US-Tagebuch Rassismus in den USA: Wunden, die nicht verheilen

Führten Gespräche, die nachwirken: Lina Miszori (links) mit Professor Solomon Isekeije und ihrer Gastschwester Naomi.
Führten Gespräche, die nachwirken: Lina Miszori (links) mit Professor Solomon Isekeije und ihrer Gastschwester Naomi.

Im „Black History Month“ dreht sich in den USA alles um die Geschichte der Schwarzen und anhaltenden Rassismus

Im Februar ist in den USA „Black History Month“ (deutsch etwa: Monat der Schwarzen Geschichte) – ein sehr bewegendes Thema für viele Amerikaner. Mehr als jede zehnte Person ist dunkelhäutig in den USA. Es kann inspirierend sein, wenn sich verschiedene Kulturen und Hautfarben begegnen. Jedoch hat Amerika ein Rassismusproblem.

Viele kennen den Begriff „Black Lives Matter“ (deutsch: Schwarze Leben zählen). Vor allem in der Corona-Zeit sind Millionen von Menschen für Gleichberechtigung, Empowerment und gegen Polizeigewalt auf die Straße gegangen. Seitdem wurde (wieder) viel in den Medien über Rassismus gesprochen, und es hat sich einiges verändert. Jedoch kann selbst ich eine systematische Diskriminierung der POC (people of color) wahrnehmen. Zum Beispiel sind Schulen mit vielen dunkelhäutigen Menschen meistens viel schlechter ausgestattet, und es gibt dort größere Drogenprobleme. Durchschnittlich verdienen ihre Eltern weniger, und ohne gute Bildung ist das wie ein Teufelskreis.

Separiert nach Hautfarbe

Das größte Problem ist, dass wir das so hinnehmen. Viele Menschen meinen, Gehalt, Intelligenz und Persönlichkeit an der Hautfarbe ablesen zu können. Das macht mich traurig, aber warum ist das so? Wenn man auf die Vergangenheit blickt, sind viele Menschen als Sklaven in die Staaten gekommen. Aus heutiger Perspektive ist das sehr unethisch. Auch damals, im 19. Jahrhundert, waren viele Menschen nicht einverstanden, und es kam zum Bürgerkrieg, an dessen Ende die Sklaverei abgeschafft wurde.

Leider wurde gesellschaftlich jedoch weiter strikt nach Hautfarbe separiert. Später in der Geschichte gab es zwar Reformen und Menschenrechtler wie Martin Luther King, die die Abschaffung der Rassentrennung durchgesetzt haben. Jedoch ist die USA unter der glänzenden Oberfläche immer noch ein sehr gespaltenes Land. Es ist eine herausfordernde Aufgabe für unsere Generation, damit anzufangen, diese Wunden zu heilen.

Kunst als Werkzeug

Viele Menschen haben mir während meiner Recherche Wege aufgezeigt, um zueinander zu finden. Auf einem Kulturfest habe ich anregende Gespräche mit mehreren Künstlern über das amerikanische Schönheitsideal geführt. Auf Kunstausstellungen, die von verschiedensten Menschen besucht werden, zeigen sie, dass „schön“ eben nicht nur „weiß und schlank“ bedeutet. Viele Besucher fühlen sich durch diese Kunst erst richtig gesehen.

Auch die Sichtweise von Politikern kann bei dem Thema spannend sein. Der Ortsvorsteher des reichsten Distrikts meiner Stadt zeigt, dass es möglich ist, uns alle als eine Einheit zu betrachten. Als farbiger Mensch vertritt er als Ortsvorsteher fast ausschließlich weiße Menschen. Die wohl prägendste Begegnung hatte ich mit Professor Solomon Isekeije. Als Kunstprofessor mit nigerianischen Wurzeln beschäftigt er sich mit der Frage, wie man Menschen dazu bringt, einander zuzuhören. Kunst ist sein Werkzeug. Eine seiner Fragen: „Wenn du das, was du machst, nicht mit einer Intention ausführst, warum machst du es dann?“

Veränderung wagen

Seine Worte bringen mich zum Nachdenken. Man spürt, wie begeistert er ist. Und sein Konzept funktioniert. Gelder in Millionenhöhe werden ihm und seinen Studenten zur Verfügung gestellt. Bezahlt wird für die Aufgabe, wichtige Themen in Kunst zu verpacken. Das Ergebnis wiederum inspiriert Menschen, Veränderung zu wagen. All das macht mir Hoffnung! Und gleichzeitig ist es unsere Aufgabe, egal ob in den USA oder in Deutschland, gegen Diskriminierung aufzustehen und Rassismus nicht zu tolerieren, weil jedes Leben gleich viel wert ist.

Die Autorin

Lina Miszori (17) ist eigentlich Schülerin des Leibniz-Gymnasiums, lebt als Stipendiatin des Parlamentarische Patenschaftsprogramm des Deutschen Bundestags für ein Jahr in den USA. Einmal im Monat berichtet die Juniorbotschafterin aus Diedesfeld über ihre Erlebnisse.

Die weiteren Serienteile:

Schülerin aus Diedesfeld wird US-Juniorbotschafterin

Wie eine Achterbahnfahrt

Einblicke in jüdisches Leben

Alltag an der High School: Wie im Film

Thanksgiving: Fest der Dankbarkeit und Wertschätzung

Zwischen Konsum und Spaltung: Fragen zur US-Gesellschaft

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