Doch sollen es erst mal wieder die Alpen sein. (ahb)

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