Neustadt Knobeln statt schlafen

Rechenaufgaben zur Geisterstunde? Für die Fünftklässler des Hannah-Arendt-Gymnasiums (HAG) war das einen Tag vor den Osterferien bereits zum zweiten Mal eine besondere Herausforderung. Zur „Mathenacht“ hatten sich alle 96 Schüler der Klassenstufe angemeldet.

Die Veranstaltung findet im Rahmen des Projekts „Mathe.Forscher“, an dem das HAG seit 2012 teilnimmt. Das ist ein gemeinsames Programm der Stiftung Rechnen und der Deutschen Kinder- und Jugendstiftung und wird durch die PwC- Stiftung sowie die Klaus-Tschira-Stiftung gefördert. Schülern soll damit vermittelt werden, wie spannend Mathematik sein kann und welchen Platz sie im alltäglichen Leben einnimmt. Die „Mathenacht“ sei für die Schüler ein Höhepunkt dieser Aktion, sagt der lokale Projektleiter Heinrich Beilmann: „Kein Wunder, dass die heutigen 7. Klassen sauer sind, dass es die Mathe-Nacht zu ihrer Zeit noch nicht gab.“ Aber alle Klassenstufen würden in dieses Projekt einbezogen, sei es in Form von Arbeitsgemeinschaften, im Unterricht oder bei Klassenfahrten. Viele helfende Hände sind nötig. Von 19 Uhr bis 8 Uhr sind 20 Lehrkräfte und über 50 Schüler im Einsatz, um den kleinen Matheforschern eine unvergessliche Nacht zu bereiten. Nachdem die Elftklässler die Nacht eröffnet und die Kinder ihre Schlafstätten hergerichtet haben, kann es endlich losgehen. Die Fünftklässler haben im Vorfeld Vierergruppen gebildet und treten nun gegeneinander an. Es gilt, in drei Kategorien möglichst viele Punkte zu sammeln. Für den Matheteil haben sich die Schüler des Leistungskurses Mathematik der 11. Klassen Knobel- und Rechenaufgaben ausgedacht. Beilmann: „Da sind zum Teil ganz schön harte Nüsse zu knacken. Zum Beispiel: Wenn übermorgen vor gestern ein Sonntag ist, welcher Tag ist dann das Vorgestern von morgen?“. Insgesamt gibt es 20 Blätter mit jeweils vier Aufgaben. Im „Mathesaal“ herrscht munteres Treiben. Da wird gerechnet, geknobelt und diskutiert. Auch Vanessa Bürkle, Johanna Lena Naumer, Hannah Klehr und Mia Lauer aus der 5b brüten über den Aufgaben und sind voller Eifer bei der Sache. „Dabei geht es gar nicht in erster Linie um das Gewinnen, sondern um das Dabeisein. Aber schön wäre eine gute Platzierung schon“, meint Vanessa. Angst, irgendwann zu müde zu sein, haben die Mädchen nicht. „Es gibt so viel zu tun, da merkt man gar nicht, wie die Zeit vergeht“, erzählt Hannah. Die Gruppen bringen ihre Lösungen zu den Elftklässlern ins „Wettkampfbüro“. „Hier werten wir die Lösungen aus und die Schüler erhalten die nächsten Zettel“, so Alexandra Rult. Die Ergebnisse und Zwischenstände werden an die Wand projiziert und können so jederzeit verfolgt werden. Nach einer halben Stunde wird gewechselt. Dann steht der Teil „Spiel“ auf dem Programm, der von Jan Mayer und Caroline Jabs betreut wird. Beilmann bringt gerade eine Tüte voller Erbsen und Zahnstocher. Aus diesen Utensilien sollen die Matheforscher einen Würfel bauen. Knifflige Aufgaben – und einige tun sich sichtlich schwer. Im dritten Teil, der von den Paten aus den 9. Klassen betreut wird, ist nach all der Kopfarbeit Sport an der Reihe, wobei auch dieser mit einfachen Matheaufgaben verknüpft ist. Momentan wird in der Sporthalle aber noch eifrig der Tanz für die Mitternachtsdisko geübt – für die Meisten der Höhepunkt dieser Nacht. Um zwischendurch ein bisschen Ruhe einkehren zu lassen, liest Beilmann zu fortgeschrittener Stunde aus „Der Zahlenteufel“ von Hans Magnus Enzensberger vor. „Darin werden mathematische Gegebenheiten kindgerecht erklärt“, so Beilmann. Auch hungern muss niemand, denn die Eltern haben ein Buffet aufgebaut. Dort ist auch Schulleiter Eduard Seger zu finden. „Eben klopft mit ein Fünftklässler auf die Schulter und sagt, ,He, guck mal!’ Lockerer geht es wirklich nicht“, meint Seger begeistert. Geschlafen hat in dieser Nacht kaum jemand. „Ein paar haben sich zwar hingelegt, aber dann doch getuschelt. Und einige sind über ihren Matheaufgaben eingeschlafen“, berichtet Beilmann. Am Morgen heißt es dann aufräumen, und nach dem Frühstück steht die Siegerehrung an. Erster wurden die „Mathe-Jet-Piloten“ mit Lucas Ipson, Jonas Ermuth, Dominik Grißmer und Can Wawrczeck. Auch wenn bisher noch nicht klar ist, ob die Förderung der „Mathe.Forscher“ verlängert wird, so stehe fest, dass die „Mathenacht“ am Gymnasium zu einer festen Einrichtung werden soll, erklärt Beilmann.

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