Neustadt Großmaul mit Föhnwelle

In der fiktiven Realität des Stücks „Kallstadter Saukerl“ heißt Donald Trump Anton und lebt nicht als US-Präsident im Weißen Hau
In der fiktiven Realität des Stücks »Kallstadter Saukerl« heißt Donald Trump Anton und lebt nicht als US-Präsident im Weißen Haus, sondern als Betreiber einer Friseur-Salon-Kette in Kallstadt. Autor Alexis Bug (vorne) und seine Kollegin Ilona Schulz lesen alle Rollen.

«Hassloch». Wie wäre es gekommen, wenn die deutschen Behörden 1905 Friedrich Trump, dem Großvater des heutigen US-Präsidenten nicht die Rückkehr in die Pfalz verwehrt hätten? Dann wäre sein Enkel Donald nur ein Pfälzer Großmaul – das zumindest legt der aus Schifferstadt stammende Autor und Regisseur Alexis Bug in seinem Stück „Kallstadter Saukerl“ nahe, das am Samstag in einer Woche im Haßlocher „Kulturviereck“ Station macht.

„Kallstadter Saukerl“ ist ein Gedankenspiel, das in einer alternativen Realität spielt: Dem 1869 in Kallstadt geborenen und als 16-Jähriger in die USA ausgewanderte Friedrich Trump wurde die Wiederansiedlung im heimischen Kallstadt doch noch gestattet, und so begegnetet man etwas mehr als 100 Jahre später genau hier und eben nicht in New York seinem Enkel Anton „Toni“ Trump mit dessen Familie, bestehend aus Ehefrau Ilona, Tochter Jeanette und deren Ehemann Jens, Enkelsohn Friedrich sowie dem Hausmädchen Melania und dem Angestellten Jakob. Anton Trump verkörpert all das, was sein genetisch identischer amerikanischer Konterpart zu bieten hat: Er ist herrisch, berechnend, sexistisch, rassistisch und vor allem eins: reich. Denn ihm gehören 24 Friseursalon-Filialen. Er lehrt seinen Enkel, fehlendes Können beim Fußballspielen durch gutes Foulen zu kompensieren und Widersacher und Konkurrenten gnadenlos auszuschalten. Nach eigenen Worten versteht er sich gut mit allen Menschen, nur dürfe ihm halt keiner in die Quere kommen. Fast selbstverständlich, dass Toni Trump bei einer solchen Persönlichkeit auch politische Ambitionen hegt: Er will Bürgermeister von Kallstadt werden. Die Idee zu dem satirischen Mundartstück kam Alexis Bug nach eigenen Angaben in der 9000 Kilometer entfernten südkoreanischen Hauptstadt Seoul, als er 2016 das Fernsehduell zwischen Donald Trump und Hillary Clinton sah. „Moment, solche Typen kenne ich“, habe er damals sofort gedacht, berichtet der 45-jährige Schauspieler, Autor und Regisseur, der in Schifferstadt aufgewachsen ist, inzwischen aber schon lange in Berlin lebt. „Von seinem Temperament und seiner Mentalität ist das ein Typ, den ich aus der Pfalz kenne.“ Von diesem Gedanken erst einmal infiziert, spann er den Faden konsequent weiter: Wie würde sich Trump heute in der Pfalz schlagen? Die Antwort: er wäre ein hundsgewöhnliches Pfälzer Großmaul, ein „Kallstadter Saukerl“ eben – „nur so kann man den Typen wirklich verstehen“, zeigt sich Bug überzeugt, kommt allerdings auch zu der sicher nicht für jeden ganz leicht zu schluckenden Erkenntnis: „In der Provinz könnte Trump glaubwürdig sein.“ In dem Lesestück, das im Juni 2018 in Schifferstadt Premiere feierte, haucht Bug selbst allen männlichen Rollen Leben ein, die Freinsheimer Schauspielkollegin Ilona Schulz den weiblichen. Beide tauchen dabei kräftig in den heimischen Dialekt ein. Das Pfälzische habe komödiantisch ein riesiges Potenzial, mehr als andere Mundarten, findet Bug, der damit nach langen Jahren in der „Diaspora“ auch irgendwie zu seinen Wurzeln zurückkehrt: Er studierte von 1993 bis 1997 an der Schauspielschule in Bochum und arbeitete danach als Regisseur an Landes- und Staatstheatern in Tübingen, Berlin, Braunschweig und Seoul, wo er auch regelmäßig bei Theaterfestivals mitwirkt. Seine bekannteste Filmrolle hatte er in Leander Haußmanns „Robert Zimmermann wundert sich über die Liebe“. Als Autor wurde er 2004 mit dem Martha-Saalfeld-Förderpreis des Landes ausgezeichnet. Für Musik wird in Haßloch erstmals der Schifferstadter Musiker und Hörspielmacher Karl Atteln sorgen – eine Premiere, so Bug, denn bisher hatte der Gitarrist Wolfgang Sandel diesen Part inne, der dazu auch noch mit charakteristischer Trump-Perücke auftrat. Ob die in Haßloch wieder zum Einsatz kommen wird, weiß Bug noch nicht. Sicher sei allerdings, dass Atteln zusätzlich zum bisher Gewohnten eine Live-Hörspiel-Performance am Mikro beisteuern wird. Historisch gesehen ist die Handlung des „Saukerl“-Stücks übrigens gar nicht so weit vom Möglichen entfernt: Trumps Opa war tatsächlich gelernter Friseur und hatte wirklich eine Zeit lang einen Salon in New York, bevor er dann als Restaurantbetreiber zu Wohlstand kam. Und auch seine Rückkehr nach Kallstadt hätte beinahe geklappt. Während die örtlichen Behörden die Wiederansiedlung des reich gewordenen Auswanderers befürworteten, lehnte die Obrigkeit in Speyer das Ansinnen ab – weil sie den Verdacht hegte, er habe sich nur vor dem Wehrdienst drücken wollen. Termin Das Stück „Kallstadter Saukerl – Isch bin de Beschd“ ist am Samstag, 6. April, um 20 Uhr als szenische Lesung mit Musik im „Kulturviereck“, Gillergasse 14, in Haßloch zu erleben. Karten (21,60 Euro) unter anderem in der RHEINPFALZ-Geschäftsstellen, unter RTS-Hotline 0631/37016618 oder www.reservix.de.

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