Neustadt Pez, der Schluckspecht

Vor 25 Jahren ist die letzte „Ente“ vom Band gerollt. Welche Erinnerungen verbinden RHEINPFALZ-Leserinnen und -Leser mit dem Kultauto oder aber mit ihrem ersten Wagen überhaupt?, haben wir deshalb gefragt. Zu den Lesern zählen auch Redakteure, wie Gerd-Uwe Haas, zuständig für Haßloch.

Es war der Beginn einer wunderbaren Freundschaft an jenem Tag im Frühjahr 1978. Gleich bei unserer ersten Begegnung auf dem Parkplatz eines Neustadter Gebrauchtwagenhändlers wussten wir, dass wir füreinander bestimmt waren, der Pez und ich. Das heißt, Pez hieß er erst etwas später, als ich sein amtliches Kennzeichen stolz in Händen hielt. Wunschkennzeichen gab es damals ja noch nicht: Bei der Zulassungsstelle hatte der Antragsteller das Kennzeichen zu nehmen, das halt als nächstes dran war. In meinem Fall: NW-PZ 66. Folgerichtig hieß mein erstes Auto Pez. Der Pez war ein weißer 1300er Käfer, Baujahr 1968, kostete 2000 Mark und hatte mit dem ersten Motor schon über 100.000 Kilometern auf dem Buckel. Was für einen VW-Käfer natürlich nicht viel mehr als „gut eingefahren“ bedeutete. Hintendrauf pappte ich hoffnungsfroh einen Aufkleber mit der Aufschrift „Wir bleiben zusammen, bis der TÜV uns scheidet“. Das sollte sich auch bewahrheiten, aber bis dahin beförderte mich der treue Pez noch viele, viele Kilometer. Zuverlässig sprang er immer an, bei tropischer Hitze wie bei arktischen Minusgraden. Übrigens nur ein einziges Mal nicht – als ich ihn beim TÜV vorfahren musste. Verhängnisvollerweise hatte ich ihm zuvor – vermutlich zum ersten Mal in seinem Autoleben – eine Motorwäsche gegönnt, um beim Prüfer Eindruck zu schinden. Das hat mir der Pez wohl verübelt – ist halt auch nur ein Mensch. An die hochgezogenen Augenbrauen des TÜV-Mannes kann ich mich noch recht gut erinnern, als ich den Käfer in die Halle schob. Die Plakette habe ich aber trotzdem bekommen. Auch als ich einmal auf der Autobahn stehengeblieben bin, war nicht der Pez schuld, sondern natürlich sein zweibeiniger Freund. Es passierte an einem frühen Montagmorgen im Winter auf der A 61 in Richtung Koblenz. Den Kassettenrekorder als Autoradio-Ersatz im Handschuhfach, war ich nach dem freien Wochenende auf der Rückfahrt in die Bundeswehrkaserne in Kastellaun, wo ich um 6 Uhr antreten musste. Eben noch schnurrte der Käfer wie geschmiert über die Autobahn, plötzlich aber geriet sein Motor ins Stottern. Sekundenschnell war das Auto von 100 auf 0, und mit einem letzten Schnaufer blieb der Pez auf dem Randsteifen stehen. Irgendwo im Niemandsland im rauen, kalten und einsamen Nirgendwo des Hunsrück. Die Ursachenforschung war schnell abgeschlossen: Kein Benzin mehr. Dazu muss man wissen: Die Tankanzeige beim Käfer war eine äußerst unpräzise Angelegenheit, um es vorsichtig zu formulieren. Hinzu kam, dass ich wohl unterschätzt hatte, was für ein Schluckspecht der Pez war. In so einer Lage ist der mitgeführte Reservekanister selbstverständlich leer. Dennoch eignet sich das Behältnis dazu, Vorbeifahrenden damit aufgeregt zu winken und so auf die eigene Notlage aufmerksam zu machen. Das Problem dabei: Nachts waren dort fast nur Lkw unterwegs, die erstens alle vorbeidonnerten und zweitens sowieso nicht hätten helfen können, weil sie mit Diesel fahren. Retter in der Not war nach einer gefühlten Ewigkeit ein anderer Wehrpflichtiger, der – ebenfalls auf dem Weg nach Kastellaun – anhielt. Der hatte zwar auch nur einen leeren Kanister an Bord – aber auch einen langen Gummischlauch. Und damit saugte er einfach Benzin aus seinem Tank ab und füllte es in meinen Reservekanister – so viel, dass der Sprit bis zur nächsten Autobahntankstelle reichte. Am nächsten Abend habe ich dem Pannenhelfer dafür ein extragroßes Bier ausgegeben. Und den Pez habe ich ab diesem Zeitpunkt immer schön vollgetankt. Leseraktion Verbinden auch Sie, liebe RHEINPFALZ-Leserinnen und -Leser, eine Geschichte mit einem Käfer oder einer Ente? Oder erinnern Sie sich noch gut an Ihr erstes Auto überhaupt? Hatten Sie ein kurioses Erlebnis mit jenem Gefährt? Dazu würden wir gern etwas erfahren. Schicken Sie uns einen kleinen Text und am besten auch ein Foto, das Sie mit Ihrem ersten Auto zeigt. Per Post an RHEINPFALZ, Kellereistraße 12-16, 67433 Neustadt oder per E-Mail: redneu@rheinpfalz.de.

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